Auf den Tod von Abu Bakr al-Baghdadi reagiert die internationale Presse gemischt. Eine Auswahl der Medienberichte aus der ganzen Welt.
Abu Bakr al-Baghdadi, der Anführer des sogenannten Islamischen Staats (IS), wurde am Samstagabend von US-Truppen in Nordsyrien getötet. Am Sonntag trat US-Präsident
Die internationalen Medien reagieren gemischt auf die Neuigkeit. Hier lesen Sie Pressestimmen aus Deutschland und der ganzen Welt.
"Idee vom Kalifat bleibt erhalten"
Die "Süddeutsche Zeitung" zeigt sich wenig zuversichtlich:
"Baghdadi mag an der Spitze des IS gestanden haben. Doch was dessen Anhänger faszinierte, war nie ihr Führer, sondern die Idee eines neuerlichen Kalifats selbst, das in der Gegenwart Gestalt annimmt und nicht in einer fernen Zukunft. Diese Idee, der die trägen und obrigkeitshörigen muslimischen Autoritäten so wenig entgegenzusetzen hatten, bleibt erhalten, in der Online- wie in der Offline-Welt. Sie überdauerte den Zusammenbruch des ersten Pseudostaates der Dschihadisten im Frühjahr 2019, sie wird auch den Tod ihres Führers Baghdadi überleben."
Deutlich freudiger fällt die Berichterstattung der spanischen Zeitung "El Mundo" aus:
"Die Ortung und das Ende von al-Baghdadi sind eine großartige Nachricht, weil er einen schrecklichen Einfluss auf IS-Getreue in der ganzen Welt ausübte. Darüber hinaus ist anzumerken, dass Washington bei der Operation auf die Unterstützung fast aller Mächte setzen konnte, die heute in Syrien operieren."
Aber auch hier kommt die Kritik am US-Präsident nicht zu kurz:
"Ärgerlich ist, dass (US-Präsident Donald) Trump nicht versucht, die multilaterale Zusammenarbeit zu stärken, wie es logisch wäre, um den Dschihadismus in Syrien zu bekämpfen, sondern im Gegenteil so unverantwortliche Entscheidungen trifft wie seine Absicht, das Land Hals über Kopf zu verlassen. So gewinnen die schlafenden Zellen des IS wieder an Boden, so wie im Irak. Das Kalifat ist schwer verwundet, aber es ist noch nicht ganz besiegt."
Aufruf zur Wachsamkeit
Die Londoner "Times" sieht in der Region das Potenzial für "eine Neuauflage von Baghdadis Terrororganisation, einem IS 3.0":
"Die USA müssen sich weiterhin engagieren. Die Tötung von Baghdadi sollte nicht als Chance betrachtet werden, sich aus einer problematischen Region zu verabschieden. Vielmehr sollte sie zu neuen Überlegungen führen, wie sich der Westen positionieren kann, um einen demokratischen Wandel im Nahen Osten zu fördern und gleichzeitig wachsam gegenüber dem Wiederaufleben des internationalen Terrorismus zu bleiben."
Auch die britische "Daily Mail" sieht in dem Tod al-Baghdadis kein Ende des IS:
"Der Islamische Staat ist in mindestens 18 Ländern aktiv und behauptet für mehr als 1.800 Anschläge in der ersten Hälfte dieses Jahres alleine verantwortlich zu sein. Al-Baghdadi ist weg und der Traum des Kalifats ist vorüber - aber sein Tod war kein endgültiger Todesstoß für den IS."
"Die Hydra muss weiter bekämpft werden"
Die französische Regionalzeitung "Midi Libre" zeigt sich kämpferisch:
"Wir können nur zufrieden sein mit der Eliminierung des Anführers al-Baghdadi und dem großen Schlag der Vereinigten Staaten gegen den globalisierten Terrorismus. Wir können (aber) nur vorsichtig bleiben, wenn wir (US-Präsident) Donald Trump hören, dass er, der große Cowboy der Welt, sich eines "Bösewichts" entledigt hat (…). (Der Islamische Staat) hat bereits sein Gift in das Herz der westlichen Gesellschaften eingespritzt. (...) Die Hydra muss weiter bekämpft werden, Kopf für Kopf."
Die liberale schwedische Boulevardzeitung "Expressen" äußert sich zum Tod des IS-Anführers folgendermaßen:
"Wenn wir eines über islamistischen Extremismus gelernt haben, dann das, dass es nicht reicht, einen Anführer zu töten oder zu fassen - Terrororganisationen stehen bald mit neuen Gesichtern und häufig auch mit neuen Namen wieder auf."
Das Medium sieht auch in westlichen Ländern Handlungsbedarf im Hinblick auf den internationalen Terror:
"Auch ein Land wie Schweden, in dem sich die Zahl der gewaltbereiten Dschihadisten laut Sicherheitspolizei in weniger als zehn Jahren verzehnfacht hat - kann jetzt nicht ausatmen. Wenn die Bedrohung unterdrückt werden soll, muss die Rekrutierung neuer Dschihadisten gestoppt werden. Es muss maximal schwierig sein, Dschihadist in Schweden zu sein. Al-Baghdadi mag tot sein, aber seine Anhänger sind weiter eine Gefahr für unsere Gesellschaft."
"Wilder Westen" in Syrien?
Zustände wie im "Wilden Westen" sieht die Russland-freundliche Zeitung "Duma" in Bulgarien:
"Washington benimmt sich in Syrien wie ein Räuber. (…) Falls aber Washington möchte, dass man es in der Welt als einen kompromisslosen Anhänger des internationalen Rechts und der Rechtsmäßigkeit wahrnimmt, dann sollte es einfach die Ölfelder des vom Krieg erschöpften Syrien verlassen. Sie sind lebenswichtig für Syrien, und nicht für die USA, die ohnehin bereits Energieträger exportieren. Weil sich sonst Folgendes herausstellt: Erstens – der "Verfechter" für freien Handel entpuppt sich als ein erfahrener Schmuggler und Räuber. Zweitens – Washington versetzt die zwischenstaatlichen Beziehungen und auch die Geopolitik zurück zu den Banditenzeiten des Wilden Westens vor zwei-drei Jahrzehnten."
Auch aus Moskau selbst werden deutliche Zweifel an den USA laut. So schreibt etwa die Zeitung "Kommersant":
"US-Präsident Donald Trump hat mitgeteilt, der Chef der Terrormiliz Islamischer Staat (IS), Abu Bakr al-Baghdadi, sei in der syrischen Provinz Idlib gefunden und getötet worden – mit Beteiligung Russlands, der Türkei, Syriens, des Irak und der Kurden. Doch das russische Verteidigungsministerium hat Zweifel an der Glaubwürdigkeit dieser Informationen. Und es stellt klar, dass der Tod des Chefs der Terroristen – sollte es dazu wirklich gekommen sein – überhaupt keinen Einfluss auf die Lage in Syrien hat." (dar/dpa)
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