Hashim Thaci, ehemaliger Präsident des Kosovo, muss sich in Den Haag wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verantworten. In seiner Heimat sorgt das bei tausenden Menschen für Unmut.
Vor dem Sondertribunal in Den Haag beginnt am Montag der Prozess gegen den kosovarischen Ex-Präsidenten Hashim Thaci und drei weitere frühere Kommandeure der Kosovo-Befreiungsarmee (KLA). Thaci und den drei Mitangeklagten werden Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen, darunter fast hundert Morde sowie Verschleppung, Verfolgung und Folter.
Die Angeklagten bestreiten die Vorwürfe. Im Kosovo genießt die KLA, die von 1997 bis 1999 gegen die serbischen Sicherheitskräfte gekämpft hatte, bis heute enorme Popularität. Mit ihrem bewaffneten Kampf trug sie entscheidend dazu bei, dass sich das heute fast ausschließlich von Albanern bewohnte Kosovo aus serbischer Vorherrschaft befreien konnte.
Kosovaren demonstrieren gegen Prozess
Mehrere tausend Menschen demonstrierten am Sonntag in der kosovarischen Hauptstadt Pristina gegen das Kosovo-Sondergericht. Die Demonstranten hielten Banner mit Aufschriften hoch wie "Wir marschieren für Gerechtigkeit" oder "Die KLA ist unser Stolz".
Aufgerufen zu dem Protest hatten fast alle maßgeblichen politischen Parteien, darunter die regierende Vetevendosje (Selbstbestimmung) von Ministerpräsident Albin Kurti und die oppositionelle Demokratische Partei (PDK). Ihr hatte Thaci vorgestanden, bis er sich 2020 dem Haager Tribunal stellte. Allein die oppositionelle LDK fehlte unter den Unterstützern. Ihr Gründer Ibrahim Rugova (1944-2006) hatte als Pazifist stets nur gewaltfreie Methoden des Widerstands gebilligt.
13.000 Menschen während des Kosovo-Krieges getötet
Das 2015 eingerichtete Kosovo-Sondergericht ist Teil des kosovarischen Justizsystems, logiert aber mit seinen internationalen Richtern und Anklägern in Den Haag. Es soll die Verbrechen aufarbeiten, die Kosovo-Albaner während des Befreiungskrieges von 1998 bis 1999 gegen Serbien begingen. Damals kämpften UCK-Rebellen und serbische Kräfte unter Führung des damaligen Präsidenten Slobodan Milosevic um die Kontrolle des Landes.
Mehr als 13.000 Menschen wurden im Laufe des Kriegs getötet. 2008 erklärte das Kosovo seine Unabhängigkeit von Serbien. Die Regierung in Belgrad betrachtet es jedoch nach wie vor als serbische Provinz.
Für die - im Umfang ungleich massiveren - Verbrechen der serbischen Seite ist das Internationale Jugoslawien-Tribunal in Den Haag beziehungsweise dessen Nachfolge-Mechanismus zuständig. (dpa/afp/thp)
© AFP
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