Der Vorgang wäre ungeheuerlich: Spezialkräfte von Polizei und Bundeswehr sollen ein rechtes Netzwerk gebildet haben - mit Kontakten zu Extremisten. Der Verein Uniter weist die Vorwürfe zurück.
Für den von Angehörigen militärischer und polizeilicher Spezialeinheiten gegründeten Verein Uniter interessiert sich jetzt auch der Verfassungsschutz. Uniter war nach Ermittlungen zu rechten Netzwerken in die Schlagzeilen geraten. Der Verein war mehrfach Thema im geheim tagenden Parlamentarischen Kontrollgremium (PKGr) des Bundestages. Er hatte seinen Sitz nach Angaben eines Mitglieds zu Jahresbeginn von Deutschland in die Schweiz verlegt.
Der "Spiegel" berichtete am Mittwoch, das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) habe den Verein zum "Prüffall" erklärt. Der Verfassungsschutz darf über sogenannte Prüffälle, bei denen der Einsatz von V-Leuten und anderer nachrichtendienstlicher Mittel nicht gestattet ist, nicht öffentlich berichten. Das hatte ein Gericht zuletzt im Zusammenhang mit dem Blick der Behörde auf die AfD festgestellt.
Das Bundesamt erklärte auf Anfrage, Uniter sei derzeit kein Beobachtungsobjekt des BfV. In Erfüllung seines gesetzlichen Auftrags bewerte das BfV jedoch "fortlaufend verschiedene Personenzusammenschlüsse hinsichtlich des Vorliegens von tatsächlichen Anhaltspunkten für eine Bestrebung gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung".
Uniter im Visier der Behörden
Uniter war im Zuge der Ermittlungen zu Franco A. ins Visier der Behörden geraten, ohne dass er selbst Mitglied war. Der Bundeswehroffizier hatte sich als syrischer Flüchtling ausgegeben. Er steht im Verdacht, aus einer rechtsextremen Gesinnung heraus Anschläge geplant zu haben.
Andre S., Spitzname "Hannibal", ist ein Mitgründer von Uniter. Er war lange im Kommando Spezialkräfte (KSK) eingesetzt und wurde ab dem Sommer 2017 bis zu seiner Versetzung zu einer anderen Einheit als "Auskunftsperson" vom Militärischen Abschirmdienst (MAD) befragt. Im vergangenen September war er aus der Bundeswehr ausgeschieden. Uniter wurde nach eigenen Angaben im Jahr 2010 aus zwei Netzwerken für Kommandoeinheiten der Bundeswehr und Polizei sowie einer Gruppe aus dem europäischen Nato-Kommando Shape gegründet. Dem Verein gehören aktuell nach Angaben eines Mitglieds noch knapp 1000 Mitglieder an. Viele seien nach der Berichterstattung über vermeintliche rechtsextreme Verstrickungen ausgetreten.
André S. sagte am Mittwoch im Gespräch mit dem Portal "t-online.de": "Wir nehmen diese Entscheidung zur Kenntnis und begrüßen die Einstufung sogar, damit die Vorwürfe endgültig ausgeräumt werden."
Verein weist Verbindungen in kriminell-extremistische Strukturen zurück
Die Vereinsführung hatte schon früher Verbindungen in kriminell-extremistische Strukturen oder den Vorwurf einer politischen Agenda zurückgewiesen, nachdem Medien über Pläne für eine "Schattenarmee" berichtet hatten. Ermittler hätten dafür bislang keine Belege gefunden.
Der Unteroffizier Andre S. war in den Blick von Behörden geraten, nachdem der terrorverdächtige Offizier Franco A. wegen einer auf dem Flughafen Wien versteckten Waffe 2017 aufgeflogen war. Es gab eine Durchsuchung beim KSK und in Privathäusern, um Kontaktleute und einen sogenannten Dunstkreis zu überprüfen und ein mögliches Netzwerk aufzuklären. Dabei ging es auch um Chatgruppen im Messengerdienst Telegram, in denen sich rechte Prepper austauschten. Prepper sind Untergangspropheten, die sich auf einen möglichen Zusammenbruch der staatlichen Ordnung vorbereiten. Auch Franco A. machte da mit.
Die Bundesregierung hatte im vergangenen Jahr in einer Antwort auf eine Anfrage der Grünen erklärt, Andre S. sei Administrator einer Chatgruppe gewesen, die sich mit "Themen zur Krisenvorsorge" befasst habe.
"Die Einstufung von Uniter als Prüffall ist ein zaghafter erster Schritt", sagte PKGr-Mitglied Stephan Thomae (FDP). Die Bundesregierung solle darüber hinaus ein Vereinsverbot prüfen. Unter dem "Deckmantel eines gemeinnützigen Vereins" weise Uniter "paramilitärische Strukturen mit staatsumstürzenden Tendenzen auf". Er fügte hinzu: "Die Versuche des Uniter-Vereins, in die Freimaurerszene einzudringen und dort Gefolgsleute anzuwerben, sollten stärker unter die Lupe genommen werden." © dpa
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