Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will es mit seiner Richtlinienkompetenz in der Bundesregierung nicht übertreiben. Zwar habe er die Möglichkeit, damit "ab und zu mal" in strittigen Fragen in der Ampel-Koalition mit Grünen und FDP eine Entscheidung herbeizuführen, sagte er am Montag bei einem Gespräch mit Bürgern in Hamburg. Das könne man aber nicht jeden Tag machen. "Weil das ist dann so wie jemand, der ununterbrochen mit irgendwas auf den Tisch haut und am Ende sich zum Arzt begeben muss, wegen der Behandlung seiner Faust." Das wolle er vermeiden.

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Laut Grundgesetz bestimmt der Kanzler in der Bundesregierung die Richtlinien der Politik. Formell wird diese Richtlinienkompetenz aber nur äußerst selten ausgeübt. Scholz machte von dieser Option nur im Streit zwischen FDP und Grünen über die AKW-Laufzeiten formell Gebrauch, indem er einen Brief an sein Kabinett schrieb. Ein solcher Schritt war zuvor nur von Kanzler Konrad Adenauer vor weit mehr als einem halben Jahrhundert bekannt geworden.

Im Streit über die europäische Asylpolitik machte Scholz in der vergangenen Woche zwar im Kabinett eine klare Ansage, dass Deutschland die geplante Reform in Brüssel nicht blockieren solle. Das wollte er aber nicht als Ausübung der Richtlinienkompetenz verstanden wissen.

Die Mehrheit der Bevölkerung wünscht sich einer Forsa-Umfrage zufolge, dass sich Scholz bei Streitereien in der Regierung mehr durchsetzt. 68 Prozent sind der Meinung, dass er mehr von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch machen und ein "Machtwort" sprechen sollte, wie aus dem RTL/ntv-"Trendbarometer" hervorgeht. Für 25 Prozent der 1009 Befragten soll Scholz so weitermachen wie bisher und nicht häufiger eingreifen.  © dpa

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