Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat mehr Aufmerksamkeit für die besonderen gesundheitlichen Probleme sozial schwacher Menschen gefordert. "Wer in Armut aufwächst, hat als Erwachsener eine schlechtere Gesundheit", sagte Steinmeier am Dienstag bei der Eröffnung des Fachkongresses "Armut und Gesundheit" in Berlin. Die gesundheitliche Benachteiligung fange oft schon im Kindesalter an, was sich ein reiches Land wie Deutschland nicht erlauben dürfe, sagte der Bundespräsident.
Steinmeier kritisierte: "Ganz offensichtlich sind die vorhandenen Strukturen von der Familienberatung über die Jugendhilfe bis zu den Gesundheitsämtern bisher nicht in der Lage, daran Entscheidendes zu verändern." Es bedürfe hier einer "besseren Verzahnung aller Stellen, die in Kontakt mit den Familien sind". Es müssten "möglichst alle Kinder von Beginn an und regelmäßig zu den Früherkennungsuntersuchungen in der Kindermedizin vorgestellt werden".
Mit solchen Fragen befassen sich Fachleute regelmäßig bei dem seit 1995 stattfindenden Kongress "Armut und Gesundheit". Zu den Wegbegleitern und Unterstützern des Kongresses zählt der Sozialmediziner Gerhard Trabert, der als Kandidat der Linkspartei für die Bundespräsidentenwahl im Februar 2022 gegen
Steinmeier beklagte in seiner Rede, dass die gesundheitlichen Probleme armer Menschen "der größeren Öffentlichkeit in Deutschland" kaum bekannt seien. "In sozial schwächeren Gegenden haben vierzig Prozent der Kinder im Kita-Alter schiefe Zähne und Karies", sagte er. Menschen mit niedrigem Einkommen hätten generell eine deutlich geringere Lebenserwartung - vier Jahre weniger bei Frauen, acht Jahre weniger bei Männern.
"Sozialpolitik ist Demokratiepolitik", mahnte Steinmeier. "Nur ein Gesellschaftsmodell, das Zusammenhalt unter immer wieder veränderten Bedingungen herzustellen versucht, das die Stimme der Ärmsten und Verwundbarsten unserer Gesellschaft nicht überhört, wird dauerhaft auf Akzeptanz stoßen." © AFP
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