Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat den verstorbenen Präsidenten Namibias, Hage Geingob, als prägenden Staatsmann seines Landes gewürdigt. Vor dem Hintergrund der deutschen Kolonialverbrechen im heutigen Namibia vor mehr als 100 Jahren hob Steinmeier am Sonntag hervor, Geingob habe "trotz der schweren Belastung unserer Geschichte (...) den Weg der Aussöhnung mit Deutschland beschritten". Deutschland bleibe "dem Weg der Versöhnung mit Namibia und der Aufarbeitung des von Deutschland verübten Völkermords verpflichtet".

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Steinmeiers Kondolenzschreiben

"Namibia verliert einen großen und prägenden Staatsmann", schrieb der Bundespräsident in einem Kondolenzschreiben an Geingobs Witwe. Er erinnerte an Geingobs jahrzehntelangen Kampf für "die Befreiung Namibias vom Joch der Apartheid". "Er prägte die demokratische Verfassung seines Landes und wurde der erste Premierminister Namibias nach der Unabhängigkeit."

"Für mein Land war die Zusammenarbeit mit Hage Geingob von großer Bedeutung", erklärte Steinmeier. "Erst vor drei Monaten telefonierten wir über den Fortgang des Versöhnungsprozesses und er war voller Hoffnung über den erfolgreichen Abschluss der Gemeinsamen Erklärung."

Herero-und-Nama-Krieg: Mehr als 70.000 Tote

Das Deutsche Reich war von 1884 bis 1915 Kolonialmacht im damaligen Deutsch-Südwestafrika und schlug dort Aufstände gegen seine Herrschaft brutal nieder. Während des Herero-und-Nama-Kriegs von 1904 bis 1908 kam es zu einem Massenmord, der als erster Völkermord im 20. Jahrhundert gilt. Historiker schätzen, dass rund 65.000 von 80.000 Herero und mindestens 10.000 von 20.000 Nama getötet wurden.

2021 erkannte Deutschland die Verbrechen als Völkermord an. Das Versöhnungsabkommen und die darin vorgesehenen Zahlungen Deutschlands für Entwicklungsprojekte in Namibia in Höhe von 1,1 Milliarden Euro liegen derzeit auf Eis. Der Grund ist, dass die Bundesregierung es ablehnt, mit den Nachkommen der damaligen Opfer direkt über persönliche Entschädigungen zu verhandeln. Deutschland verhandle mit der namibischen Regierung, die völkerrechtlich ganz Namibia vertrete, so die Position der Bundesregierung. Die vorgesehenen Finanzhilfen sollen über einen längeren Zeitraum für Entwicklungsprojekte in den Gebieten der Herero und Nama eingesetzt werden.  © dpa

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