Die öffentliche Diskussion persönlicher Themen löst Emotionen aus. Wir müssen lernen, die Fassung zu bewahren, wenn uns Gefühle übermannen. Das gilt nicht nur für Personen des öffentlichen Lebens, sondern auch für die Auseinandersetzung jedes Einzelnen in sozialen Netzwerken.
Stephan Mayer, der zurückgetretene CSU-Generalsekretär, soll laut einem Anwaltsschreiben folgende Aussage gegenüber einem Journalisten getätigt haben: "Ich werde Sie vernichten. Ich werde Sie ausfindig machen, ich verfolge Sie bis ans Ende Ihres Lebens." Und: "Ich verlange 200.000 Euro Schmerzensgeld, die müssen Sie mir noch heute überweisen."
Emotionen im Streit um Tatsachen
Anlass, so wird berichtet, ist die Aussage der Zeitschrift "Bunte", dass Mayer nicht zu einem unehelichen achtjährigen Sohn stehe. Stephan Mayer bestreitet die konkrete Aussage mit Nichtwissen und lässt so ihre Wahrheit dahinstehen.
Für den Fall, dass sie doch getroffen wurde, erachtet er die Wortwahl rückwirkend als unangemessen. Er trat aus gesundheitlichen Gründen zurück und kündigte an, Schmerzensgeldansprüche gegen den Burda-Verlag geltend zu machen.
Der Fall Stephan Mayer: Ausgang rechtlich offen
Wie der Rechtsfall ausgeht, ist offen. Aber der Politiker räumt "ein sehr emotionales Streitgespräch infolge der eklatant rechtswidrigen Berichterstattung" ein. Der Fall erinnert an den Streit um eine mögliche emotionale Beschimpfung des damaligen Chefredakteurs von "Bild", Kai Diekmann, die der damalige Bundespräsident Christian Wulff diesem 2012 auf die Mailbox gesprochen haben soll.
Im Kern geht es um die Frage, wie man mit emotional berührenden Aussagen umgeht. Dass ein Politiker seine Aussagen im Griff haben muss und sich nicht von Gefühlen leiten lassen darf, liegt auf der Hand.
Sachlicher Umgang mit emotionalen Themen
Gerade dann, weil eine Tatsachenbehauptung – um die geht es bei einem unehelichen Kind – widerlegt werden kann, muss man besonnen bleiben. Ist die Behauptung unwahr, kann man den Fall in aller Ruhe dem Anwalt übergeben. Ist sie wahr, dann sollte man das erst recht tun. Emotionale Streitgespräche mit Journalisten in persönlichen Angelegenheiten sind für jeden, der in der Öffentlichkeit steht, fehl am Platz.
Im Kleinen geht der Umgang mit Emotionen in öffentlichen Auseinandersetzungen uns aber alle an. Jeder der in sozialen Netzwerken kommuniziert, muss den Umgang mit Emotionen lernen. In den Chats sozialer Netzwerke darf man nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes grundsätzlich alles sagen, was nicht strafbar ist. Dazu zählt sehr vieles, was unangenehm ist. Von Liebe oder Hass getragene Äußerungen gehören seit jeher dazu.
Wahre Tatsachen muss man dulden
Manche Tatsachenbehauptungen können bei jedem leicht zu heftigen Emotionen führen. Zum Beispiel Aussagen wie, dass eine Person viel pupst oder mal eine Dusche vertragen kann, können wütend machen. Das dürfen sie auch. Dennoch kann der Hinweis berechtigt und wichtig sein. Wut über den "Pupsvorwurf" ist, wenn überhaupt, nur dann berechtigt, wenn er nicht den Tatsachen entspricht.
Ansonsten muss man die Behauptungen als wahre Tatsache hinnehmen. Sachlich begegnen sollte man auch unsachlichen und unwahren Vorwürfen. Mit rechtlichem Erfolg gegen sie wehren kann man sich nur, wenn sie diskreditierend und unwahr sind.
Natürlich übt man konstruktive Kritik besser im Vier-Augen-Gespräch. Dennoch gilt: Gerade dann, wenn man unpassend öffentlich mit Kritik konfrontiert wird, die weh tut, muss man lernen, ruhig zu bleiben. Sonst wird man selbst als Opfer einer Aussage schnell zum Täter.
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