Alexis Tsipras ist kaum zwei Wochen im Amt, da reist er schon quer durch Europa. Griechenlands neuer Regierungschef wirbt für eine neue Schuldenpolitik, die sich der Sparpolitik Angela Merkels widersetzt. Die Argumente dafür hat sich der Chef der Linkspartei Syriza nicht im Alleingang zurechtgelegt. Um sich hat Tsipras einen illustren Kreis von Experten geschart.

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Bei der Berufung seines Kabinetts fährt Ministerpräsident Alexis Tsipras einen klaren Kurs. So überlässt der Regierungschef den beiden Ökonomen und scharfen Kritikern der Sparpolitik Giannis Dragasakis und Giannis Varoufakis die Zuständigkeit der Finanzen.

Und doch: "Tsipras steht mächtig unter Druck, wenn es um Fragen zu Privatisierung und Verhandlung der Staatsschuld geht", sagt Alexander Kritikos vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Mit seiner linksgerichteten Syriza-Partei spiegelt Tsipras nur einen Teil des Bündnisses mit der rechtspopulistischen Partei Unabhängige Griechen wieder. Innerhalb des Bündnisses gibt es auch einflussreiche Stimmen, die sich eine Rückkehr zur Drachme durchaus vorstellen können - zu ihnen zählt der Wirtschaftsprofessor und Syriza-Vordenker Kostas Lapavitsas. Welche Menschen in der griechischen Regierung rund um Alexis Tsipras gelten noch als einflussreich? Ein Überblick.

Die 5 zentralen Köpfe der griechischen Regierung

  • Giannis Varoufakis, Finanzminister

Bereits zur Europawahl 2014 unterstützte der griechisch-australische Wirtschaftswissenschaftler den Parteichef Alexis Tsipras, um bei den Verhandlungen um Griechenlands Schuldenpolitik eine Rolle zu spielen. Varoufakis will sich einmischen - darauf deuten sein populärer, englischsprachiger Blog und diverse Beiträge für die internationale Presse hin. In seiner neuen Rolle als Finanzminister scheint er der Mann der Stunde zu sein.

"Griechenlands neuer Schulden-Regisseur" betitelt ihn "Die Zeit", "Popstar-Ökonom" nennt ihn "Spiegel Online". Mit seiner neuen Sparpolitik wirbt Varoufakis für eine neue Strategie im Umgang mit verschuldeten Ländern. Statt Kürzungen und Stellenabbau plädiert der Finanzminister für so genannte Umschuldungsarten, darunter zum Beispiel an das Wirtschaftswachstum gekoppelte Anleihen sowie Anleihen mit unbegrenzter Laufzeit. Sein Credo: Wenn die griechische Wirtschaft wächst, kann das Land auch schneller seine Schulden abbauen. Wenn die Wirtschaft stockt, bekommt es vorerst einen Aufschub. Das Wort "Schuldenschnitt" will der Mann mit dem bulligen Schädel aber mit allen Mitteln umgehen.

  • Giannis Dragasakis, stellvertretender Ministerpräsident

Erfahrungen im Regieren hat der studierte Ökonom allemal. Nicht ohne Grund ist Giannis Dragasakis im Zentralkomitee für das Programm verantwortlich. Der Syriza-Abgeordnete vertritt bereits seit 1996 ununterbrochen den zweiten Wahlbezirk von Athen - heute ist er Vizepräsident. Als stellvertretender Wirtschaftsminister sammelte der 68-Jährige seit 1989 Regierungserfahrung - damals noch Mitglied der Kommunistischen Partei. "Die Schulden müssen angepasst werden, weil sie nicht tragbar sind", meint Dragasakis - er ist der entscheidende Mann hinter Vorschlägen wie der internationalen Schuldenkonferenz und einer Generalüberholung des griechischen Steuersystems.

  • Georgios Stathakis, Wirtschaftsminister

Aktuell vertritt Georgios Stathakis das Linksbündnis Syriza im Parlament und gehört dem Ausschuss für öffentliche Unternehmen an. Wie sein Parteikollege Giannis Dragasakis begann auch Stathakis seine politische Karriere bei den Kommunisten. Seine ökonomische Ausbildung absolvierte der Sohn einer Reederfamilie in England. Sein Credo im Bezug auf die Steuerfreiheiten von Reedern: Um die Macht der Oligarchen - darunter auch seine eigene Familie - zu brechen, will Stathakis als Hebel Privatisierungen, Immobilien, Staatsaufträge und Medienlizenzen nutzen. Mit einem eher moderaten Ton unterstützt der Wirtschaftsminister Parteichef Alexis Tsipras mehr im Hintergrund.

  • Giannis Milios, Ökonom

Er gilt als Deutschland-Versteher - so begleitete Giannis Milios Parteichef Alexis Tsipras zu einem Treffen mit Bundesfinanzminister Wolfang Schäuble. In den 1970er-Jahren studierte der heute 63-Jährige in Darmstadt und Osnabrück unter anderem die kritische Theorie der Frankfurter Schule. Damit unterscheidet er sich im Hinblick auf seine Kollegen von der orthodoxen Linie der Kommunistischen Partei. "Wir wollen kein neues Haushaltsdefizit schaffen" - mit diesem Satz bietet Giannis Milios Anknüpfungspunkte zur konservativen Sicht. Ein Großteil der Altschulden müssten nach Ansicht Milios dafür allerdings erlassen werden.

  • Kostas Lapavitsas, Ökonom

Im Gegensatz zu den in Griechenland ansässigen Kollegen legt Kostas Lapavitsas eine leichte Euro-Skepsis an den Tag. Der Professor der Volkswirtschaft hat lange Zeit in London ohne den Euro verbracht. Eine Rückkehr der nationalen Währung Drachme hält er durchaus für möglich. Gemeinsam mit dem deutschen Ökonom und ehemaligen Finanzstaatssekretär Heiner Flassbeck veröffentlichte er jüngst ein Buch mit dem Titel "Nur Deutschland kann den Euro retten". Dennoch stärkt Lapavitsas die von Syriza vertretene Linie einer Abkehr der Sparpolitik. Diese sei durchaus moderat und vernünftig, verkündet der Minister in regelmäßigen Gastbeiträgen darunter die linksliberale britische Zeitung "Guardian".

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