In der mutmaßlichen Bombenwerkstatt des Terrorverdächtigen Jaber al-Bakr hat die Polizei 500 Gramm vom Sprengstoff TATP gefunden. Was ist so gefährlich an dem Chemikaliengemisch, das die Dschihadisten "Mutter des Teufels" nennen?
Es braucht nicht viel, um einen Terroranschlag vorzubereiten: Aceton, Wasserstoffperoxid und Schwefelsäure, allesamt leicht und legal erhältlich, genügten einem 22-jährigen Syrer aus Chemnitz, um in seiner Wohnung eine hochexplosive Chemikalienmischung herzustellen.
500 Gramm des fertigen Sprengstoff-Laborats TATP fanden die Ermittler bei der Hausdurchsuchung, dazu ein Kilogramm an weiteren Chemikalien, die sich als Zutaten geeignet hätten. Die Anleitung zur Herstellung des hochgefährlichen Sprengstoffes namens Triacetontriperoxid, auch Apex oder TATP genannt, fand Jaber al-Bakr wohl im Internet, dort jedenfalls grassieren etliche Videos mit Herstellungstipps. Aber ist es wirklich so leicht, eine hochexplosive Bombe zu bauen?
Tatsächlich finden sich laut Experten alle Mittel, die es zu Herstellung des Sprengstoffes TATP braucht, in einer ganz gewöhnlichen Küche: Desinfektionsmittel, Farbverdünner und Zitronensaft sind nicht nur leicht erhältlich, sondern auch extrem günstig. Und werden, richtig miteinander vermischt und gefiltert, zu einer hochexplosiven Substanz.
TATP zum Patent angemeldet
Entdeckt wurde TATP schon 1895 von dem deutschen Chemiker Richard Wolffenstein. Er experimentierte an der Technischen Hochschule Berlin mit Alkaloiden und bemerkte dabei zufällig, dass sich zwei Stoffe, die er gemeinsam gelagert hatte, zu einer hochgefährlichen Mischung verbanden. Noch im selben Jahr wurde die TATP zum Patent angemeldet – als angeblich sicherer Initialsprengstoff.
Die Eigenschaften der Mixtur allerdings verhinderten seinen großflächigen Einsatz. Denn das Pulver, das nach stundenlanger Reaktion entsteht, ist besonders anfällig: Schon geringste Reibungen, Stöße, Wärme oder Funken können TATP selbst im noch feuchten Zustand zur Explosion bringen. Sogar die Anmischung der Chemikalien kann daher tödlich sein, ein Transport des Sprengstoffes ist gar überaus riskant.
Hobbychemiker und lebensmüde Terroristen hält die Gefahr dennoch nicht ab, die hochexplosive Mischung für ihre Anschläge herzustellen.
TATP – der Sprengstoff der IS-Terrroristen
Im Jahr 2004 zündeten Islamisten zehn TATP-Bomben in voll besetzten Pendlerzügen in Madrid. 2005 nutzten Terroristen die enorme Sprengkraft der Mischung bei den Anschlägen auf die U-Bahn und einen Bus in London.
Ein Jahr später versuchten Attentäter im August 2006, die flüssigen Rohstoffe auf einen Flug von London in die USA zu schmuggeln. Grund genug, die Sicherheitsbestimmungen enorm zu verschärfen: Seither dürfen Flüssigkeiten nur noch in geringen Mengen im Handgepäck mitgeführt werden.
In Deutschland konnten die Ermittler einen Anschlag mit TATP-Bomben verhindern, als sie im Jahr 2007 die sogenannte Sauerland-Gruppe hochnahmen. Und zuletzt kam der Sprengstoff bei den Anschlägen im November 2015 in Paris und – gespickt mit Nägeln, Schrauben und Muttern – im März 2016 im Brüssel zum Einsatz.
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