Zwei Tage nach dem tödlichen Hubschrauberabsturz haben im Iran die Trauerfeierlichkeiten begonnen. Spekuliert wird unterdessen nicht nur über die Absturzursache, sondern auch über die Zukunft des Landes.
Im Iran haben die Trauerfeierlichkeiten für die Opfer des Helikopterabsturzes begonnen, bei dem am Wochenende Präsident Ebrahim Raisi und Außenminister Hussein Amirabdollahian ums Leben gekommen waren. Tausende Regierungsanhänger strömten laut Staatsmedien am Dienstag zum Auftakt der Zeremonie in der nordwestlichen Metropole Tabris, um Abschied von den Staatsmännern zu nehmen.
Laut der Nachrichtenagentur Tasnim sind weitere Trauerfeiern in der religiösen Hochburg und Pilgerstadt Ghom sowie in der Hauptstadt Teheran geplant. Raisi soll am Donnerstag im schiitischen Zentrum seiner Heimatstadt Maschhad, dem Heiligtum von Imam Resa, begraben werden. Irans Religionsführer Ajatollah Ali Chamenei hatte eine fünftägige Staatstrauer angeordnet.
Raisi und Amirabdollahian waren am Sonntag bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben gekommen. Gesicherte Informationen zur Ursache des Absturzes, bei dem auch alle sieben weiteren Insassen des Helikopters starben, gibt es bislang nicht. Der Armeechef des Landes, General Mohammed Bagheri, ordnete eine gründliche Untersuchung an und stellte laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Isna im Verteidigungsministerium ein technisch hochversiertes Team zusammen.
Seit dem Absturz wird im Iran darüber spekuliert, ob schlechtes Wetter, ein technischer Defekt oder gar ein Sabotageakt des Erzfeindes Israel für den Vorfall verantwortlich gewesen sein könnte. Zum fraglichen Zeitpunkt herrschte dichter Nebel, der Präsidenten-Helikopter vom Typ Bell 212 war über 40 Jahre alt. Zwei weitere Hubschrauber der iranischen Delegation, die sich auf dem Rückweg von einem Termin in Aserbaidschan befand, erreichten sicher ihr Ziel.
Irans Luftwaffe gilt als stark veraltet, ihre Modernisierung kommt angesichts scharfer internationaler Sanktionen kaum voran, neues Gerät und Ersatzteile sind schwer zu beschaffen. Viele der Flugzeuge und Helikopter stammen noch aus der Zeit vor der islamischen Revolution von 1979, als das Land enge Beziehungen zu den USA unterhielt.
Bericht: Neuwahlen könnten bereits am 28. Juni stattfinden
Die Amtsgeschäfte im Iran übernahm unterdessen Raisis erster Vize Mohammed Mochber. Neuwahlen könnten bereits am 28. Juni stattfinden, wie Isna am Montag unter Berufung auf einen Sprecher der Wahlbehörde berichtete. Das hieße, vom 28. Mai an wäre eine Registrierung der Kandidaten möglich. Offiziell bestätigt ist der Termin bisher aber nicht.
Anders als in vielen Ländern ist der Präsident im Iran nicht das Staatsoberhaupt, sondern bloß Regierungschef. Die eigentliche Macht konzentriert sich auf den Religionsführer, der in allen strategischen Belangen das letzte Wort hat. Seit 1989 ist das Ajatollah Ali Chamenei.
Die Verbündeten Teherans - unter ihnen Russland und China - kondolierten nach dem Tod der Politiker, aus westlichen Ländern kamen eher verhaltene Reaktionen. Die US-Regierung bekundete zwar ihr Beileid, begleitete dies aber mit einem Hinweis auf die Menschenrechtslage im Iran. "Während der Iran einen neuen Präsidenten wählt, bekräftigen wir unsere Unterstützung für das iranische Volk und seinen Kampf für Menschenrechte und Grundfreiheiten", teilte US-Außenminister Antony Blinken am Montag in einer schriftlichen Stellungnahme mit.
Der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby, sagte, Raisi sei für grausame Menschenrechtsverletzungen in seinem Land verantwortlich gewesen, ebenso für die Unterstützung von Terrornetzwerken in der gesamten Region. "Keine Frage - das war ein Mann, der eine Menge Blut an seinen Händen hatte." Die US-Regierung bedaure aber generell den Verlust von Menschenleben und habe daher offiziell ihr Beileid ausgesprochen. Dies sei übliche Praxis. Von der Bundesregierung kam zunächst keine Reaktion.
Schadenfreude über Tod des Präsidenten
Raisi wurde 1960 in Maschhad geboren und war über drei Jahrzehnte in der zentralen Justizbehörde des Landes tätig. 2019 wurde er zum Justizchef ernannt. In seiner früheren Funktion als Staatsanwalt soll er 1988 für zahlreiche Verhaftungen und Hinrichtungen politischer Dissidenten verantwortlich gewesen sein, weshalb ihn seine Gegner "Schlächter von Teheran" nannten.
Experten hatten Raisi zwischenzeitlich auch als möglichen Nachfolger für den nunmehr 85 Jahre alten Religionsführer Chamenei gehandelt. Auch wenn sich insbesondere die Kritik der jungen Generation inzwischen immer mehr gegen das gesamte System der Islamischen Republik richtet, stand Raisi als Gesicht der Regierung innenpolitisch besonders unter Druck. Unter ihm wurde zuletzt auch der umstrittene Kurs bei der Verfolgung des Kopftuchzwangs vorangetrieben, der Teile der Bevölkerung noch mehr gegen den staatlichen Machtapparat aufbrachte. In sozialen Medien reagierten zahlreiche Iranerinnen und Iraner mit Schadenfreude auf die Nachricht vom Tod des Präsidenten. (dpa/szu)
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