Die Neuauflage des Skripts vom vermeintlichen Wahlbetrug wird bereits vorbereitet. Noch mehr als fünf Monate sind es bis zur US-Präsidentschaftswahl, doch längst sprechen Donald Trump und Verbündete davon, dass sie auch diese Wahl anfechten würden, wenn sie nicht "fair" ablaufe. Und auch einen erneuten Gewaltausbruch wie nach seiner Niederlage gegen den heutigen Präsidenten Joe Biden 2020 will Trump nicht ausschließen.

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Den damaligen Sieg seines Widersachers hat der Rechtspopulist bis heute nicht anerkannt. Mit seiner Mär von Manipulationen stachelte der abgewählte Präsident seinerzeit seine Anhängerschaft auf - die aufgeheizte Stimmung mündete in den Sturm auf das Kapitol in Washington im Januar 2021.

Vor einigen Wochen nun sagte Trump der Zeitung "Milwaukee Sentinel" zur Wahl im kommenden November: "Wenn alles ehrlich zugeht, würde ich die Ergebnisse gerne akzeptieren." Einschränkend fügte er sogleich hinzu: "Wenn es das nicht ist, muss man für das Recht des Landes kämpfen."

Und in einem Interview des Magazins "Time" blieb der Ex-Präsident vage in seiner Replik auf die Frage, ob im Fall seiner erneuten Niederlage wieder Gewalt ausbrechen würde: "Wenn wir nicht gewinnen - wissen Sie, es kommt darauf an. Es hängt immer von der Fairness einer Wahl ab."

Die Äußerungen erinnern an das Wahljahr 2020, als Trump ebenfalls bereits Monate vor dem Urnengang vor angeblichen Betrügereien warnte und seine Anerkennung des Ausgangs offen ließ. Die Grundlagen des Märchens vom Wahlbetrug wurden damals also früh gelegt. Und Trump hält bis heute an dieser Legende fest, obwohl rund 60 Klagen seines Lagers gegen den Urnengang scheiterten und die Behauptung von der manipulierten Wahl vielfach klar widerlegt wurde.

Trumps Versuche, seine damalige Niederlage gegen Biden nachträglich zu kippen, haben ihm zwei strafrechtliche Anklagen eingehandelt, die eine vor einem Bundesgericht in Washington und die andere im US-Bundesstaat Georgia. Aber auch das hat auf den voraussichtlichen erneuten Präsidentschaftskandidaten der Republikaner offenbar keine abschreckende Wirkung.

Dass Trump abermals schon früh die Zweifel an der Sauberkeit der Abstimmung zu säen beginnt, bestätigt aus Sicht Bidens, dass bei der Wahl am 5. November nicht weniger als die staatliche Grundordnung des Landes auf dem Spiel steht: Trump sei eine "Gefahr für die Verfassung und eine Bedrohung für unsere Demokratie", erklärte Bidens Wahlkampfsprecher James Singer in Reaktion auf das "Time"-Interview.

Auch prominente Trump-Verbündete in der Republikanischen Partei erzählen von einer möglicherweise manipulierten Wahl. So sagte der Senator Marco Rubio dem Sender NBC, er würde das Ergebnis einer "unfairen" Wahl nicht akzeptieren. Und der Senator J.D. Vance kündigte im Sender CNN an, er werde die Wahl nur anerkennen, wenn sie "frei und fair" verlaufe. Rubio wie Vance gelten als mögliche Vizepräsidentenkandidaten an der Seite Trumps.

Trump selbst hat laut einer vergangene Woche veröffentlichten Statistik der "New York Times" seit Verkündung seiner erneuten Präsidentschaftsbewerbung im vergangenen November im Schnitt ein Mal pro Tag in öffentlichen Äußerungen die Fairness der bevorstehenden Wahl in Zweifel bezogen.

Der Rechtspopulist tut dies auch, indem er die gegen ihn laufenden juristischen Verfahren als Teil einer großen Verschwörung anprangert, die seinen Wiedereinzug ins Weiße Haus verhindern soll. So ist auch sein derzeitiger New Yorker Strafprozess zur mutmaßlichen Vertuschung einer Schweigegeldzahlung an die frühere Pornodarstellerin Stormy Daniels in Trumps Darstellung nichts Anderes als "politische Verfolgung" und "Wahleinmischung".  © AFP

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