Mit der angekündigten Parteigründung von Sahra Wagenknecht geht ein jahrelanger Richtungsstreit in der Linken zu Ende. Doch ist diese neue Partei, der aktuell erst mal der Verein "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW) vorausgeht, wirklich notwendig und kann sie die politische Landschaft maßgeblich verändern? Eine Umfrage im Auftrag unserer Redaktion zeigt, dass die Mehrheit der Deutschen das bezweifelt.

Mehr aktuelle News

Seit Jahren hadert Sahra Wagenknecht mit dem Kurs der Linken. Weil diese aus ihrer Sicht ihre eigene Klientel aus den Augen verloren hat, kokettierte die Politikerin zuletzt monatelang mit der Gründung einer neuen Partei. Nun haben die Spekulationen ein Ende: Am Montag kündigte Wagenknecht an, dass sie die Linke verlassen und eine neue Partei aufbauen wird.

Über die Notwendigkeit dieser neuen Partei gehen die Meinungen auseinander. Das zeigt eine exklusive und repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag unserer Redaktion.

So steht die Mehrheit der Befragten einer Wagenknecht-Partei skeptisch gegenüber. Insgesamt 53 Prozent antworteten auf die Frage "Denken Sie eine Wagenknecht-Partei wäre eine wichtige Ergänzung zur deutschen Parteien-Landschaft?" mit "Nein, auf keinen Fall" (41 Prozent) oder "Eher Nein" (12 Prozent).

Zuspruch kommt von insgesamt 32 Prozent. Rund jeder Fünfte (22 Prozent), beantworte die Frage mit "Ja, auf jeden Fall", jeder Zehnte mit "Eher ja". 15 Prozent der Befragten zeigten sich unentschieden.

Hoher Zuspruch unter potenziellen Linken-Wählern für Wagenknecht-Partei

Betrachtet man die Antworten nach den Wahlabsichten der Befragten, ist der Zuspruch unter denjenigen am höchsten, die aktuell planen, keine im Bundestag vertretene Partei zu wählen (53 Prozent).

Ernüchternd für die Linke ist, dass unter ihren potenziellen Wählerinnen und Wählern die Zustimmung mit 47 Prozent am zweithöchsten ausfällt. Auf dem dritten Platz folgen AfD-Sympathisanten mit 43 Prozent. Am wenigsten kommt die Partei bei Anhängern der Grünen (13 Prozent), der SPD (26 Prozent) und der Union (27 Prozent) an.

Weniger deutlich sind derweil die Unterschiede, wenn man die Antworten der Umfrageteilnehmer nach ihrem Alter aufschlüsselt. In den verschiedenen Altersgruppen rangieren die Zustimmungswerte von 27 bis 34 Prozent. Pro-Stimmen für die Wagenknecht-Partei finden sich dabei am häufigsten in den zwei höchsten Altersgruppen (50 bis 64 Jahre und 65 und älter).

Interessant ist, dass die jüngste Altersgruppe (18 bis 29 Jahre) die Partei mit 31 Prozent deutlich öfter für eine wichtige Ergänzung der politischen Landschaft hält als es die mittleren zwei Altersgruppen (30 bis 39 und 40 bis 49 Jahre – jeweils 27 Prozent) tun.

48 Prozent der Ostdeutschen sehen in Wagenknecht-Partei wichtige Ergänzung

Gravierende Unterschiede zeichnen sich bei der Betrachtung von Ost- und Westdeutschland ab. Im Westen sehen lediglich 27 Prozent der Befragten die Wagenknecht-Partei als relevante politische Größe. Mit 48 Prozent sind es im Osten deutlich mehr – wenn auch keine Mehrheit.

Trotz dieser Umfragewerte könnte die Partei bei den Landtagswahlen 2024 im Osten die AfD ausbremsen. Ob die Partei aber zu diesen überhaupt antritt, ist aktuell noch offen. Wagenknecht betonte am Montag zwar, dass die Teilnahme an den Wahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg das Ziel sei, allerdings werde das von der Partei-Aufstellung bis dahin abhängen. Definitiv steht bislang lediglich fest: Die neue Partei soll Anfang 2024 gegründet werden und zur Europawahl im Juni 2024 antreten.

Unabhängig davon, wie einflussreich Wagenknechts Partei künftig sein wird: Politische Realitäten schafft sie allein schon durch ihre Gründung. Denn die Linke verliert mit Wagenknecht nicht nur eines ihrer populärsten Gesichter. Für die Partei bedeutet der Austritt Wagenknechts und ihrer Unterstützer auch den Verlust ihres Fraktionsstatus im Bundestag. (thp)

Für die Umfrage hat Civey vom 20.10. bis 22.10.2023 online rund 5.000 Bundesbürgerinnen und Bundesbürger ab 18 Jahren befragt. Die Ergebnisse sind aufgrund von Quotierungen und Gewichtungen repräsentativ unter Berücksichtigung des statistischen Fehlers von 2,5 Prozentpunkten. Mehr Informationen zur Methodik von Civey finden Sie hier.
JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.