Nach der Brandkatastrophe im Flüchtlingslager Moria verschärft sich die Lage auf der griechischen Insel Lesbos weiter. Die Polizei ging am Samstag mit Tränengas gegen Migranten vor, die wegen ihrer verzweifelten Lage demonstrierten und Polizisten mit Steinen bewarfen.

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Am Tag vier nach dem Großbrand, der das Flüchtlingslager Moria auf Lesbos zerstört hat, bleibt die Situation auf der Insel angespannt und unübersichtlich. Dem griechischen Staatsradio zufolge konnten am Samstagnachmittag die ersten Migranten ein neues, provisorisches Zeltlager beziehen. Doch Tausende stehen weiterhin buchstäblich auf der Straße. Brandenburg hat Hilfslieferungen unter anderem von Feldbetten angekündigt. Österreichs Kanzler Sebastian Kurz lehnte unterdessen eine Aufnahme von Migranten erneut kategorisch ab.

Im Laufe des Samstags kam es auf Lesbos immer wieder zu spontanen Demonstrationen von Migranten und in der Folge auch zu Zusammenstößen mit der Polizei. Die Migranten warfen mit Steinen, die Polizei setzte Tränengas ein, wie Bilder im griechischen Fernsehen zeigten. Auch seien von den ehemaligen Lagerbewohnern entlang der Straße immer wieder Feuer entzündet worden, berichtete die griechische Nachrichtenagentur ANA-MPA. Inmitten der Auseinandersetzungen und ohne eine Chance, ausweichen zu können: Kinder, Familien mit Kleinkindern und alte Menschen.

Migranten sollen in provisorischem Lager untergebracht werden

Die Zusammenstöße spielen sich entlang jenes Straßenabschnitts ab, auf dem viele Migranten nach dem Brand gestrandet sind und der nun in beide Richtungen von der Polizei abgesperrt wurde. Die Beamten versuchen, die Menschen daran zu hindern, in die Inselhauptstadt Mytilini zu gelangen. Stattdessen sollen sie in einem neuen, provisorischen Zeltlager untergebracht werden, das seit Freitag auf einem ehemaligen militärischen Schießübungsplatz errichtet wird.

Die ersten Menschen sollen dort nun schon aufgenommen worden sein, berichtete das griechische Staatsradio. Sie würden registriert und sofort einem Corona-Schnelltest unterzogen. Vor dem Brand am Mittwoch waren bereits 35 Migranten positiv auf das Coronavirus getestet worden, im anschließenden Chaos konnten sie aber nicht mehr ausfindig gemacht werden. Die Insel-Onlinezeitung "Sto Nisi" berichtete, dass am Samstag ein 20 Tage altes Baby einer Migranten-Familie aus Afghanistan mit starken Symptomen im Inselkrankenhaus positiv auf Corona getestet und mit seiner Mutter nach Athen in ein Krankenhaus gebracht worden sei.

Österreichs Kanzler Kurz lehnt Aufnahme von Migranten ab

Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) kündigte am Samstag im RBB-Inforadio an, jeweils 500 Feldbetten, Schlafsäcke und Wolldecken sowie zehn Stromerzeuger nach Lesbos zu liefern. Zudem bleibe es bei der Zusage, dass über 40 Familien mit kranken Kindern nach Brandenburg kommen könnten, sagte Stübgen. Darüber hinaus seien die Möglichkeiten der Hilfe aber begrenzt.

Österreichs Kanzler Sebastian Kurz bekräftigte indes trotz politischen Drucks das Nein seiner Regierung zu einer Aufnahme von Menschen aus dem abgebrannten Lager. "Wenn wir diesem Druck jetzt nachgeben, dann riskieren wir, dass wir dieselben Fehler machen wie im Jahr 2015", sagte der konservative ÖVP-Politiker am Samstagmorgen in einer Videobotschaft auf Facebook. In der damaligen Flüchtlingskrise hätten die "schrecklichen" Bilder von Migranten am Bahnhof in Budapest dazu geführt, dass die europäische Politik dem Druck nachgegeben habe. Dann hätten sich mehr Menschen auf den Weg nach Mitteleuropa gemacht, erklärte Kurz.

Das Flüchtlingslager Moria war am Mittwoch nach Unruhen und Brandstiftungen fast völlig abgebrannt. Über Nacht wurden dadurch rund 12 000 Menschen obdachlos. Die Migranten wollen nicht in ein neues Lager gebracht werden, sondern weg von der Insel. Auch die Anwohner wehren sich gegen die Errichtung einer neuen Unterkunft.

(dpa/fra)

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