• Bei den Halbzeitwahlen ist der erwartete Sieg der Republikaner ausgeblieben.
  • Selbst konservative Medien sehen die Schuld bei Ex-Präsident Donald Trump.
  • Einige Republikaner fordern offen Konsequenzen.
Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Lukas Weyell sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

"Eine echte Diskussion" haben führende Republikaner im Kongress als Reaktion auf das bisherige Ergebnis der Halbzeitwahlen in den USA gefordert. Die Wahl war für die "Grand Old Party" (große alte Partei) enttäuschend verlaufen. Anders als zunächst erwartet, war die "Rote Welle" ausgeblieben, im Senat konnten die Demokraten ihre Mehrheit verteidigen, nach aktuellem Stand ist sogar noch möglich, dass sie einen Platz hinzugewinnen. Im Repräsentantenhaus könnte es noch zu einer republikanischen Mehrheit kommen, allerdings wäre die hauchdünn. Aufgrund der Meinungsunterschiede innerhalb der Fraktion könnten die Demokraten mit Abweichlern auch hier Mehrheiten für Gesetzesvorhaben des Präsidenten gewinnen.

Auf dem Papier ist das Ergebnis ein Unentschieden, aber wer die US-amerikanische Politik kennt, weiß: Es ist ein Sieg für die Demokraten und Joe Biden. Eigentlich ist es Gesetz, dass die Partei des amtierenden US-Präsidenten bei den Zwischenwahlen abgestraft wird. So war es die letzten Jahre immer gewesen, besonders dann, wenn wie jetzt die Wirtschaft lahmt und der Präsident unbeliebt ist.

Ex-Präsident Trump in der Kritik

Dass die Republikaner aus dieser Ausgangslage nicht mehr gemacht haben, wurmt die Abgeordneten der GOP, wie die "Grand Old Party" genannt wird. Als Sündenböcke werden die Parteiführer im Kongress, Mitch McConnell im Senat und Kevin McCarthy im Repräsentantenhaus, genannt. Die Kritik laut CNN: Sie hätten zu viel Geld im Wahlkampf in Staaten gesteckt, die sowieso schon den Republikanern zuneigten und zu wenig in die Kampagnen von Kandidaten in umkämpften Bundesstaaten.

Aber auch ein anderer erfährt ungekannt scharfen Gegenwind: Ex-Präsident Donald Trump ist ins Fadenkreuz seiner Partei und konservativer Medien geraten. Viele sehen in ihm den Schuldigen für das schlechte Ergebnis. Eine Rolle, die dem ehemaligen Superstar der Republikaner unbekannt ist. Schon kurz nachdem die ersten Ergebnisse der Wahl bekannt wurden und absehbar war, dass ein Erdrutsch-Sieg der Republikaner ausblieb, kommentierten auf "Fox News" Stars der Konservativen wie Laura Ingraham das Ergebnis als Niederlage, die auf Trumps Konto gehe.

"Der größte Loser der Republikanischen Partei"

Das "Wallstreet Journal", eine Zeitung des US-amerikanischen Medienmoguls Rupert Murdoch, dem auch "Fox News" gehört, erklärte in einem Leitartikel, Trump sei der "größte Loser der Republikanischen Partei". Zwar ist bereits seit längerem bekannt, dass Murdoch nicht besonders viel mit dem vulgären und großspurigen Reality-TV-Star Trump anfangen kann, aber bisher hielt er es mit dem Grundsatz "Business is Business". Und Trump war für viele konservative Medien gut fürs Geschäft. "Fox News" profitierte von Trump und Trump profitierte von "Fox News".

Die Beziehung der konservativen Medien und der Republikanischen Partei mit ihrem Ex-Präsidenten funktionierte aber nur so lange gut, so lange Trump lieferte. Und hierfür war die Annahme entscheidend, dass Trump die "Make America Great Again"-Bewegung, kurz MAGA, hinter sich wusste. Auch nach Trumps Abwahl war sein Einfluss innerhalb der Republikanischen Partei daher so groß, dass er bestimmen konnte, wer in den einzelnen Bundesstaaten für den Kongress kandidierte. Dabei war Loyalität wichtiger als Kompetenz. Wer die Lüge von der gestohlenen Wahl unterstützte, kam auf den Stimmzettel. Diese Praktik rächt sich nun. Gerade Trumps Kandidaten waren es, die in den einzelnen Bundesstaaten schlecht abgeschnitten haben.

Herausforderer Ron DeSantis?

Das sorgt auch innerhalb der eigenen Reihen für Unmut. Der scheidende Senator Pat Toomey von der Republikanischen Partei brachte es auf den Punkt: "Ich denke, meine Partei muss sich darüber klar werden, dass wir bei Wahlen nicht besonders gut dastehen, wenn wir die Treue zu Trump als oberstes Kriterium für die Auswahl der Kandidaten nehmen." Seiner Meinung nach wäre klar erkennbar, dass es vor allem Trumps Kandidaten seien, die den Republikanern die Wahl gekostet hätten. Die ungewöhnlich offene Kritik hat auch ihren Ursprung darin, dass die Partei eine mögliche Alternative zu Trump gefunden hat. Der Gouverneur von Florida, Ron DeSantis, konnte sein Amt trotz der schlechten Ergebnisse seiner Partei bei den Parlamentswahlen mit fast zwei Drittel der Stimmen verteidigen. Schon vorher wurde er als möglicher Kandidat bei den Vorwahlen der Republikaner für die Präsidentschaftswahlen 2024 gesehen. Sein Stern scheint aufzugehen, während ein anderer verglühen könnte.

Trump 2024?

Noch ist nicht absehbar, ob es sich um eine dauerhafte Entwicklung handelt oder nur einen zeitweisen Liebesentzug, der das Verhältnis zwischen dem Ex-Präsidenten, seiner Partei und konservativen Medien ergriffen hat. Schon nach dem Sturm auf das Kapitol im Januar 2021 waren einige Medien und republikanische Politiker auf Abstand zum Ex-Präsidenten gegangen, nur um sich später wieder auf seine Seite zu schlagen. Bisher galt der Leitspruch: Wer im rechten Spektrum Erfolg haben wollte, brauchte den Segen aus Mar-a-Lago, Trumps Domizil.

Dass aber nun gerade dieses Versprechen sich ins Gegenteil umgekehrt hat, könnte die Dynamik innerhalb der Republikanischen Partei grundlegend ändern. Keiner ist gerne auf der Seite des Verlierers. Einige politische Beobachter sehen daher einen grundlegenden Bruch zwischen dem Ex-Präsidenten und seiner Partei. Um es mit den Worten des konservativen und Republikaner-freundlichen "Wallstreet Journal" zu sagen: Donald Trump erklärte seiner Partei einmal, dass sie so viele Wahlen gewinnen werde, dass sie es leid sei zu gewinnen. Vielleicht sind die Republikaner es jetzt leid zu verlieren.

Verwendete Quellen:

  • Spiegel.de: Ende eines Teufelspakts
  • CNN.com: ‘We need to have a real discussion’: GOP leaders brace for tense talks after disappointing election results
  • Wallstreet Journal: Trump Is the Republican Party’s Biggest Loser
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