- In den USA weigern sich die Republikaner, der Erhöhung der Schuldenobergrenze zuzustimmen. Das rückt die Vereinigten Staaten immer näher an den Rand der Zahlungsunfähigkeit und droht, eine globale Finanzkrise auszulösen.
- Was würde dann passieren? Welche Auswirkungen gäbe es für Deutschland? Expertin Laura von Daniels schätzt die Lage ein.
Ein Streit zwischen Republikanern und Demokraten über die US-Schuldenobergrenze droht, eine globale Finanzkrise auszulösen: Die USA können schon jetzt keine neuen Schulden mehr aufnehmen, weil die Republikaner die Erhöhung der Grenze blockieren. Eigentlich handelt es sich dabei um einen formellen Schritt, radikale Kräfte innerhalb der Republikaner wollen einer Erhöhung der Grenze aber nur unter Auflagen zustimmen.
Sollte es dadurch zu einem Zahlungsausfall kommen, wäre die Situation in der US-Geschichte einmalig: Zwar gingen der Anhebung der Schuldenobergrenze immer wieder Streitigkeiten voraus, bislang wurde der Schritt aber immer vollzogen.
Einmalig in der US-Geschichte
"Die US-Schuldengrenze legt einen Maximum-Betrag fest, um den sich die Regierung verschulden darf. Damit werden Ausgaben finanziert, die bereits vom Kongress und der Regierung im letzten Haushaltsgesetz beschlossen wurden", erklärt Politikwissenschaftlerin Laura von Daniels im Gespräch mit unserer Redaktion.
Es gehe nicht darum, Neuverschuldungen vorzunehmen, sondern darum, das, was bereits beschlossen worden sei, über Schuldenaufnahme zu finanzieren. "Üblicherweise reicht dafür eine einfache Mehrheit im US-Repräsentantenhaus. Im Senat könnte eine 60-Stimmen-Mehrheit notwendig werden, um den sogenannten Filibuster zu verhindern: die Möglichkeit der Oppositionspartei (Republikaner), durch lange Redebeiträge eine Abstimmung über die Schuldengrenze zu verhindern", sagt von Daniels. Bisher hätten die Republikaner im Senat jedoch im Gegensatz zu ihren Kollegen im Repräsentantenhaus keine Anzeichen gegeben, einen Zahlungsausfall zu riskieren. "In der Geschichte der Vereinigten Staaten hat das bislang jedes Mal geklappt", erinnert die Expertin.
Häufig würde die Schuldenobergrenze mit der deutschen Schuldenbremse oder dem "Shutdown" in den USA verwechselt werden. Von Daniels erklärt die Unterschiede: "Ein Shutdown bedeutet, dass sich der Kongress auf kein Haushaltsgesetz einigen kann. Die Themen hängen zusammen, aber das ist eine andere Fragestellung."
Zahlungsausfall schon im Juni
Die deutsche Schuldenbremse sei im Grundgesetz verankert. "Sie setzt ein Ziel der maximalen Netto-Kreditaufnahme von 0,35 Prozent des Brutto-Inland-Produktes. Das ist ein ganz anderes Instrument, aber in beiden Fällen soll die langfristige Tragfähigkeit des Haushaltes gesichert werden", meint sie. Die deutsche Schuldenbremse kann jedoch nicht durch eine einfache Abstimmung im Bundestag gelockert werden, dafür braucht es eine Grundgesetzänderung.
US-Finanzministerin Janet Yellen hatte bereits vor knapp zwei Wochen mitgeteilt, dass der geltende Schuldendeckel erreicht sei und ihr Ministerium an die Reserven gehen müsse. "Ich fordere den Kongress auf, unverzüglich zu handeln, um das volle Vertrauen und die Kreditwürdigkeit der Vereinigten Staaten zu schützen", so Yellen damals. Eine Zahlungsunfähigkeit rückt damit in immer greifbarere Nähe.
Das Finanzministerium habe bereits "außerordentliche Maßnahmen" ergriffen, so die US-Finanzministerin. Konkret geht es um Investitionen in bestimmte öffentliche Pensionsfonds. Abwenden kann das einen Zahlungsausfall aber nicht, höchstens herauszögern bis Anfang Juni.
Kreditwürdigkeit beschädigt
"Wenn es dazu käme, wären die Konsequenzen zunächst innenpolitisch, hätten aber schnell globales Ausmaß", sagt von Daniels. Bei einem Zahlungsausfall könnten die USA einen Großteil ihrer Rechnungen nicht mehr begleichen – Millionen Amerikaner könnten ihren Arbeitsplatz verlieren. Die Schuldengrenze liegt bisher bei rund 31,4 Billionen Dollar.
"Als es 2011 unter Obama ein Gerangel um die Schuldenobergrenze gab, wurde erstmals in der Geschichte die Kreditwürdigkeit der USA herabgesenkt. Das hatte Auswirkungen auf die Märkte", sagt von Daniels. Auch nun dürfte ein Zahlungsausfall das Vertrauen in die Kreditwürdigkeit der weltgrößten Volkswirtschaft beschädigen.
Auswirkungen auf deutsche Märkte
"Die Weltwirtschaft und die Investoren wären völlig verunsichert und das hätte auch Auswirkungen auf unsere Märkte", ist sich die Expertin sicher. Die USA seien die wichtigste Wirtschaftsmacht der Welt, sodass mit spürbaren Effekten zu rechnen sei. "Die Finanzmärkte sind global verflochten, auch unsere Märkte könnten durcheinandergeraten", warnt sie.
Denn, wenn die USA einen Zahlungsausfall erlebten und Menschen ihre Gehälter nicht mehr ausgezahlt bekämen, würde das Auswirkungen auf die Nachfrage nach Importen haben. "Das sind keine guten Nachrichten für unsere Exportwirtschaft und die deutschen Unternehmen, die in den USA produzieren", sagt von Daniels.
Preisschwankungen bis Jobverlust
Die Blockade-Haltung der Republikaner könnte so die Erholung der Weltwirtschaft nach der Pandemie unterminieren. "Der innerpolitische und innerparteiliche Konflikt der Republikaner würde sich dann auf die ganze Welt auswirken", meint von Daniels. Preisschwankungen, leere Regale, Arbeitsplatzverluste, Aktien auf Talfahrt – all das könnten dann Konsequenzen sein.
Bis dahin sei aber noch Zeit. Es handele sich vor allem um eine kleine radikale Minderheit innerhalb der Republikaner, die die politischen Abläufe stören und torpedieren wolle. "Das hat man nicht zuletzt auch bei der Wahl des Speakers gesehen, bei der sich die Republikaner nach einem großen Kuhhandel gefügt haben", erinnert die Expertin. Wie radikal sie nun eingestellt seien und wie wichtig ihnen die Schuldenobergrenze im Vergleich zum Wohl ihres eigenen Landes sei, kann von Daniels aber nur schwer einschätzen.
"Präsident Biden hat angekündigt, ab April in engmaschigere Verhandlungen mit den Republikanern zu gehen", meint von Daniels. Bei einer Ansprache in Springfield im Bundesstaat Virginia am Donnerstag (26.) sagte er: "Ich werde nicht zulassen, dass irgendjemand das volle Vertrauen in die Kreditwürdigkeit der Vereinigten Staaten als Verhandlungsmasse benutzt".
Republikaner wollen Zugeständnisse erzwingen
Dass der radikale Teil der Republikaner überhaupt so viel mitmischt, hängt damit zusammen, dass die Republikaner bei den Zwischenwahlen im November die Mehrheit im Repräsentantenhaus zurückerobert haben, dem neu gewählten republikanischen Vorsitzenden der Parlamentskammer, Kevin McCarthy, aber zunächst die Mehrheit in der eigenen Partei fehlte. Er machte in der Folge Zugeständnisse an den äußersten rechten Flügel seiner Fraktion.
Zu den Bedingungen, unter denen die Republikaner einer Erhöhung der Schuldenobergrenze zustimmen wollen, zählen zum Beispiel Einsparungen im sozialen Bereich. Aus dem Weißen Haus hießt es warnend: "Ein Zahlungsausfall würde das Land unnötigerweise in ein wirtschaftliches Chaos, einen Zusammenbruch und eine Katastrophe stürzen und gleichzeitig unseren Konkurrenten wie China einen historischen Vorteil uns gegenüber verschaffen."
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