Wer in Berlin lebt - und nicht nur dort - fragt sich: Wann kommt der Verkehr endgültig zum Erliegen? Der sogenannte Verkehrsinfarkt zeigt sich tagein tagaus nicht nur in der Bundeshauptstadt in immer längeren Staus. Berlins Verkehrssenatorin will die Menschen jetzt dazu bewegen, ihre Autos abzuschaffen. Die Pläne dazu bleiben aber wage.

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Berlin ist nicht nur politisch Deutschlands Hauptstadt, sondern auch, was den Stillstand auf den Straßen angeht. Im Schnitt standen die Berliner im Jahr 2018 154 Stunden lang im Stau. Das sind sechs volle Tage, mehr als eine Arbeitswoche. Sechs Tage des Lebens, die sich die Menschen nur deshalb rauben, weil sie sich gegenseitig im Weg stehen. Nie gab es in Deutschland mehr Staus als im Jahre 2018.

Das kostet die Menschen aber nicht nur Geld und Arbeitszeit, sondern macht sie auch krank. Und Krankheit führt wiederum zu verkürzter Lebenszeit.

Autos abschaffen

Berlins parteilose Verkehrssenatorin Regine Günther setzt in einer Gesellschaft, die in den vergangenen beiden Jahrzenten ausgerechnet große und spritfressende Autos in verstopften Städten zu ihren bevorzugten Fortbewegungsmitteln erklärt hat, auf die Abschaffung des fahrbahren Untersatzes.

Sie setzt sich für alternative Fortbewegung ein und sagte in einer Rede zur Zukunft der Mobilität in Berlin: "Wir möchten, dass die Menschen ihr Auto abschaffen." Ein großes und hehres Ziel, dem die Freiheit der Selbstbestimmung in einem freien und demokratisch regierten Land entgegensteht.

Günther argumentiert laut einem Bericht des "Tagesspiegel", nicht jeder, der in einem Auto sitze, brauche auch eines. "Je weniger Autos auf der Straße, desto mehr Platz für jene, die wirklich auf das Auto angewiesen sind." Günther, die mit einem Mandat der Grünen im Senat sitzt, hat dabei vor allem Unternehmer im Blick. Diesen verursache das Stehen im Stau "massiven wirtschaftlichen Schaden."

Öffentlichen Personennahverkehr ausbauen

Der Verkehr des 21. Jahrhunderts, vor allem in Ballungsräumen, vertrage sich nicht mehr mit Mobilitätskonzepten aus dem Jahrhundert davor. Günther möchte 28 Milliarden Euro in die S- und U-Bahnen Berlins investieren und deren Kapazitäten der Beförderung bezüglich Raum und Zeit ausbauen. Denn: "Mehr Fahrzeuge verträgt Berlin nicht."

Dass es sich um einen Vorschlag in Berlin für Berlin handelt, bedeutet nicht, dass andere deutsche Großstädte wie Frankfurt, München, Köln, Stuttgart oder Hamburg keinen Handlungsbedarf hätten oder sähen.

Allen gemein sind nicht nur die Zeit und Geld fressenden Staus, sondern zudem die anhaltenden Diskussion und Rechtsstreits um den gesundheitsgefährdenden Diesel und dessen Verbannung aus den Großstädten. Günther plant auch deshalb, ab 2030 berlinweit nur noch Elektro-Busse im Einsatz zu haben. Die ersten Modelle nahm sie zu Jahresbeginn in Empfang. "Der Verbrennungsmotor hat ausgedient und wird sehr schnell ersetzt werden."

Wer Fahrrad fährt, verbrennt höchstens Kalorien. Um sie - und Fußgänger - künftig besser zu schützen, plädiert Günther für die Nachrüstung von Lkw mit sogenannten Abbiegeassistenten. "Fahrradtote durch rechtsabbiegende Lkw sind keine Unfälle mehr, es sind Standardsituationen."

Gefragt sind die Alternativen zum Auto

Um der Standardsituation Stau irgendwann beizukommen, muss Günther für die am Verkehr teilnehmenden Menschen vollwertige Alternativen zum Auto schaffen. Damit Günthers ambitioniertes Vorhaben in die Köpfe freier Bürger vordringt und aus Umdenken ein Umlenken werden kann.

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