Nach dem Willen der EU-Kommission sollen Mitgliedstaaten mehr Waffen, Panzerfahrzeuge und Schutzausrüstung bei europäischen Firmen kaufen. Laut Kommissionsvize Margrethe Vestager gilt das völlig unabhängig vom Ausgang der nächsten US-Präsidentschaftswahl im Herbst.

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Europa soll seine Rüstungsproduktion massiv ausbauen und damit unabhängiger von den USA werden. Das sieht eine lange erwartete Verteidigungsstrategie vor, die die EU-Kommission nun vorgestellt hat.

Deutlich mehr Waffen "Made in Europe" und eine stärkere Unabhängigkeit von internationalen Rüstungsproduzenten wie den USA und Südkorea sind Kern der neuen Strategie. "Wir müssen mehr Verantwortung für unsere eigene Sicherheit übernehmen", sagte EU-Vizekommissionspräsidentin Margrethe Vestager. Das gelte unabhängig vom Ausgang der US-Präsidentschaftswahl im November.

Dabei blieben die Europäer "voll und ganz der Nato treu", versicherte Vestager nach Kritik aus dem Bündnis an den Plänen. "Eine verbesserte Handlungsfähigkeit wird uns zu einem stärkeren Verbündeten machen."

Künftig soll deutlich mehr Geld für Rüstung in Europa ausgegeben werden

Der Gesetzvorschlag für ein Europäisches Verteidigigungsindustrie-Programm (European Defense Industry Programme, Edip) setzt den Mitgliedsländern deutlich höhere Zielmarken als bisher: Bis 2030 sollen demnach mindestens 50 Prozent der für die Beschaffung von Rüstungsgütern eingeplanten Mittel auf dem europäischen Binnenmarkt ausgegeben werden.

Derzeit fließen nach Angaben von Vestager knapp 80 Prozent der Mittel in Länder außerhalb der EU und allein 60 Prozent in die USA. "Das ist nicht mehr tragbar, wenn es überhaupt jemals tragbar war", sagte Vestager.

Bis 2035 sollen es maximal 60 Prozent sein. Bereits 2007 hatte sich die EU ein freiwilliges Ziel von 35 Prozent gesetzt, das ungeachtet des russischen Angriffskriegs in der Ukraine weit verfehlt wird.

Russlands Überfall habe die militärischen und industriellen Defizite der Europäer deutlich gemacht, heißt es in dem Papier zu der Verteidigungsstrategie. So solle ein künftiger Fokus darauf liegen, die Produktion von Drohnen auszubauen.

70 Prozent der Waffen für die Ukraine in den USA gekauft

Zu den Vorschlägen der Kommission gehören auch finanzielle Anreize. Wenn EU-Länder sich bei Rüstungsprojekten zusammentun, sollen sie bei den Mehrkosten entlastet werden. Ziel soll es sein, 40 Prozent der Ausrüstung bis 2030 in Zusammenarbeit zu beschaffen. Die Kommission will für die Pläne zunächst 1,5 Milliarden Euro aus dem EU-Haushalt mobilisieren.

Profitieren von den Plänen der Kommission soll nicht nur die EU, sondern auch die Ukraine. Sie soll quasi als Mitgliedstaat betrachtet werden, um gemeinsam mit anderen EU-Mitgliedstaaten militärische Ausrüstung zu beschaffen. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs hätten die EU-Länder 70 Prozent der an Kiew gelieferten Waffen in den USA gekauft, hieß es in Brüssel.

Über die Vorschläge der Kommission müssen nun die Regierungen der Mitgliedstaaten beraten. Ob sie Unterstützung erhalten, ist noch unklar. (afp/dpa/thp)

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