Am 4. Dezember ist es soweit: die längste Bundespräsidentenwahl der zweiten Republik hat ein Ende. Bis das Ergebnis am 5. Dezember feststehen wird, bemühen sich die beiden Kandidaten noch um jeden unentschlossenen Wähler. Während sich Alexander Van der Bellen und Norbert Hofer durch TV-Duelle, Weihnachtsmärkte und Straßenfeste kämpfen, machen auch die beiden Wahlkampfmanager mobil. Norbert Hofers Wahlkampfleiter Herbert Kickl (FPÖ) und der Kopf hinter der Kampagne von Alexander Van der Bellen, Lothar Lockl, waren am Dienstag live zu Gast im Studio der ORF-Sendung "Report."

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Sie hätten sich von ihren Kandidaten einiges abschauen können: Denn schon nach wenigen Minuten entflammte die moderierte Fragerunde zu einer Grundsatzdiskussion über die Dauerbrenner Öxit und Personenkomitees.

Imagewechsel Van der Bellen: "Er besinnt sich nur seiner Wurzeln"

In erster Linie ging es um Norbert Hofers Briefe an die Gemeinden. Darin wirbt der blaue Präsidentschaftskandidat um die Stimmen der Bürgermeister, lobt deren Einsatz und warnt gleichzeitig vor Van der Bellen. Kickl verteidigte die Aussendung so: "Hier geht es darum, die Arbeit der Gemeinden und die der Bürgermeister wertzuschätzen." Den Versuch ebenfalls ein Personenkomitee um Hofer aufzustellen, tat er als Unsinn ab und holte erneut zum Seitenhieb gegen Van der Bellens Unterstützer aus.

Ein Personenkomitee sei veraltete Politik: "Die Menschen wollen nicht, dass sich jemand hinstellt und ihnen erklärt, wen sie zu wählen haben." Es gäbe genügend Schützenhilfe für Hofer, nur: "Wir organisieren sie nicht." Lockl verteidigte die Personenkomitees: "Die Bewegung ist sehr breit. Da gehören auch Hausbesorger und Lehrlinge dazu. Ich finde das wunderschön."


Das eifrige Wettbuhlen um die Gunst der Bürgermeister zeigt eines: beiden Parteien geht es in den letzten Tagen vor der Wahl nur noch um die bürgerlichen Wähler. Gerade Van der Bellen hat hier eine enorme Wandlung hingelegt.

War der Universitätsprofessor zuvor kaum in Tracht und auf Zeltfesten anzutreffen, scheint es mittlerweile so, als sei kein Bierzelt mehr vor dem ehemaligen Grünenchef sicher. Die Gefahr einer Überzeichnung sieht Lockl dabei nicht: "Er besinnt sich seiner Wurzeln im Kaunertal." Der dortige Bürgermeister hätte ihm bereits die Unterstützung zugesagt, sagte Lockl und betonte die Wichtigkeit des Zusammenhalts: "Es zählt jede Stimme. Deshalb sind wir auch in kleinen Gemeinden aktiv."

Kickl zu Holocaust-Video: "Was ihr passiert ist, können wir nicht rückgängig machen."

Doch nicht nur auf Festen und unter freiem Himmel findet der Wahlkampf statt. Zunehmend verlagert er sich ins Internet. Das bekannteste Beispiel der vergangenen Tage: Das Video von der Holocaust-Überlebenden Gertrude. Die 89-Jährige unterstütze darin Van der Bellen und mahnte vor einer neuerlichen Verrohung der Gesellschaft.

Man solle das Video nicht überbewerten, sagte Kickl und führte aus: "Man muss Mitgefühl mit der Frau haben. Ich gestehe der Frau zu, dass es ihr Empfinden ist. Aber es ist was anderes die heutigen Zustände mit jenen in den 1940er Jahren gleichzusetzen. Unsere Verantwortung liegt im Hier und Jetzt. Was ihr passiert ist, können wir nicht mehr rückgängig machen."


Lockl plädierte für mehr Mitgefühl und stritt eine Inszenierung vehement ab: "Ich habe vor dieser Dame den größten Respekt. Sie hat sich an uns gewandt und es war eine schwierige Entscheidung für uns, ob wir es veröffentlichen sollen. Aber warum sollen wir jemandem, nur weil er 89 Jahre alt ist, das Wort verbieten?" Man führe schließlich einen positiven Wahlkampf.
Aber Wahlkampf hin oder her. Eine Frage beschäftigt wohl die meisten Österreicher: Kann es passieren, dass es zu einem dritten Wahldurchgang kommt? Wird angefochten werden? Nein, meinte Kickl: "Es wird keine Anfechtung geben. Es wird jene Wahl der zweiten Republik sein, die so überwacht ist, wie es noch nie der Fall war. Österreich kann es sich nicht erlauben, noch einmal zu versagen."

Innenministerium beauftragt externe Wahlberater

Doch wie sicher ist eine pannenfreie Wahl? Das Innenministerium setzt alles daran, alle Vorgaben und Gesetze zu hundert Prozent zu erfüllen. Mittlerweile werden intensive Schulungen für alle Wahlhelfer durchgeführt. Wie zum Beispiel in Leibnitz, wo die Korruptionsanwaltschaft gegen einige Beisitzer vom ersten Durchgang ermittelt. Einige sind beunruhigt.

Viele sind aber zur Info-Veranstaltung gekommen, um sich möglichst detailreich schulen zu lassen.
Sogar eine externe Agentur wurde extra vom Innenministerium beauftragt – angeblich für einen sechsstelligen Betrag. Mathias Vogl, Sektionschef im Innenministerium, dazu: "Es geht nicht darum, was die Beraterfirma besser kann. Sie bringt einen Außenblick in die Strukturen und Prozesse hinein."

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