• Eine Amtsübergabe zwischen zwei Präsidenten ist ein komplexer Prozess, an dem hunderte Beamte beteiligt sind.
  • In diesem Jahr wurde alles noch dadurch erschwert, dass die Regierung von Donald Trump zunächst die Kooperation verweigerte.

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Auch wenn Präsident Donald Trump weiterhin behauptet, die Wahl nicht verloren zu haben, kann das Team von Joe Biden mit dem Verfahren für eine geordnete Amtsübernahme beginnen. Nach der diesjährigen Präsidentenwahl lief bisher nichts wie gewohnt.

Ziel des seit Jahrzehnten eingespielten Verfahrens ist, dass es einen möglichst nahtlosen Übergang von einer Regierung zur nächsten gibt. Geregelt wird die Amtsübergabe ("Transition") von einem Gesetz aus dem Jahr 1963. Alle Behörden bereiten Unterlagen vor, die teils Hunderte Seiten lang sind. Zudem müssen die wichtigsten Mitarbeiter des neuen Präsidenten schon in der Übergangsphase die - teils aufwendigen - Überprüfungen durchlaufen, um die Erlaubnis zur Einsicht geheimer Informationen ("security clearance") zu bekommen.

Was passiert jetzt genau?

Bidens Mitarbeiter können sich mit Beamten von Ministerien und Behörden treffen und bekommen Zugang zur Regierungs-Infrastruktur. Sein Team bekommt die dafür vorgesehenen 6,3 Millionen Dollar für Gehälter und andere Ausgaben sowie den Zugang zu Büroräumen und E-Mail-Adressen der Regierung. Allein für das Verteidigungsministerium benannte Biden 23 Mitarbeiter. Insgesamt umfasst die Regierungsmannschaft mehrere Hundert Mitarbeiter. Zudem wird Biden nun auch die Briefings zur nationalen Sicherheit bekommen - und aktuell auch zur Entwicklung der Corona-Pandemie.

Warum bekam Biden so lange keinen Zugang?

Den Startschuss für das Transition-Verfahren gibt die Behörde GSA (General Services Administration), die für die Verwaltung des Staatsapparats zuständig ist. Üblicherweise ist es eine reine Formalität: Ein Kandidat gewinnt, der andere gesteht seine Niederlage ein, kurz darauf bekommt der Sieger einen Brief von der GSA, der ihm die Türen zur Regierungsinfrastruktur öffnet. Doch in diesem Jahr läuft nichts wie sonst. Trump weigerte sich, seine Niederlage anzuerkennen und lancierte Dutzende Klagen wegen angeblichen Wahlbetrugs. GSA-Chefin Emily Murphy, betonte zwar, sie handele eigenständig, sah sich aber in dieser Situation über zwei Wochen lang nicht in der Lage, Biden als wahrscheinlichen Wahlsieger einzustufen.

Wieso kann Bidens Team nun doch loslegen?

Die Luft für Trump wird immer dünner. Mehr als 30 seiner Klagen in mehreren Bundesstaaten wurden vor Gericht abgeschmettert. Darauf folgte die amtliche Bestätigung der Wahlergebnisse mit Bidens Sieg in umkämpften Bundesstaaten wie Pennsylvania, Georgia, Michigan und Nevada. Trump behauptet zwar weiterhin, dass er den Kampf nicht einstellen werde. Aber selbst fadenscheinige Argumente dafür, den Start des Verfahrens weiter hinauszuzögern, waren nicht mehr haltbar.

Wie schlimm ist die Verzögerung?

Die Wahl war am 3. November, zum Sieger der Wahl wurde Biden von US-Medien auf Basis ihrer Berechnungen am 7. November ausgerufen. Sein Team verlor also rund zwei Wochen Zeit, weil die GSA erst jetzt grünes Licht für das Amtsübergabe-Verfahren gegeben hat. Bidens Amtseinführung am 20. Januar ist zwar noch knapp zwei Monate entfernt. Aber es gibt auch viel zu tun. Die US-Geschichte hat auch eine Warnung parat. Im Jahr 2000 verkürzte die Hängepartie zwischen George W. Bush und Al Gore mit Neuauszählungen in Florida die Amtsübergabe um mehrere Wochen. Einige Geheimdienstexperten machten die dabei entstandenen Lücken mit dafür verantwortlich, dass die Terroranschläge vom 11. September 2001 nicht vereitelt wurden. Aufgrund der Verzögerung habe die Kommunikation zwischen den US-Sicherheitsbehörden nicht gut genug funktioniert.

Wie reagierte Biden auf die Verzögerung?

Der künftige Präsident behalf sich selbst und bekam Briefings von früheren Regierungsmitarbeitern - auch von welchen aus der Trump-Ära. Über die Corona-Lage ließ er sich von Gesundheitsexperten informieren. Allerdings durfte zum Beispiel der renommierte Immunologe Anthony Fauci als Staatsbediensteter nicht darunter sein. Für die Finanzierung des Übergangsverfahrens sammelte Biden Spenden. Darüber, was jetzt mit diesem Geld passiert, gab es zunächst keine Angaben.

Welche Rolle spielt jetzt noch Trump?

Der Amtsinhaber ist Präsident bis zum Mittag des 20. Januar. Egal, wie kampflustig er sich zeigt - spätestens seit offensichtlich wurde, dass seine Anwälte keine Belege für Wahlfälschungen vorlegen können, war klar, dass er dann das Weiße Haus räumen muss. Einige politische Beobachter in Washington rechnen damit, dass er nie seine Niederlage gegen Biden öffentlich einräumt. Eine populäre Theorie ist auch, dass Trump für Weihnachten in sein Hotel Mar-a-Lago nach Florida zurückfliegt - und gar nicht nach Washington zurückkehrt, so dass er auch der Amtseinführungszeremonie fernbleibt. Biden das Leben schwer machen kann er unter anderem dadurch, dass er politische Fakten schafft, die den Spielraum des nächsten Präsidenten einengen. Dazu zählt etwa der weitreichende Truppenabzug aus Afghanistan. (Andrej Sokolow/dpa/ash)

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