- Ein hoher Konsum zuckerhaltiger Softdrinks ist ungesund und fördert Krankheiten wie Diabetes.
- Die Zuckersteuer kann dabei helfen, Hersteller zu motivieren, den Zuckergehalt ihrer Produkte zu senken.
- Für die Förderung einer gesunden Ernährung sind allerdings weitreichende Maßnahmen notwendig.
In Deutschland sind zwei Drittel der Männer und die Hälfte der Frauen übergewichtig. Bereits jeder fünfte Jugendliche ist laut einer WHO-Studie zu dick, jeder sechste trinkt täglich zuckerhaltige Getränke. Doch ein übermäßiger Konsum an Zucker ist ungesund.
Aktuelle Studien zeigen, dass bereits handelsübliche Mengen an Frucht- und Haushaltszucker in Softdrinks die körpereigene Fettproduktion in der Leber verdoppeln können. Dies begünstigt langfristig eine Diabetes- oder Fettleber-Erkrankung. Jetzt ist die Politik gefragt, mit einem umfassenden Maßnahmenpaket die Folgen einer ungesunden Ernährung einzudämmen. Eine Zuckersteuer wäre ein wichtiges Instrument dafür.
Hoher Zuckerkonsum ist ungesund
Im Rahmen einer ausgewogenen und gesunden Ernährung empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation (WHO), den täglichen Zuckerkonsum auf maximal 50 Gramm zu reduzieren. Welche Auswirkungen der regelmäßige Genuss von gezuckerten Getränken auf den Körper hat, zeigt eine aktuelle Studie aus Zürich.
Bei den Teilnehmern, die sieben Wochen lang gesüßte Getränke konsumierten und zusätzlich zur normalen Ernährung 80 Gramm Zucker aufnahmen, war die körpereigene Fettproduktion in der Leber doppelt so hoch wie bei der Kontrollgruppe. Auch der häufig für gesund erklärte Traubenzucker rief eine deutliche Steigerung der Fettsynthese hervor.
Das ist problematisch, da diese Fette in die Leber eingelagert werden und mittelfristig zu ihrer Verfettung führen. Es drohen Folgeerkrankungen wie Adipositas, Typ-2-Diabetes oder Fettleber.
Zuckersteuer wirkt in anderen Ländern
Die Studie zeigt, dass bereits 80 Gramm zusätzlicher Zucker gesundheitliche Probleme verursachen können. "Doch das steht in keinem Verhältnis zur Realität. In einem Liter Cola sind im Durchschnitt bereits mehr als 90 Gramm Zucker enthalten", sagt Barbara Bitzer, Geschäftsführerin der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG). "Es ist völlig unverständlich, dass Deutschland diese Erkenntnisse mit Rücksicht auf die Lebensmittelindustrie bewusst ignoriert und lediglich auf eine freiwillige Zuckerreduktion setzt."
Andere Länder sind bereits weiter und haben eine Zuckersteuer eingeführt. Beispiele sind Frankreich, Finnland, Irland und Norwegen, aber auch Mexiko, Südafrika oder die Vereinigten Arabischen Emirate. "In Großbritannien gelang es beispielsweise mit einer Steuer auf Getränke, die den Grenzwert von 5 Gramm Zucker je 100 ml überschreiten, den Zuckergehalt in Softdrinks binnen zwei Jahren um durchschnittlich 34 Prozent zu senken", erläutert Bitzer.
Der pro Haushalt gekaufte Zucker konnte so zudem um fast 10 Prozent gesenkt werden. "Solche Beispiele zeigen, dass eine Softdrinksteuer nach britischem Vorbild wirkt."
Wann kommt die Steuer in Deutschland?
Die Zuckersteuer in Großbritannien führte dazu, dass die Hersteller den Zuckergehalt ihrer Getränke reduziert haben. In Deutschland sieht das noch anders aus. Hier einigten sich Lebensmittelhersteller und Bundesregierung 2018 lediglich auf eine freiwillige Reduktion von Zuckergehalten in Fertigprodukten.
Tests zufolge enthalten jedoch viele Produkte immer noch mehr Zucker als die WHO empfiehlt. "Im direkten Vergleich hat beispielsweise eine Fanta Orange in Großbritannien 4,6 Gramm Zucker pro 100 Milliliter und eine in Deutschland 7,6 Gramm Zucker pro 100 Milliliter", erklärt Carolin Krieger, Referentin für Ernährungspolitik bei der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. "Das ist ein ziemlich großer Unterschied."
In Deutschland gab es bereits eine Zuckersteuer, diese wurde im Hinblick auf den EG-Binnenmarkt zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen 1993 wieder abgeschafft. Das Europarecht stünde einer erneuten Einführung der Zuckersteuer nicht entgegen.
"Konkrete Pläne der Bundesregierung für eine Zucker- oder Softdrinksteuer gibt es bislang nicht", weiß Carolin Krieger. "Aber es gibt eine intensive Debatte darüber, Gesundheits- und Ärzteverbände fordern das schon länger." Auch die WHO empfiehlt, insbesondere Süßgetränke mit Abgaben und Steuern zu belegen.
Ansatz aus Großbritannien auch für Deutschland geeignet
In anderen Ländern hat die Zuckersteuer zu steigenden Produktpreisen geführt. In der Folge gingen die Käufe zurück, außerdem haben viele Hersteller den Zuckergehalt reduziert. Die Zuckersteuer wirkt daher bei Produzenten und Konsumenten. Auch viele Verbraucher wünschen sich eine Ernährung mit weniger Zucker.
"Über 80 Prozent sagen, sie fänden es gut, wenn in Fertigprodukten weniger Zucker enthalten wäre, auch wenn diese dann weniger süß schmecken würden", betont Carolin Krieger. Seit Einführung der nationalen Reduktionsstrategie für weniger Zucker, Fett und Salz in Fertiglebensmitteln ist allerdings zu wenig passiert. "Die neue Bundesregierung muss deshalb unbedingt ambitioniertere Ziele setzen, um den Zuckergehalt in Fertiglebensmitteln und vor allem in Getränken schneller zu reduzieren."
Ein Beispiel wäre eine Zuckersteuer nach britischem Vorbild. Dort müssen Hersteller eine Abgabe auf ihre Getränke zahlen, wenn diese mehr als 5 Gramm Zucker pro 100 Milliliter enthalten. "Das ist ein Ansatz, den man sich aus unserer Sicht auch für Deutschland anschauen sollte, denn er hat in Großbritannien zu einer deutlichen Absenkung des Zuckergehaltes in Süßgetränken geführt", betont die Expertin. "Das ist gut, kann aber nur ein Element einer wirksamen Politik für gesündere Ernährung sein. Ebenso wichtig sind beispielsweise die verpflichtende Einführung der Nährwertampel Nutri-Score in Europa und eine Beschränkung des an Kinder gerichteten Lebensmittelmarketings."
Verwendete Quellen:
- Interview mit Carolin Krieger, Referentin Ernährungspolitik bei der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (24.6.2021)
- Deutschen Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK): "Häufiger Konsum von gezuckerten Getränken fördert Übergewicht und Fettleber".
- Kinder und Jugendärzte im Netz: "WHO-Studie: Jeder fünfte Jugendliche in Deutschland ist zu dick".
- Studie aus Zürich: "Fructose- and sucrose- but not glucose-sweetened beverages promote hepatic de novo lipogenesis: A randomized controlled trial".
- Deutsche Diabetes Gesellschaft: "Zuckersteuer wäre binnen zwei Jahren machbar"
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