Berlin - Ein Stelldichein der internationalen Filmwelt gibt sich zwischen 13. und 23. Februar auf der Berlinale die Ehre. Doch was wären die Internationalen Filmfestspiele in der deutschen Hauptstadt ohne eine deftige Portion an Skandalen und Reibereien? Eine Auswahl aus 75 Jahren:
1961: Die "Busen-Berlinale"
Die elfte Ausgabe des Filmfests 1961 geht unter dem Label "Busen-Berlinale" in die Geschichte ein. Hollywoodstar Jayne Mansfield zeigt schon auf dem roten Teppich ihr tiefes Dekolleté. Auf einer wilden Party dann platzt der Schauspielerin vor versammelter Fotografenschar das Kleid.
1970: Der Abbruch-Skandal
Erstmals wird der Wettbewerb abgebrochen. Sogar die Zukunft der Berlinale steht infrage. Auslöser ist der Film "o.k." des deutschen Regisseurs Michael Verhoeven über die Vergewaltigung eines Mädchens durch US-Soldaten. Das erhitzt zu Zeiten des Vietnamkriegs nicht nur in der Jury die Gemüter.
1976: Die Zensur-Debatte
Wegen Pornografie-Verdachts beschlagnahmt die Polizei den Film "Ai No Corrida" (deutsch: "Im Reich der Sinne") des Japaners Nagisa Oshima über die Geschichte eines einander sexuell verfallenen Paares. Die Aufführung wird verboten. Unter einem Tarn-Titel wird der Film heimlich dennoch gezeigt.
1979: Rückzug der sozialistischen Länder
Die sozialistischen Staaten verlassen protestierend das Festival. Grund ist der amerikanische Vietnam-Kriegsfilm "The Deer Hunter - Die durch die Hölle gehen" mit Robert De Niro. Die Ostblock-Delegationen sehen in dem mehrfach oscarprämierten Film von Michael Cimino das vietnamesische Volk beleidigt. Das Festival wird mit den restlichen Teilnehmerländern fortgesetzt.
1986: Die Jury-Präsidentin ächzt
Jury-Präsidentin Gina Lollobrigida versucht vergeblich, die Auszeichnung des RAF-Films "Stammheim" von Reinhard Hauff mit dem Goldenen Bären zu verhindern, den sie öffentlich als "lousy film" - miesen Film - bezeichnet. "Ich war gegen diesen Film", sagt sie bei der Verleihung. Eigentlich dürfen Jury-Mitglieder keine Informationen über interne Diskussionen nach außen tragen.
![Berlinale 1961 - Jayne Mansfield](https://i0.web.de/image/168/40657168,pd=1,f=content-l/berlinale-1961-jayne-mansfield.jpg)
2001: Explizite Intimität
Mit der Verleihung des Goldenen Bären an das provozierende Erotik-Drama "Intimacy" des Franzosen Patrice Chéreau beweist die Jury Mut. Wegen seiner teils drastischen Sex-Szenen ist der Film umstritten. Festivalchef Moritz de Hadeln kontert: "Pornografie? Wo leben wir denn? Die Berlinale ist nicht der Vatikan."
2020: NS-Verstrickungen aufgedeckt
Das Festival wird mit NS-Vorwürfen gegen seinen ersten Leiter Alfred Bauer (1951 bis 1976) konfrontiert. Eine historische Untersuchung findet später heraus, dass das NSDAP-Mitglied durch seine Tätigkeit bei der Reichsfilmintendanz einen nicht unwesentlichen Beitrag zum Funktionieren des deutschen Filmwesens während der NS-Diktatur geleistet hat. Der nach ihm benannte Preis wird ausgesetzt und in nachfolgenden Festivals stattdessen der Silberne Bär Preis der Jury verliehen.
2024: Antisemitismus-Vorwürfe
Vor dem Hintergrund des Gaza-Kriegs spricht der israelische Filmemacher Yuval Abraham, der zusammen mit dem Palästinenser Basel Adra für den Dokumentarfilm "No Other Land" über die Siedlungspolitik in der West-Bank ausgezeichnet wird, auf der Berlinale-Gala von einer "Situation der Apartheid", im Saal gibt es Applaus.
Den Filmemachern wird nachträglich eine einseitige Positionierung im Nahost-Konflikt und teils auch Antisemitismus vorgeworfen, weil sie das terroristische Massaker der Hamas an Israelis vom 7. Oktober 2023 unerwähnt lassen. Die Berlinale-Leitung distanziert sich in der Folge von den Preisträgern. © Deutsche Presse-Agentur
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