Disney legt sich wirklich ins Zeug: Keine sechs Monate nach "Die letzten Jedi" erscheint mit "Solo: A Star Wars Story" neuer Stoff für die Abhängigen. Wirklich überzeugen kann dieses Spin-off leider nicht - was aber nicht am smarten Schmuggler liegt.
Auf dem Papier liest es sich wie der perfekte Plan: Ein Film über die Jugend der wohl beliebtesten "Star Wars"-Figur - das muss doch was werden!
Denn geben nicht auch bei Comic-Helden die Entstehungsgeschichten den besten Stoff her? Und fragen wir uns nicht alle seit 40 Jahren, wie der charmant-arrogante Han Solo und der krächzbrüllende Wookiee Chewbacca beste Freunde werden konnten? Und wie der legendäre Falke in den Besitz des Schmugglers gekommen ist?
Dazu hatten die Macher die luxuriöse Ausgangslage, dass sie tatsächlich ihrer Fantasie freien Lauf lassen konnten. Es war so wenig von Hans Vorgeschichte bekannt, dass man sich für seine Jugendgeschichte tatsächlich die wildesten Geschichten hätte ausdenken können.
Was kann also schiefgehen? Erschreckend viel! Ärgerlich ist vor allem, dass eine der interessantesten Figuren der Saga nur einen Film nach Schema F spendiert bekommt und die wenigen Anknüpfungspunkte an "Krieg der Sterne" ziemlich verhauen werden.
Worum geht’s?
Han zunächst-noch-nicht-Solo (
Sodann schließt er sich dem Schmuggler Beckett (
Kann der junge Han Solo überzeugen?
Kann er! Für diese Casting-Entscheidung können sich die Macher wirklich auf die Schulter klopfen. Alden Ehrenreich trifft den Charme des jungen Harrison Ford bis in die Spitze jeder einzelnen perfekt sitzenden Haarlocke.
Und was ihm an Tiefe und Charakter fehlt, holen seine Kollegen um ein Vielfaches wieder rein.
Woody Harrelson ("Natural Born Killers", "Die Tribute von Panem"), Thandie Newton ("Westworld") und vor allem Paul Bettany ("Avengers") sind ein Ensemble, das jeden Film trägt.
Donald Glover, mit seinem musikalischen Alter Ego Childish Gambino und dem Video "This is America" ohnehin Mann der Stunde, verleiht dem jungen Lando Calrissian die genau richtige Mischung aus Symphatie und Arroganz.
Einzig Emilia Clarke fällt durch ihr schauspielerisches Minustalent auf. Ja, ihr Lachen ist einfach mitreißend, ihre Augenbrauen tun dauernd lustige Dinge und ihre Mimik macht sie supersymphathisch – aber einer Rolle Glaubwürdigkeit zu verleihen, ist ihre Sache nicht.
Was ist dann das Problem von "Solo: A Star Wars Story?"
Wirklich schlecht ist "Solo" zu keinem Zeitpunkt. Doch die mangelnde Originalität und der fehlende Mut, ausgetretene Pfade zu verlassen, machen dem erwachsenen Zuschauer zu schaffen.
Da war das letzte Spin-off "Rogue One: A Star Wars Story" doch wesentlich spannender und origineller. Dort wie hier haben wir den menschelnden Druiden - frei nach C3-PO -, der für einen Großteil des Humors während des Films und im Nachgang auch für den Umsatz in den Spielzeug-Abteilungen verantwortlich zeichnet.
Doch war der chronisch übellaunige K-2SO noch ein echter Typ, ist L3-37 die Blaupause einer Nervensäge mit übertrieben hüftschwingendem Gang. Und der arme Lando Calrissian muss sich und uns eine so aufgesetzt quietschige Abschiedsszene antun, dass man vor Fremdscham ein paar Zentimeter tiefer in den Kinosessel rutscht.
Überhaupt ist es extrem ärgerlich, dass andauernd mit dem Zaunpfahl gewinkt wird. Eine Anspielung auf "Krieg der Sterne"? Ta daaaa – schnell ein paar Fanfaren, damit es auch ja jeder mitbekommt. Kein Easter Egg, keinen witzigen Spruch darf der Zuschauer allein entdecken.
Schauen oder lassen?
Sind Sie 12 Jahre alt? Haben Sie von der Darth-Vader-Kaffeetasse bis zur "Leia im goldenen Bikini"-Kunstharzfigur alles aus dem "Star Wars"-Universum daheim? Dann geht der Kinobesuch schon in Ordnung.
"Solo" ist durchaus unterhaltsam, zu keinem Zeitpunkt ein wirklich schlechter Film und vor allem für jüngere Kinogänger sicher ein Spaß.
Alte Hasen dürfen ausnahmsweise auch mal schwänzen und sich auf die DVD freuen.
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