Verliebte Kommissarin unter verliebten Teenagern: Karin Gorniaks letzter Fall führt sie mitten hinein ins "Herz der Dunkelheit".

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Iris Alanyali dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Leonie Winkler steht vor einer Wand aus Angst, Abwehr und Feindseligkeit. Die Kommissarin auf der einen Seite, eine versammelte Schar Teenager auf der anderen. Es ist das Haus von Maya. Ihre Eltern sind verreist, da hat die Abiturientin ihre Klasse zu einer wilden Party eingeladen. Drogen, Alkohol, Sex – alles lief bestens, bis Marlin seinen Kumpel Janusz tot im Poolhaus gesehen haben will.

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Völlig zugedröhnt rief Marlin (Max Wolter) die Polizei an und wurde daraufhin von Kevin (Filip Schnack) und Khaleb (Leander Lesotho) durch den Garten gejagt. Jetzt ist Marlin tot, von einem Lkw angefahren, und von Janusz gibt es keine Spur. Die Fragen der Kommissarin prallen an den starren Blicken der Partygäste ab. Also müssen alle mit.

Kommissar Schnabel kämpft gegen das Schweigen der Jugendlichen

Auf dem Kommissariat sieht es aus wie auf dem Pausenhof. Teenager am Telefon, Teenager in Tränen. Einige knabbern an ihren Fingernägeln, andere umarmen sich. "Irgendwer muss doch wissen, wo Janu ist!", ruft seine Mutter verzweifelt. "Das sind doch seine Freunde!" Niemand antwortet. Kommissariatsleiter Peter Michael Schnabel (Martin Brambach) kann es nicht fassen. Wie ein strenger Oberstudienrat alter Schule kommandiert er: Alle mal kurz raus an die Luft, was essen, sich frisch machen. "Dann fangen wir mit den Vernehmungen an." Zackzack. Aber mit Zackzack kommt man bei dieser Gruppe nicht weiter.

Ob und wie man bei dieser Gruppe weiterkommt, davon handelt "Herz der Dunkelheit". Regisseurin Claudia Garde, die mit Ben von Rönne auch das Drehbuch geschrieben hat, dringt tief in die Dunkelheit der Teenagerherzen ein. So wenig die Jugendlichen auch sagen wollen – in einem sind sie sich alle einig: Janusz (Louis Wagenbrenner) war das Zentrum der Clique. Alle lieben Janusz, und Janusz steht auf alle. Es finden sich Videos, Fotos, Zeichnungen – alle scheinen mal etwas mit ihm gehabt zu haben, und er hat mit allen gespielt. Und diese Schar soll nicht wissen, wo ihr Star ist?

Abhängigkeit und Bewunderung, Lügen, Neid, Eifersucht – eine volle Breitseite jugendlicher Leidenschaft scheint auf der Party zu einer Katastrophe geführt zu haben. Doch die Konfrontation mit der nüchternen Welt der Erwachsenen schweißt die Clique zusammen. Während Kommissarin Leonie Winkler (Cornelia Gröschel) gewissenhaft ermittelt, ist Chef Schnabel ganz kopfschüttelnder Boomer. Sehr weit kommen beide erst einmal nicht. Schuld und Hilflosigkeit mögen die Jugendlichen nach innen lähmen, nach außen schützen sie sich mit einem Panzer aus Gehässigkeit.

Karin Gorniak wird zur persönlichen Ermittlerin

Da kommt Karin Gorniak ins Spiel, quasi als Rammbock. Es ist der vorerst letzte Dresdner "Tatort" mit Karin Hanczewski als Kommissarin Gorniak, und sie wird mitten hineingeschmissen in die Dunkelheit. Denn einer der Teenager ist Romy (Charlotte Krause), die Tochter von Karin Gorniaks neuer Liebe Paul Brahms (Hannes Wegener). Romy behauptet, sie habe von einem Streit auf der Party nichts mitbekommen, weil sie früh nach Hause gegangen sei. Aber Karin hat bei Paul übernachtet und ist davon überzeugt, dass seine Tochter lügt.

Romys Mutter ist seit vier Jahren tot, und Romy hält nicht viel von der neuen Beziehung des Vaters. Umso stärker konzentriert sich Karin Gorniak auf das Mädchen. Benimmt sich, wie die neue Freundin eines Vaters sich benimmt, die unbedingt das Vertrauen der Tochter gewinnen will. Unbeholfen, übertrieben, falsch. Nur ist Karin Gorniak eben auch die Ermittlerin in einem potentiellen Mordfall. Sie benimmt sich also völlig unprofessionell. Ein bisschen wie ein Teenager, könnte man sagen.

"Herz der Dunkelheit" gewinnt durch die Leidenschaft der Jugendlichen

Die geballte Ladung an Gefühlen macht "Herz der Dunkelheit" zu einem mitreißenden Drama – verzweifelt gehütete Geheimnisse und emotionale Verstrickungen sind schließlich feinster Krimistoff, der hier dank des Sturms und Drangs der Jugendlichen noch einmal an Intensität gewinnt.

Wenn da nur die absurd unprofessionellen Ermittlungen Karin Gorniaks nicht wären. Benähme sich eine erfahrene Ermittlerin derart dämlich? Macht Liebe wirklich so blind?

Und dann ist da diese schicke Clique. Alle jungen Darsteller beeindrucken und sind schauspielerisch absolut überzeugend, werden aber drapiert wie für den Werbespot einer Modefirma. Zöpfe, Beanies, Feinripp, dazu noch das obligatorische Skateboard – der Übergang vom "Tatort" zu einem Streetwear-Werbeclip könnte fließender nicht sein. Das nimmt dem Film viel von der angestrebten rauen Emotionalität und Unmittelbarkeit.

Karin Gorniaks vorerst letzter Fall ist sehenswert – nur wird die Dunkelheit der Herzen in diesem "Tatort" ein bisschen zu sorgfältig erschaffen, zu elegant ausgeleuchtet.

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