Hochzeiten liegen im Trend - und das, obwohl mehr als ein Drittel aller Ehen geschieden wird. Eine Heirat scheint nicht nur die Liebe, sondern auch das gemeinsame Vermögen fest zu verankern. Dient sie nur als Sicherheitsnetz?
"Das Kleid war viel zu schlicht, der Saal nicht genügend dekoriert", urteil Candy über die Hochzeitszeremonie ihrer Kontrahentin Judy. Im US-Serienimport "Die pefekte Hochzeit" (täglich auf sixx) kämpfen jede Folge vier Bräute um die höchste Punktzahl und verwandeln ihr Treuegelöbnis in eine Real-Life-Seifenoper. Denn nur die schönste Feier gewinnt.
TV-Formate rund um das Thema "Trauung" erfreuen sich genauso großer Beliebtheit wie Vermählungs-Blogs. Zwar wird mittlerweile mehr als jede dritte Ehe geschieden, in ist Heiraten trotzdem. Ein gesamter Industriezweig nimmt sich dem Ereignis an: Hochzeiten werden zu durchgestylten Events. Vor allem bei jungen Menschen hat heiraten derzeit Hochkonjunktur, wie Ulrike Zartler, Universitätsassistentin am Soziologischen Institut der Universität Wien, bestätigt: "Medienangebote wie 'Der Wedding Planner' romantisieren die Partnerbeziehung und tragen zur Popularität der Ehe bei."
Finanzielle Vorteile spielen eine Rolle
Freilich ist die Chance, mit der eigenen Hochzeit ins Fernsehen zu kommen, kein triftiger Grund, sich für eine Ehe zu entscheiden. Diente eine Hochzeit in den 1950er- und 1960er-Jahren noch als einzige gesellschaftlich akzeptierte Möglichkeit, das Elternhaus zu verlassen, entscheiden Männer und vor allem auch die Frauen heute in der Regel selbstständig, wie sie ihr Leben führen möchten. Nötig ist eine Heirat also nicht.
"Auf der einen Seite sehen wir, dass Ehen aus emotionale Aspekten heraus geschlossen werden, andererseits spielen aber auch ganz klar finanzielle, wirtschaftliche Vorteile dabei eine Rolle", erklärt Zartler. Ihrer Ansicht nach steht der Sicherheitsgedanke bei einer Ehe aber nicht im Vordergrund. Oft gehe es beim Heiraten vor allem darum, sich einen Traum zu erfüllen. "Bei den meisten Menschen liegt der Wunsch nach einer befriedigenden Beziehung ganz weit vorne", sagt die Familiensoziologin. Auch die Zahl der nichtehelichen Partnerschaften sei in den vergangenen Jahrzehnten gestiegen.
Laut der Österreichischen Jugend-Wertestudie möchten aktuell mehr als drei Viertel der 14- bis 24-Jährigen später zumindest standesamtlich heiraten. "Vor allem Scheidungskinder wollen dann alles besser machen als die Eltern", sagt Zartler. Wie viele ihr Vorhaben in die Tat umsetzen, lässt sich kaum abschätzen. Österreichische Frauen heiraten gemäß Statistik Austria im Durchschnitt das erste Mal mit rund 30 Jahren, Männer mit 32. In den 1990er-Jahren sagten Frauen noch mit 24 Jahren und Männer mit 27 Jahren das erste Mal "Ja". "Man muss allerdings hierbei auch die unterschiedlichen Gruppen anschauen", betont die Familiensoziologin. "Einwohner mit Migrationshintergrund heiraten tendenziell früher, Paare mit österreichischen Wurzeln eher später. Zuerst wollen viele die Ausbildung abschließen." Die Altersgrenzen sind beim Bund fürs Leben nach oben offen: Im Jahr 2013 tauschten ein 92-jähriger Mann und eine 79-jährige Frau die Ringe.
Für viele Paare mittleren Alters ist es nicht mehr der erste Anlauf. "Wir sehen, dass es immer häufiger zu einer Zweit- und Drittehe kommt", sagt Zartler. Nachfolgende Ehen seien jedoch häufig weniger stabil als Erstehen. Festgefahrene Verhaltensmuster, die ein Partner von Beziehung zu Beziehung weiterträgt, können dazu beitragen.
Forschungsergebnisse legen nahe, dass auch Kinder mit geschiedenen Eltern später ein größeres Scheidungsrisiko haben. "Scheidungskinder bekommen heute vorgelebt, dass ein Elternteil auch ohne Partner selbstständig sein kann", führt Zartler aus." Das nimmt der Scheidung den Schrecken." Zudem bekommen Kinder geschiedener Eltern demnach oft kein funktionierendes Partnerschaftsmodell vorgelebt, sodass ihnen gewisse Beziehungskompetenzen fehlen.
In Österreich kletterte die Gesamtscheidungsrate von rund 27 Prozent im Jahr 1981 auf 40 Prozent im Jahr 2013. Aber auch die Ehedauer hat sich verändert: Im Schnitt wird eine gescheiterte Ehe heute nach zehn Jahren geschieden, in den 1980er-Jahren waren es sieben Jahre. "Dauer und Qualität hängen aber nicht unbedingt zusammen", mahnt Familiensoziologin Zartler. "Auch unglückliche Partnerschaften können lange dauern". Dann doch lieber heiraten und glücklich sein!
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