2013 trat Heino auf, in diesem Jahr sollte Otto in Wacken auf der Bühne stehen. Das ärgert vor allem alteingesessene Fans des Heavy-Metal-Festivals. Zu groß und zu Mainstream, lautet die Kritik.

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Es ist ein kleiner Rasensprenger, der in diesem Jahr für das typische Wacken-Gefühl sorgt. Binnen Minuten bildet sich eine rund fünf Meter große Schlammfläche, die ersten Besucher werfen sich beinahe sehnsüchtig in den kühlenden Matsch und reiben sich gegenseitig ein. Eigentlich hat das Festival den Ruf, eine einzige Schlammschlacht zu sein. In Wacken regne es immer, heißt es. Die Veranstalter sehen das anders: Nur weil das Wetter in den vergangenen drei Jahren schlecht war, sei dies nicht der Normalzustand, sagt Sprecher Gunnar Sauermann.

Wegen dieser drei Jahre sei das Heavy-Metal-Festival 2018 erst wenige Wochen vor Beginn ausverkauft gewesen. Es gab Jahre, da waren bereits 24 Stunden nach Verkaufsstart keine Karten mehr zu haben. Auch wenn das dieses Mal nicht gelungen ist, streitet kaum mehr einer ab, dass das 1990 beschaulich mit 800 Besuchern auf einem kleinen Acker gestartete Ereignis längst Mainstream geworden ist.

"Festivaltouristen sollen bleiben, wo sie sind"

Für viele Menschen habe Wacken seit Jahren einen festen Platz in der Sommerplanung, sagt der Redaktionsleiter des Musikmagazins "Metal Hammer", Sebastian Kessler. Er selbst besuche das Open-Air seit 2002, als noch 30 000 statt 75 000 Menschen das Festival besuchten. "Damals haben schon Leute geschimpft, dass es zu groß ist", sagt er.

Unmut über die Größe wird auch bei einigen Besuchern deutlich. "Diese Festivaltouristen sollen bleiben, wo sie sind", beschwert sich Besucherin Niki. Auch für sie habe das Festival eine feste Tradition, aber Wacken solle Wacken bleiben.

Tatsächlich findet sich auf dem Gelände nicht nur harter Heavy Metal. Die "W:O:A Firefighters" etwa spielten bei ihrem Auftritt klassische Ballermann-Hits, die massenhaft mitgesungen wurden. Aus den Duschen auf den Campingplätzen ist immer wieder Chart-Musik zu hören.

"Man versucht Menschen, die nicht nur mit der Musik in Verbindung stehen, hierhin zu holen", sagt Fabian Wecker. Für ihn und seine Begleiter ist etwa die in diesem Jahr neu eingerichtete E-Sport-Area, ein Gaming-Zelt für Videospiele, ein Beleg für diese Veränderung. "Wegen unseres Gaming-Engagements wird nicht eine Band weniger spielen", sichert Festivalgründer Thomas Jensen zu.

Die Zahl der Bands wird von fast allen Besuchern ausdrücklich gelobt. Im Vergleich mit den anderen großen Metal-Festivals in Europa sei Wacken in diesem Jahr vom Line-Up her allerdings eher auf Platz drei, meint Besucher Merlin Weber. "Beim Graspop in Belgien waren dieses Jahr zum Beispiel Guns n' Roses, Iron Maiden und Ozzy Osbourne."

Aber auch Lob für Veranstalter

"Wir sind nicht die Weltmeisterschaft des Metal, wo die Besten der Besten spielen, sondern wir sind eher die Olympiade, wo ich die ganze Bandbreite habe", sagt Gründer Jensen.

Es treten auch immer wieder Künstler auf, die niemand auf einem Metal-Festival erwarten würde. 2013 stand Heino auf der Bühne, in diesem Jahr wird Otto erwartet. Der Komiker sollte in der Nacht zu Samstag auftreten. Viele Besucher stehen dem offen gegenüber. "Man kennt ihn ja noch aus der Kindheit", sagt etwa der 24-jährige Marcel Heckmann. "Ich bin da sehr tolerant. Auch Otto darf hier auftreten", findet Festival-Besucher Olaf Werner.

"Otto ist ja eigentlich eine Musiker-Legende", sagt Wacken-Gründer Jensen. Der Künstler stehe auch auf Rock und sei daher auf dem Festival gut aufgehoben. Eine Meinung, die zwar einige, aber nicht alle Fans teilen: "Ich weiß nicht, ob man das hier braucht", sagt etwa der 38-jährige Stefan Schubert.

Neben all der Kritik finden die Besucher aber auch lobende Worte für die Veranstalter. "Sie bemühen sich um ihre Gäste, sorgen zum Beispiel durch kostenloses Wasser dafür, dass es uns gut geht", sagt Besucher Thomas Weber. Es werde auf Hitze, Staub und ähnliches reagiert. So sind auch die Veränderungen der vergangenen Jahre für ihn kein Grund, im nächsten Jahr nicht wiederzukommen. Die Wacken-Familie stehe trotz Kritik zusammen, zumal das Lebensgefühl und die Atmosphäre auf dem Gelände nach wie vor einzigartig sei.  © dpa

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