Vom 1. bis zum 3. August werden wieder 75.000 Fans auf dem größten Heavy-Metal-Festival der Welt feiern. Das Wacken Open Air überzeugt mit einem besonderen Charme, die Idee für das Rockspektakel wurde in einer Kneipe geboren, eine außergewöhnliche Erfolgsgeschichte nahm ihren Lauf. Wacken-Veteran Oliver Peters von der Hamburger Rockband "5th Avenue" erinnert sich an die ersten Jahre.

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Waaaaaackeeeen! Am Donnerstag, 1. August, wird der Schlachtruf von 75.000 Heavy-Metal-Fans wieder erklingen, bis 3. August wird das Wacken Open Air das gleichnamige 1.800-Seelen-Dorf im schleswig-holsteinischen Kreis Steinburg für drei Tage zum Nabel der Metal-Welt machen.

Besucher aus 80 Ländern fanden im vergangenen Jahr den Weg nach Wacken, weltweit genießt das "W:O:A" Kultstatus. Das vermutlich größte Heavy-Metal-Festival überhaupt findet in diesem Jahr zum 30. Mal statt, die erste Auflage im Jahr 1990 war noch deutlich bescheidener.

"Wir fuhren Richtung Norden, die Felder wurden immer größer, die Häuser immer weniger. Es wurde immer einsamer, wir haben mehr Kühe als Menschen gesehen und uns gefragt: Wo soll hier ein Festival stattfinden?", erinnert sich Oliver Peters, Sänger der Hamburger Rockband "5th Avenue", im Gespräch mit unserer Redaktion: "Dann sind wir in eine Kiesgrube reingefahren. Und dort stand eine ganz tolle Bühne für die damalige Zeit und die Verhältnisse."

Wacken: Eltern und Verwandte packten in den ersten Jahren mit an

"5th Avenue" waren die Headliner der ersten beiden Wacken Open Airs 1990 und 1991, in den ersten fünf Jahren spielte die Rockband durchgehend beim "W:O:A". Die Festivalgründer Thomas Jensen und Holger Hübner hatten ein Konzert von "5th Avenue" in Hamburg gesehen und die Bandmitglieder gefragt, ob sie auf ihrem Festival spielen wollten. Es entstand eine enge Freundschaft, die bis heute anhält.

In den ersten Jahren übernachtete die Band bei den Festivalgründern zu Hause, was typisch für die Pionierzeit des "W:O:A" ist. Viel wurde improvisiert, Eltern und Verwandte packten mit an, ob beim Ticketverkauf oder Bierzapfen. Bis heute sind viele Dorfbewohner an der Organisation und Durchführung beteiligt, was den familiären Charme des Festivals ausmacht.

"Wir sind unheimlich toll aufgenommen worden", erzählt Peters: "Man hat schon im ersten Jahr den Anspruch gemerkt, den Holger und Thomas hatten." Die Band konnte zusehen, wie das Wacken Open Air von Jahr zu Jahr wuchs. 1990 spielten noch sechs Bands vor 800 Zuschauern, 1992 waren es bereits 26 Bands und 3.500 Zuschauer, 1995 wurde die Marke von 5.000 Zuschauern erstmals geknackt.

Internationale Stars kommen nach Wacken

Das Line-Up wurde in dieser Zeit immer spektakulärer, internationale Stars wie Doro Pesch, "Blind Guardian" oder die britische Metalband "Saxon" traten in dem kleinen Dorf auf. Die besondere Atmosphäre in Wacken schien allen zu gefallen.

"Als wir das erste Mal mit Saxon gespielt haben, haben wir uns wie kleine Fans Autogramme geholt", erzählt Peters: "Und dann haben wir noch Stunden lang mit denen im Trailer gesessen. Wir haben nach Saxon auf der Partybühne gespielt, Saxon hat auf uns hingewiesen und uns von hinter der Bühne zugeschaut. Das war der Ritterschlag."

Das kleine Festival wurde zur Mega-Veranstaltung

Als die Idee, ein Festival in Wacken zu organisieren, einige Jahre zuvor in einer Dorfkneipe geboren wurde, hätte so etwas wohl kaum jemand für möglich gehalten. "Mensch, lass und doch mal kleines Festival machen, in der Kuhle, wo auch das Motorradtreffen ist", erinnerte sich Norbert Venohr im Dokumentarfilm "Full Metal Village" im Jahr 2006: "Gesagt, getan. Dann ging dat los."

Venohr stieg 1996 aus der Festival-Organisation aus, als die ebenso populären wie umstrittenen "Böhsen Onkelz" verpflichtet wurden. Das finanzielle Risiko wurde ihm zu groß, während Jensen und Hübner trotz teilweise schwieriger finanzieller Verhältnisse weiter investierten, um das Wacken Open Air immer größer zu machen. "Heute bedauere ich das", sagte Venohr 2006.

Kein Wunder, denn aus dem kleinen Festival von einst ist längst eine riesige Veranstaltung geworden, die sich in ihren Dimensionen nicht vor Rock am Ring oder dem Hurricane-Festival verstecken muss. "Slayer", "Sabaton" und "Demons &Wizards" führen in diesem Sommer das Line-Up an. Rund 5.000 Mitarbeiter kümmern sich um die 75.000 Gäste und die rund 200 Bands, das Wochenend-Ticket kostet 220 Euro.

Metal-Fans treffen auf Dorfbewohner

Doch trotz dieser enormen Zahlen hat sich das "W:O:A" eine Ursprünglichkeit bewahrt, die für den Kultstatus und die außerordentliche Beliebtheit in der Community verantwortlich ist. Gerade das vermeintliche Aufeinanderprallen zweier Welten, der ländlichen Idylle auf der einen und der Heavy-Metal-Fans und -Musiker auf der anderen Seite, macht das Wacken Open Air so besonders.

Etwa wenn die "Wacken Firefighters", der Musikzug der Freiwilligen Feuerwehr Wacken, aufspielen, oder Horden von Metal-Fans in den lokalen Supermarkt einfallen und sich mit Bier und Grillgut eindecken, oder sich die Musikfans unter den ungläubigen Blicken der Anwohner im Matsch wälzen. Auch wenn es Klagen wegen Lärmbelästigung gab, ist die Verbindung zwischen dem Festival und den Bewohnern Wackens eng.

"Die Atmosphäre ist immer noch sehr herzlich", erzählt Oliver Peters: "Holger und Thomas haben es geschafft, das ganze Dorf einzubinden. Kinder vom Land wissen einfach, wo sie herkommen. Das haben sie perfekt umgesetzt. Sie sind geblieben, wie sie früher waren. Sie sind großartige Menschen."

Besonderes Flair in Wacken

Als einzige Band, die eigene Songs spielt und im ersten Line-Up des ersten Wacken Open Air stand, ist "5th Avenue" noch aktiv. Die Hamburger fühlen sich mit der Geschichte des "W:O:A" eng verbunden, zuletzt und zum insgesamt siebten Mal traten sie zum 25-jährigen Jubiläum 2014 in Wacken auf.

"Wenn es nach uns ginge, würden wir jedes Jahr dort spielen. Aber ich respektiere, was Holger und Thomas entscheiden", sagt Peters. Wenn die Band nicht in Wacken auftritt, ist er Jahr für Jahr als Fan vor Ort, "denn das Festival hat ein ganz besonderes Flair. Es ist die Leidenschaft für die Musik, die uns alle verbindet."

In Wacken gilt dies für Musiker, Fans und Dorfbewohner gleichermaßen.

Verwendete Quellen:

  • Gespräch mit Oliver Peters, Sänger der Hamburger Rockband "5th Avenue"
  • Dokumentarfilm: "Full Metal Village"
  • Wacken Open Air - Offizielle Website


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