- Mit 19 Jahren erhielt die ehemalige GNTM-Kandidatin Anna Adamyan (früher Wilken) die Diagnose Endometriose.
- Seitdem macht sie sich für bessere Aufklärung stark und enttabuisiert Themen wie Fehlgeburten.
- Im Interview mit uns spricht sie über ihre Erkrankung und darüber, was Hasskommentare in den sozialen Medien mit ihr machen.
Frau Adamyan, vor fünf Jahren haben Sie in den sozialen Medien öffentlich gemacht, an Endometriose zu leiden. Seitdem ist viel passiert. Wie hat sich die öffentliche Wahrnehmung für die Erkrankung während der letzten Jahren verändert?
Anna Adamyan: Es wird definitiv mehr über die Endometriose gesprochen und das ist gut so! Dennoch müssen wir Betroffenen weiterhin laut bleiben, damit sich hoffentlich bald mal etwas verändert und verbessert – für die Betroffenen.
Sie waren 19 Jahre alt, als die Erkrankung bei Ihnen diagnostiziert wurde. Was haben Sie bei der Diagnose gefühlt: Schock oder Erleichterung?
Ich habe eine absolute Erleichterung gefühlt und erinnere mich an den Moment, als wäre es gestern. Mir sind so viele Steine vom Herzen gefallen. Eigentlich traurig, dass man sich über die Diagnose einer chronischen Erkrankung freut. Jedoch haben all die Jahre mit Unwissenheit und Vorwürfen einen sehr leiden lassen.
Bis es zur Diagnose kommt, sehen Endometriose-Betroffene sich häufig mit Reaktionen wie etwa "Vielleicht bist du einfach nur schmerzempfindlicher als andere“ konfrontiert. Wie war das bei Ihnen?
Bei mir gab es einige Sprüche. Ich sei einfach ein Scheidungskind, welches Aufmerksamkeit suchen würde. Oder: "Du bildest dir das alles nur ein“, "Stell dich mal nicht so an“ oder "Du musst mehr essen, du bist einfach viel zu dünn“. Es war eigentlich so ziemlich alles dabei und ich sage ganz ehrlich: Irgendwann habe ich selber gedacht, dass ich mir all das nur einbilden würde und auch heute noch habe ich oft den Drang, mich erklären zu müssen – eben weil mir nie geglaubt worden ist.
Woran liegt es Ihrer Meinung nach, dass der Weg bis zur Diagnose Endometriose häufig noch immer so weit ist? Immerhin handelt es sich hierbei um die zweithäufigste gynäkologische Erkrankung …
Da gibt es mehrere Problembereiche. Erst mal natürlich immer noch die Aufklärung, dann sind viele Ärzt*innen auch einfach oft nicht gut genug informiert. Genauso fehlt ihnen auch oft die Zeit in den Sprechstunden, all das mit den Betroffenen durchzusprechen. Über die Thematik spreche ich sehr oft mit Prof. Dr. Mechsner – sie behandelt meine Endometriose und leitet die Endometriose Sprechstunde der Berliner Charité. Von ihr weiß ich, dass gerade die Abrechnungsmöglichkeit für Gynäkolog*innen und Co. absolut problematisch sind. Auf sehr vielen Ebenen muss sich sehr viel tun!
Was würden Sie mit Blick auf die Diagnostizierung und Behandlung von Endometriose sofort ändern, wenn Sie das Gesundheitssystem beeinflussen könnten?
Ich würde Betroffene finanziell mehr unterstützen, indem Behandlungen und Co. mehr finanziert werden würden. Aktuell zahlen wir Betroffenen nahezu alles selber. Sei es alles, was die komplementäre Medizin angeht, oder auch eben sogar die Pille. Viele Bereiche werden aktuell finanziell nicht unterstützt und das ist ein riesiges Problem, zumal viele Betroffene oft auch nur noch eingeschränkt ihrer Arbeit nachgehen können – bis gar nicht mehr. Hier sollte es im Übrigen auch erleichtert werden und Betroffene sollten einen größeren Schutz bekommen.
Sie gehen offen damit um, dass es aufgrund Ihrer Erkrankung an Endometriose und Adenomyose schwierig für Sie ist, auf natürlichem Weg schwanger zu werden. Das Thema Kinderwunsch nimmt inzwischen einen großen Platz auf Ihrem Instagram-Kanal ein – ist es schwer, so transparent mit einem so emotionalen Thema umzugehen oder auch heilsam?
Nein, für mich erleichtert es vieles. Ich möchte mich mit diesen Themen nicht mehr verstecken, das stresst mich ehrlich gesagt ungemein. Dadurch, dass ich mein Leben auf Instagram teile, teile ich eben alles, was dazugehört. Das Leben ist nicht perfekt und toll – bei uns allen nicht. Diese ganzen Termine in der Kinderwunschklinik verstecken zu müssen, war nicht einfach für mich. An Tagen, an denen ich schlechte News bekommen habe, es mir mal einfach nicht gut ging – sei es emotional oder körperlich – so zu tun, als sei alles okay, liegt mir nicht. Ich bin eine ehrliche Haut und möchte mich nicht verstecken müssen. Wir haben es die ersten zwei Jahre getan und auch in diesem Jahr einen Behandlungsversuch ohne die Öffentlichkeit gemacht. Für mich war es wesentlich schlimmer, all das zu verstecken, als darüber zu sprechen.
Sie nehmen Ihre Follower auf Ihre ganz persönliche Kinderwunsch-Reise mit – mit allen Höhen und Tiefen. Haben Sie auch schonmal daran gedacht, diese Reise nicht weiter mit der Öffentlichkeit zu teilen?
Natürlich habe auch ich mal meine Momente, denn das Internet kann sehr gemein sein. Dies bekomme ich gerade bei den Thematiken oft zu spüren und muss jedes Mal mit dem Kopf schütteln. Ich kann dazu jedoch nur sagen, dass mich die ganzen Hasskommentare und Co. einfach nur dazu motivieren, weiterzumachen. Daran sieht man, wie viel Aufklärung fehlt. Wie einseitig die meisten Menschen denken und wie viel Empathie der Thematik gegenüber fehlt. Man muss jedoch auch sagen: Es kommt überwiegend viel Liebe rein!
Unter Ihren mehr als 500.000 Follower:innen bei Instagram hat sich inzwischen eine richtige Kinderwunsch-Community gebildet – haben Sie das Gefühl, dass Betroffene im realen Leben nicht ausreichend gesehen und gehört werden?
Definitiv! Das ist ja der Grund, warum viele laut werden! Dazu fehlt vielen einfach der Austausch und den haben wir alle innerhalb der Community.
Sie klären nicht nur auf und sensibilisieren für Themen wie Endometriose oder einen unerfüllten Kinderwunsch. Vielmehr haben Sie sogar eine Petition namens "#KiwuFürAlle – für eine faire Kostenübernahme von Kinderwunschbehandlungen“ ins Leben gerufen. Damit prangern Sie vor allem Richtlinien, nach denen eine Kinderwunschbehandlung übernommen wird, an …
Genau! Ich hoffe, dass wir hier etwas bewegen und erreichen können. Der unerfüllte Kinderwunsch ist nämlich viel mehr, als nur irgendwie ein Wunsch. Er ist eine Sehnsucht und diese sollte nicht von finanziellen Mitteln abhängig gemacht werden! Zumal Betroffene sich ihre Diagnose/n nicht ausgesucht haben und ich denke, ich kann hier für alle sprechen: Wir würden uns ja wünschen, dass es einfacher klappen würde! Niemand macht das alles freiwillig oder weil künstliche Befruchtungen "ja so viel Spaß machen …“.
Endometriose ist eine weit verbreitete Krankheit, die mit starken Schmerzen einhergeht. Starker Menstruationsschmerz ist ein sehr häufiges Symptom. Jedoch können die Schmerzen zyklusabhängig und zyklusunabhängig auftreten. Endometriose kann im ganzen Körper Schmerzen verursachen. Die Folge von Endometrioseherden sind chronische Entzündungen, Vernarbungen und Verwachsungen, Blutungen in der Bauchhöhle und oftmals Infertilität. Bei etwa 40 bis 60% der Frauen, die ungewollt kinderlos bleiben, steckt eine Endometriose dahinter.
Verwendete Quelle:
- Endometriose-Vereinigung
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