Im 20. Jahr ihres Dschungel-Erfolgs: Was Désirée Nick über die Camp-Teilnehmer von heute, Anouschka Renzis "Allüren", und Thomas Gottschalk denkt.
Frau
Désirée Nick: Da ich jeden Abend auf der Bühne stehe, kann ich das gar nicht gucken. Aber ich habe bereits vor dem Start in einem anderen Interview eine Einschätzung über einige Teilnehmer abgegeben, die sich wunderbar bewahrheitet hat. Auch meine Prognose zu
Inwiefern? In diesem Interview haben Sie unter anderem gesagt, dass Cora Schumacher "wie immer an sich selbst scheitern" werde …
Genau, nichts anderes habe ich erwartet. Bei Cora Schumacher hatte ich offenbar hellseherische Fähigkeiten. Darüber hinaus kann ich aber wirklich nicht viel zu der aktuellen Staffel sagen, da ich aufgrund unseres Theaterstücks ("Bette & Joan"; Anm.d.Red.) so gut wie nichts mitbekomme.
Ihr Dschungel-Erfolg jährt sich in diesem Jahr zum 20. Mal. Ist das heutige Dschungelcamp eigentlich noch mit der Anfangsphase der Show zu vergleichen? Sie haben 2004 die zweite Staffel gewonnen.
Die Leute, die heutzutage in den Dschungel gehen, sind mit dieser Sendung aufgewachsen und haben das Dschungelcamp bis zum Gehtnichtmehr analysiert. Und nun schlachten sie das Format medial mit einem gigantischen Opportunismus aus. Anders ausgedrückt: Die meisten Dschungel-Teilnehmer dienen nicht dem Format, sondern nutzen es nur, um sich selbst zu positionieren. Die wissen doch ganz genau, was sie tun müssen, damit ihnen die Aufmerksamkeit sicher ist. Auch Frau Schumacher weiß, dass sie die Berichterstattung dominiert, wenn sie nach drei Tagen hinschmeißt und vorher zwei Tage für Prüfungen gesperrt war. Dennoch hat Cora die allerhöchste Gage der gesamten Staffel bekommen.
War das früher wirklich anders?
Ja, ich habe dem Format gedient. Heute nehmen die Teilnehmer das Format, um es sich für sich selber als Tool zu nutzen. Das ist etwas ganz anderes.
Die "künstlerische Darstellung von weiblicher Femininität"
Deutlich später als Sie, nämlich 2022, ist
Erzfeindinnen stimmt, aber wer ist bitteschön eine Diva?
Anouschka Renzi und Sie …
Nein, das kann ich nicht unterschreiben. Weil Anouschka Renzi nie für ihre Kunst gefeiert worden ist, sondern eigentlich immer nur für ihre persönlichen Background-Geschichten – beginnend mit ihrer Mutter, der einst sehr großen Filmdiva Eva Renzi, über ihre Adoption von ihrem berühmten Vater Paul Hubschmid bis hin zu ihren Ehen und Scheidungen. Mediales Aufsehen um Anouschka Renzi gab es schon immer – auch schon bevor ich auf der Bildfläche erschienen bin. Die Berichterstattung drehte sich in der Vergangenheit äußerst selten um inhaltliche, künstlerische Qualität, sondern um ganz andere Dinge. Unser Zwist dient als gutes Beispiel dafür.
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Wie würden Sie den Begriff "Diva" definieren?
"Diva" heißt "göttlich". Eine über allem schwebende, künstlerische Darstellung von weiblicher Femininität. Und das ist etwas, das mir sehr gut liegt. Ich wäre mit diesem abgetakelten Wort allerdings äußerst vorsichtig. Jeder, der sich heute einen Clownsturban auf den Kopf setzt, hält sich für eine Diva. Genau wie "Star" ist das einer der am meisten ausgeschlachteten Begriffe überhaupt. Ich lasse das nicht so stehen, dass Anouschka Renzi eine Diva wäre – in keinster Weise.
Was ist sie aus Ihrer Sicht dann, wenn sie schon keine Diva ist?
Das, was Frau Renzi definitiv hat, sind Allüren. Und genau das ist der große Unterschied zu einer künstlerischen Diva, die nämlich eigentlich keine Allüren hat. Wir sprechen hier von Künstlerinnen, die ihr Talent bis zur Vollendung ausgefeilt haben. Das gilt eher für mich. Ich habe mein Talent bis zur Vollendung ausgefeilt. Obwohl ich eine Diva sehr gut darstellen kann, bin ich in Wirklichkeit ein talentiertes, pragmatisches Arbeitstier, das ganz wenig feiert. Und das viel Neid und Missgunst anderer ertragen muss, weil die Leute durch meine Qualität an ihre eigenen Defizite erinnert werden.
Wie kommt "Bette & Joan" – mit der Ihrer Ansicht nach "Nicht-Diva" Anouschka Renzi als Bette Davies und Ihnen als Joan Crawford – beim Publikum an?
Es ist mit Blick auf die Inszenierung ein Geniestreich und ein großer Erfolg. Das Stück ist sehr gut besucht, das Publikum jubelt Abend für Abend. "Bette & Joan" ist das beste Beispiel dafür, wie man heutzutage ein Stück für zwei Personen über diese legendären Hollywood-Diven inszenieren kann. Bette Davies und Joan Crawford sind ja wirklich echte Diven. Alles in allem kommen die Zuschauer in den Genuss eines amüsanten Abends, der aber auch von höchstem Theaterniveau zeugt. Wir können uns sehr glücklich schätzen, dass unser Regisseur Sebastian Kreyer den Stoff genauso behandelt hat, wie dieser es verdient hat. Er hat es geschafft, einen Mikrokosmos jedem zugänglich zu machen. Das ist sehr schwierig.
Ein Plädoyer für Altersstolz und Gleichberechtigung
Im vergangenen Herbst ist Ihr Buch "Alte weiße Frau – Warum Falten kein Knick im Lebenslauf sind" erschienen. Was hat den Ausschlag dafür gegeben, dass Sie dieses Buch geschrieben haben?
Ich habe dieses Buch als Antwort auf das Werk von Sophie Passmann ("Alte weiße Männer: Ein Schlichtungsversuch"; Anm.d.Red.) geschrieben. Hätte es dieses Buch nicht gegeben, würde es mein Buch auch nicht geben, weil ich es als ungeheuerlich empfand, dass es keine Gegenantwort auf dieses Buch gab. Schließlich leben auf der Erde wesentlich mehr Frauen als Männer – vor allem in der Baby-Boomer-Generation 50+, weil Frauen statistisch gesehen länger leben als Männer. Ich bin der Auffassung: Wenn schon Altersdiskriminierung, was der Buchtitel "Alte weiße Männer" nämlich ist, dann möchte ich bitteschön Gleichberechtigung in der Stigmatisierung.
Ich kann überhaupt nicht verstehen, warum sich Frau Passmann, die selber eine Frau ist, nicht den Damen widmet. Sie hat sich ausschließlich den Männern gewidmet. Zudem ist es ja nicht mal ein geschriebenes Buch, da es nur aus Interviews besteht, die sie mit Männern geführt hat. Eigentlich handelt es sich um eine journalistische Tätigkeit, wohingegen ich beruflich eine Autorin bin. Wenn man Interviews aneinanderheftet, dann macht einen das noch lange nicht zu einer Autorin.
Da kommt mir beispielsweise
Thomas Gottschalks Äußerung ist umso erstaunlicher, wenn man bedenkt, dass seine Partnerin aussieht wie ich. Wir sind derselbe Typ, sie modelt sich nach mir und trägt die gleiche Hochsteckfrisur. Ich glaube, dass er mit seiner pampigen Aussage über meine Playboy-Fotos aus Angst vor der eigenen Partnerin agiert hat. Als meine eigene Mutter Carina Mroß kürzlich auf dem Cover einer Zeitschrift gesehen hat, dachte sie, dass ich darauf abgebildet sei.
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