Um die algerische Boxerin Imane Khelif ist während der Olympischen Spiele eine heftige Gender-Debatte entbrannt. Gegen die spätere Olympiasiegerin wurde der Vorwurf erhoben, sie sei gar keine Frau. Auch die ehemalige Boxweltmeisterin Regina Halmich hat sich dazu auf Instagram geäußert – jetzt legt sie im Gespräch mit unserer Redaktion nach.

Ein Interview

Frau Halmich, wollen Sie noch einmal zum Thema Imane Khelif bei Olympia Stellung nehmen?

Regina Halmich: Ich finde das Thema unheimlich schwierig und bleibe bei meiner Meinung, dass es so nicht gerecht ist. Ich habe bereits revidiert: Imane Khelif wurde nicht als Mann geboren, sondern wohl tatsächlich als Frau. Sollte sie XY-Chromosomen haben, was behauptet wird, und die im Normalfall nur Männer haben, bedeutet dies, dass sie mehr Muskulatur aufweisen könnte. Damit habe ich ein Problem, weil Boxen eine Sportart ist, in der man sich gut verletzen kann. Beim Schwimmen oder in einer anderen Sportart wäre das nicht so dramatisch wie beim Boxen.

Was mich geärgert hat: Es ging dann nur noch um diese eine Person, es ging um so viel Politisches, man hat so viel hineininterpretiert. Auf einmal hat sich die LGBTQ-Community gemeldet, dann hieß es, es sei rassistisch – das war alles völlig weg vom eigentlichen Thema. Ich hätte mir eine zielführende Diskussion gewünscht. Da hat das Olympische Komitee versagt. Die haben sich diesem Thema komplett entzogen, es hieß nur, wir haben doch eine Urkunde und gut ist. Aber warum hat es nicht zum Beispiel freiwillige Tests gegeben, wenn man nichts zu verbergen hat? Dann hätte es keine Diskussionen mehr gegeben. Aber so ist alles noch mehr befeuert worden.

Wie kann man dem Problem begegnen?

Es ist ein schwieriges Thema, für das eine Lösung gefunden werden muss. Vielleicht muss man darüber nachdenken, eine dritte Kategorie "divers" einzuführen. Aber man kann es nicht totschweigen. Allerdings gibt es keine einfache Lösung, deswegen haben sich ja alle entzogen, weil jeder weiß, dass es nicht schnell gelöst werden kann. Und keiner wollte sich richtig damit auseinandersetzen. Wenn über Persönlichkeitsrechte gesprochen wird, muss man auch an die Gegnerinnen denken, die haben auch ein Recht. Deswegen ist es nur fair, eine Diskussion zu starten.

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Der Kampf war für Sie unfair?

Es bleibt ein komisches Gefühl, und das sollte bei Olympia nicht sein. Nicht alle Fragen sind beantwortet. Und viele Fragezeichen bleiben. Ob Imane Khelif als Mann oder als Frau geboren wurde, weiß man nicht genau. Es gibt keine eindeutigen Beweise – weder für das eine, noch für das andere. Khelif hat auf der einen Seite auch von Mobbing gesprochen, auf der anderen Seite hat sie nun eine Community, die sie wie einen Hero feiert. Es ist schwierig!

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