Was sie vom Gendern hält und warum sie Trash-Formate als gruselig bezeichnet: Im Interview hält Schauspielerin Katrin Sass mit ihrer Meinung nicht hinterm Berg. Zudem spricht sie über das Jubiläum ihres "Usedom-Krimis".

Ein Interview

Am Donnerstag (9. November) ist in der ARD die 20. Folge der erfolgreichen Reihe "Usedom-Krimi" ausgestrahlt worden (aktuell verfügbar in der ARD-Mediathek). Im Interview mit unserer Redaktion erzählt Hauptdarstellerin Katrin Sass, warum sie genau vor diesem Film zunächst Angst hatte und warum sie lieber eine Ex-Staatsanwältin als eine Kommissarin spielt. Zudem kritisiert die Schauspielerin das Gendern und Trash-Formate im TV.

Frau Sass, Sie haben am 23. Oktober Geburtstag gefeiert. Zunächst einmal herzlichen Glückwunsch nachträglich! Feiern Sie grundsätzlich gerne Geburtstage – und falls ja, lieber Ihre eigenen oder die anderer Menschen?

Katrin Sass: Eher die anderer Menschen. Ich habe keine Lust dazu, etwas vorzubereiten oder zu planen, weil ich nicht gut planen kann.

In diesem Monat haben Sie einen weiteren Grund zu feiern: Am Donnerstag wurde im Ersten der 20. Film des "Usedom-Krimis" ausgestrahlt. Mit welchen Gefühlen blicken Sie auf dieses Jubiläum?

Es sind ja nicht nur 20 Filme, sondern inzwischen auch etwa zehn Jahre, auf die wir zurückblicken dürfen. Damit hat einfach niemand gerechnet, und ich schon gleich gar nicht, weil ich – wie bereits erwähnt – kein Planer bin. Daher bin ich schon ein bisschen erstaunt, dass die Serie bis heute kontinuierlich weitergelaufen ist und die Quoten sogar noch gestiegen sind.

Tangiert Sie dieser sogenannte Quotendruck?

Am Anfang habe ich überhaupt nicht auf die Quote geschaut, weil es mich eigentlich nicht interessiert. Allerdings ist man bei einer Reihe wie dem "Usedom-Krimi" letztlich davon abhängig. Insofern habe ich mit Staunen festgestellt, dass es in den vergangenen Jahren immer besser wurde.

Sind es ausschließlich warme Gefühle, wenn Sie zurückdenken? Oder fröstelt es Ihnen auch manchmal ein wenig? Der "Usedom-Krimi" wird schließlich größtenteils im Winter gedreht …

Frösteln ist gar kein Ausdruck. Ich friere jedes Mal, wenn ich auf Usedom drehe. Hinzu kommt, dass wir in der Regel schon um vier Uhr morgens aufstehen müssen, um gegen fünf Uhr in der Maske zu sein. Das sind die negativen Begleitumstände, doch alles in allem ist es immer ein Gefühl von nach Hause kommen. Und dass wir nächstes Mal bereits im Februar mit den Dreharbeiten anfangen, wo Ende des Monats so langsam der Frühling beginnt, macht mich ganz glücklich.

Die 20. Folge trägt den Titel "Friedhof der Welpen". Ging Ihnen dieses Drehbuch als Hundebesitzerin auch persönlich nahe?

Ja, ich hatte große Angst davor. Ich wusste nicht, was uns am Ort des Geschehens erwarten und wie mein eigener Hund, der ja in der Serie mitspielt, auf diesen "Friedhof" reagieren würde? Er ist überhaupt nicht erzogen, aber mit der Trainerin am Set geht das immer wunderbar. Sie hebt den Arm, die Kamera läuft und er macht mit. Sobald die Kamera dann aus ist, widmet er sich wieder anderen Dingen. Ich weiß wirklich nicht, was in ihm vorgeht. Vielleicht ist er doch ein kleiner Schauspieler.

"Ich frage mich, warum sich Menschen vor Spinnen ekeln"

Was haben Sie auf diesem fiktiven "Welpen-Friedhof" dann wirklich vorgefunden?

Ich habe mir im Vorfeld angeguckt, wie die Requisite die Welpen gebastelt und gestopft hat. Diese Hunde sahen schon sehr natürlich aus, sodass ich ganz stark sein und mir immer wieder sagen musste: "Das sind nur Puppen." Ich selbst kann mir so etwas im Fernsehen ganz schwer anschauen.

Muss endlich noch mehr für das Tierwohl getan werden? Vergehen gegen Tiere werden vor dem Gesetz zuweilen immer noch als Sachbeschädigung gewertet …

Das ist wirklich furchtbar. Ich bin mittlerweile so weit, dass ich mir Gedanken darüber mache, was ich mit diesen letzten Wespen des Jahres anstellen soll, die eigentlich nur noch zum Sterben durchs Zimmer fliegen. Ich bin da immer hin- und hergerissen und es macht etwas mit mir, wenn ich sie am nächsten Morgen tot vorfinde. Und Spinnen sammele ich nicht mehr mit dem Glas ein, sondern ich fasse sie an und bringe sie raus. Ich frage mich, warum sich Menschen vor Spinnen ekeln. Nur weil sie lange Beine haben? Die müssen sich vor uns ekeln, wenn man darüber nachdenkt, was manche Menschen mit ihnen machen.

Zurück zu Ihrer Rolle im "Usedom-Krimi": Dass die Ex-Staatsanwältin Karin Lossow ihren untreuen Mann einst im Affekt erschossen hat, ist hinlänglich bekannt. Was reizt Sie aber heute an dieser Figur und wohin soll die Reise noch gehen?

Das hängt immer von der jeweiligen Situation ab, sodass man nicht sagen kann, wohin die Reise gehen wird – zumal es sich bei Karin Lossow nicht um eine Kommissarin handelt. Gott sei Dank, schließlich ist die Fernsehlandschaft voll mit Kommissaren und Kommissarinnen. Oder muss ich *innen sagen, also mit Sternchen? Wie auch immer. Ich bin jedenfalls froh, dass man sich für mich die Rolle der ehemaligen Staatsanwältin ausgedacht hat und andere die Pistole in der Hand haben müssen. Das möchte ich auch gar nicht.

Wieso eigentlich nicht?

Wenn man eine Kommissarin spielt, wird man doch sofort mit Figuren aus dem "Tatort" verglichen. Das Schöne an dem "Usedom-Krimi" ist, dass Karin Lossow immer mal wieder menschelt und auch die Familie eine Rolle spielt. Und mein eigener Hund wurde in die Handlung eingebaut: Besser geht's nicht!

Anscheinend finden Sie neben einer Rolle als TV-Kommissarin auch das Gendern nicht erstrebenswert. Oder täuscht der Eindruck?

Nein, der täuscht nicht. Gendern ist mir viel zu albern und auch zu doof. Es mag ja ein bisschen was dran sein, aber was habe ich bitteschön als Frau von einem Sternchen? Gar nichts. Mein Gehalt als Frau liegt trotzdem unter dem der Männer. Mir hat kürzlich eine Autorin geschrieben: "Katrin, wir fahren jetzt mit den Fahrräder*innen raus." Ich musste so lachen …

Im November werden auch noch der 21. "Usedom-Krimi" mit dem Titel "Geburt der Drachenfrau" (16.11.) und der 22. namens "Schlepper" (23.11.) ausgestrahlt. Es geht um Flüchtlinge, die auf Usedom stranden. Möchte man mit diesen Filmen zeigen, dass sich dieses menschliche Drama auch direkt vor unserer Haustür abspielt?

Keine Ahnung! Die Filme kommen in einem Moment, in dem das Thema noch brisanter ist als vor etwa anderthalb Jahren, als die Bücher geschrieben worden sind. Ich weiß nicht, wie das jetzt laufen wird und bin mir im Übrigen nicht so sicher, ob die Menschen das noch mit Usedom verbinden.

"Trash-Formate sind gruselig"

Diese zeitliche Gefahr besteht aber doch immer, oder etwa nicht? Manche Themen werden in der Zeit zwischen dem Dreh und der Ausstrahlung aktueller, andere wiederum verschwinden von der Bildfläche …

Das ist richtig. Ich habe nur ganz selten Filme gesehen, in denen Menschen Maske getragen haben. Ich hätte das toll gefunden. Corona fand aber so gut wie nie statt – und ich verstehe nicht, warum da kaum jemand mitgemacht hat. Es ist so schade, dass ich nicht schreiben kann (lacht).

Schauen Sie denn noch regelmäßig Fernsehen oder hat sich das Programm qualitativ zu sehr verschlechtert?

Ich weiß nicht, ob es sich verschlechtert hat. Ich persönlich interessiere mich im Moment aber mehr für die Blätter, die gerade von den Bäumen fallen als für das Fernsehprogramm. Mich begeistern heute weniger die fiktiven Geschichten, sondern die Dinge, die wirklich passieren. Wobei ich Nachrichten nicht mehr aushalte, sie ziehen mich einfach runter.

Ziehen Sie Trash-TV-Formate, von denen es mehr und mehr zu geben scheint, ähnlich runter?

Ja, Trash-Formate sind gruselig. Man schaltet durch und reist sozusagen von einem Dschungel in den nächsten.

Ihre Wutrede bei "Markus Lanz" liegt bereits zehn Jahre zurück. Damals haben Sie sich in Anwesenheit des Dschungelcamp-Siegers Peer Kusmagk darüber echauffiert, dass die Sendung für einen Grimme-Preis nominiert worden war. Sind viele der heutigen Trash-Formate nicht sogar noch verstörender?

Das mag sein. Mittlerweile rennen die ja alle nackt am Strand herum. Es ist wirklich furchtbar.

"Reality-Star" ist inzwischen ein Berufswunsch, den manch einer für erstrebenswert hält …

Ich habe vor langer Zeit nach meiner Wiedergeburt, wie ich die Zeit nach meinem Alkoholismus immer nenne, mit Götz George gedreht. 1998 bin ich abgeklappt, ein Jahr später fanden die Dreharbeiten statt. Im Osten kannte ich früher das Wort "Star" nicht, weil es als kapitalistisch eingestuft wurde. Ich kann es bis heute nicht benutzen. Ebenso breche ich mir bei dem Begriff "Künstler" die Zunge. Wenn das Wort "Kunst" von künstlich kommt, dann stimmt es ja wieder. Es wird aber anders verwendet, denn dem Künstler wird der rote Teppich ausgerollt.

Würden Sie sich nicht als Star bezeichnen?

Ich stelle Ihnen eine Gegenfrage: Wieso ist denn mein toller Bäcker kein Star? Er ist einer der Besten, die Leute stehen Schlange. Ich denke anders und sehe mich woanders. Jedenfalls habe ich Götz George einmal gefragt, wie er es findet, dass irgendwelche Laiendarsteller genauso wie er als Star bezeichnet und daher mit ihm in einem Atemzug genannt werden. Irgendwie ist er schließlich darüber hinweggekommen, aber für mich ist es bis heute unerklärlich.

Bereiten Ihnen die heutigen Entwicklungen grundsätzlich Sorgen, was unsere Zukunft anbelangt?

Über die Zukunft möchte ich gar nicht groß nachdenken. Da laufe ich wahrscheinlich am Rollator und sage: "So schön, schön war die Zeit."

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