Millionen Fans haben sehnsüchtig darauf gewartet: Endlich sind die neuen Folgen der "Gilmore Girls" da. Aber wie gut sind sie? Gibt es wieder so rasant-witzige Dialoge wie in den alten Staffeln? Und wie haben sich die Figuren entwickelt?

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Achtung, Spoiler! Wer die neuen Folgen noch nicht gesehen hatte, sollte nicht weiterlesen.

Es ist Zeit für ein Geständnis: Ein Teil von mir wohnt in Stars Hollow. Ich bin – wie viele andere – mit den "Gilmore Girls" aufgewachsen. Vor allem Rory hat mich lange begleitet. Als sie ihren Schulabschluss gemacht hat, habe ich meinen gemacht. Als sie studieren ging, begann gerade mein erstes Semester. Als sie mit der Uni fertig war, war ich es auch.

Und dann wurde sie auch noch Journalistin – wie ich. Und dann verloren wir uns aus den Augen. Die "Gilmore Girls" waren zu Ende. Keine neuen Folgen mehr. Aus. Wie sie mir fehlten: Lorelai und Rory, Luke, Emily und Richard, Kirk, Paris, Lane und Stars Hollow mit seinen skurrilen Festen und merkwürdigen Kleinstadtbewohnern.

Und jetzt auf einmal: neue Folgen! Vier Stück, insgesamt rund sechs Stunden lang. Bangen vor dem Fernseher: Werden die neuen Folgen mit den alten mithalten können? Welche Handlungsstränge setzen sich fort? Was ist aus den Figuren geworden? Und wohin haben sich die Dialoge entwickelt, die die Serie so liebenswert gemacht haben?

Wie die Figuren sich entwickelt haben

Tragisch und besonders glaubwürdig erscheint Emily Gilmore (Kelly Bishop). Sie hat nach 50 Jahren Ehe ihren Mann verloren und kämpft mit dem Alleinsein. Als sie ein Buch der Aufräum-Psychologin Marie Kondo liest, verschenkt sie kurzerhand ihren Hausrat, um sich vermeintlich zu befreien. Statt wie bisher ihr Dienstmädchen zu feuern, lässt sie nun sogar dessen Familie bei sich wohnen.

Sie beginnt eine Therapie, die sie aber abbricht, liegt bis mittags im Bett und trägt Jeans und ein Shirt von Lorelai. Man krümmt sich förmlich innerlich, wenn man sie so sieht. Doch am Ende (er)findet Emily sich selbst neu: Sie zieht nach Nantucket und geht darin auf, die Jagd auf Wale im Museum so blutig auszuschmücken, dass Eltern ihren Kindern die Ohren zuhalten. Aufatmen. Und irgendwie gerührt sein.

Etwas anders läuft es für Lorelai (Lauren Graham). Sie ist weiter mit Luke (Scott Patterson) zusammen, aber sie ist rastlos. Auf der Suche nach etwas, von dem sie selbst nicht weiß, was es sein könnte. Als ihre Mutter Emily ihre gemeinsame Therapie beendet, setzt sie die Sitzungen heimlich alleine fort.

Schließlich tut sie etwas, das man ihr nie zugetraut hätte: Sie packt einen verstörend großen Rucksack und will auf dem Pacific Crest Trail wandern gehen. Weil sie aber ihre Genehmigung dafür verliert, darf sie nicht losgehen, als sie bereits am Wanderweg steht. Stattdessen versöhnt sie sich endlich mit ihrer Mutter, mit der sie nach der Beerdigung von Richard (Edward Herrmann) einen hässlichen Streit hatte, düst zurück nach Hause, heiratet Luke und will ihr Hotel verändern.

Auch wenn man zwischendurch denken mag: "Was willst du? Du hast doch alles, was du brauchst", hat sich die Figur entwickelt: Lorelai schiebt die Verantwortung nicht mehr auf andere. Sie setzt sich endlich mit sich selbst auseinander. Und das ist ziemlich sympathisch.

Luke wiederum ist einfach Luke. Der Freund und spätere Ehemann von Lorelai hat sich kaum verändert. Er ist der beständige Ruhepol, der aber eine diebische Freude daran entwickelt, falsche WLAN-Passwörter in seinem Café auszugeben.

Was ist nur aus Rory geworden?!

Kommen wir zu Rory (Alexis Bledel). Rory! Wir müssen reden. Was ist aus dir geworden? Du warst immer so clever, belesen, organisiert, schlagfertig, lustig, hilfsbereit. Und dabei auf eine dezent nervtötende Weise moralisch. Sicher, du hast einmal im Affekt eine Jacht gestohlen und bist deshalb vorbestraft. Aber man wusste, woran man bei dir ist.

Nun aber hast du einen Freund, den du ständig vergisst (dieser Running Gag überzeugt aber leider nicht) und zudem noch eine Affäre mit deinem Ex-Freund Logan, der eigentlich fest liiert ist.

Seit Wochen trägst du keine Unterwäsche, weil du sie verloren hast (okay, das ist lustig-eklig) und weißt nicht, wo deine Sachen sind, weil du überall Kartons mit deinen Besitztümern verstreut hast. Die alte Rory hätte Listen für so etwas gemacht.

Du vermasselst sogar ein Vorstellungsgespräch, weil du dich des Jobs so sicher warst, dass du dich nicht vorbereitet hast – was der alten Rory niemals passiert wäre. Du hast einen One-Night-Stand mit einer "Star Wars"-Figur (okay, das war cool) und dann noch das: Autorin und Produzentin Amy Sherman-Palladino hat stets gesagt, dass sie von Anfang an gewusst habe, mit welchen vier Worten die Serie enden solle. An der letzten, der siebten Staffel war sie aber nicht beteiligt.

Nun aber:

  • "Mum?"
  • "Yeah?"
  • "I’m pregnant."

Rory ist also schwanger. Boom!

Was sonst noch wichtig ist

In den neuen Folgen begegnet man den meisten der schrulligen Nebenfiguren wieder, die man lieben gelernt hat: Taylor Doose (Michael Winters) setzt sich dafür ein, dass Stars Hollow endlich eine Kanalisation bekommt und stellt ein groteskes Musical auf die Beine.

Rorys Freundin Paris Geller (Liza Weil) ist Ärztin für künstliche Befruchtung und von Doyle geschieden, mit dem sie zwei Kinder hat. Sie ist herrisch und unbeherrscht wie eh und je und scheut sich auch nicht, in der Eliteschule Chilton lauthals über Sperma zu philosophieren.

Lane (Keiko Agena) spielt weiter mit Zach (Todd Lowe) in ihrer Rockband. Sie ist neben Michelle (Yanic Truesdale) die einzige Figur, die keinen Tag gealtert zu sein scheint. Michelle ist auf seine komische Art weiterhin schlecht gelaunt. Weitere typische, aber nicht ganz so signifikante Auftritte gibt es noch für April (Vanessa Marano), Christopher (David Sutcliffe) und Sookie (Melissa McCarthy).

Bleiben noch die Ex-Freunde von Rory: Dean, Jess und Logan. Den größten Part bekommt Logan (Matt Czuchry). Er hat sein Leben im Griff, ist mit einer französischen Adligen liiert, kann aber nicht ganz von Rory lassen. Vermutlich ist er auch der Vater ihres Kindes, doch aus den beiden wird nichts.

Dean (Jared Padalecki), Rorys erster Freund, hat inzwischen vier Kinder und bekommt nur einen kurzen, aber immerhin charmanten Auftritt im Supermarkt. Klar ist: Da läuft nie wieder was. Bleibt Jess (Milo Ventigmilia), der nur noch wenig vom rebellischen Chaoskünstler ausstrahlt, als der er in die Serie eingeführt wurde. Auch er hat sein Leben im Griff. Und er ist offensichtlich nicht über Rory hinweg. Mehr passiert aber nicht.

Und dann gibt es noch Kirk (Sean Gunn), der diesmal einen Taxiservice namens "Ooober" betreibt und ein Schwein namens "Petal" hält. Er hat einen neuen Kurzfilm gedreht und schlägt sich wie gewohnt mit Gelegenheitsjobs durch. Er ist die am überzeugendsten fortgeschriebene Figur.

Auch wenn man sich vielleicht mit Rory schwertut, ist eine überzeugende Fortsetzung der "Gilmore Girls" gelungen. Die cleveren Dialoge und die Anspielungen auf Populärkultur, die die Serie ausgezeichnet haben, sind erhalten geblieben.

Also ab aufs Sofa mit viel Fast Food und Taschentüchern!

Die achte Staffel der "Gilmore Girls" ist seit dem 25. November bei Netflix zu sehen.
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