Am Freitag startet die neue Netflix-Serie "Barbaren". Die deutsche Produktion dreht sich um die Schlacht im Teutoburger Wald und erzählt die Geschichte vom Kampf gegen die Römer aus der Sicht der Germanen. Wir haben die aufwendig produzierte Historien-Serie vorab gesichtet und mit Schauspieler David Schütter gesprochen.
Die neue Netflix-Serie "Barbaren" beginnt gewissermaßen mit einem Trailer: Unterlegt mit dramatischer Musik sind römische Soldaten in ihren Rüstungen zu sehen, sie verstecken sich hinter ihren Schilden und erwarten in einem nebligen Wald einen Angriff.
Dann sieht man die Germanen, die mit Tierfellen behängt und mit Speeren bewaffnet auf die römische Streitmacht zustürmen. Wenig später brennt das Schlachtfeld, Blut spritzt in Superzeitlupe in Richtung Kamera. Es sind Szenen der Schlacht im Teutoburger Wald im Jahr 9 nach Christus, auch bekannt als die Varusschlacht.
Die Bilder sind beeindruckend und geben einen Vorgeschmack auf das, was die Zuschauerinnen und Zuschauer in den ab Freitag auf Netflix verfügbaren sechs Folgen erwarten wird. Eine deutsche Mini-Serie in High-End-Optik nämlich, die, was die Umsetzung angeht, auch im Kino laufen könnte. "Barbaren" ist ein weiterer Beleg dafür, dass sich deutsche Serien in Zeiten von "Dark" oder "Babylon Berlin" nicht vor der internationalen Konkurrenz verstecken müssen.
Die Geschichte wird aus Sicht der Germanen erzählt
Was neben der Optik für die Serie spricht, ist das frische Setting. Mittelalter- und Wikinger-Serien und -Filme gab es einige in den letzten Jahren, der Konflikt zwischen den Römern und den Germanen wurde hingegen bislang so gut wie gar nicht filmisch aufgegriffen. "Barbaren" erzählt die Geschichte aus der Perspektive der Germanen, das hat man tatsächlich so noch nicht gesehen.
"Wir sind zum ersten Mal historisch so nah wie möglich an der Sicht der germanischen Stämme dran. Und das ist ein Alleinstellungsmerkmal, mit der historischen Korrektheit, die wir haben walten lassen", erzählt Schauspieler David Schütter im Gespräch mit unserer Redaktion.
Schütter spielt den germanischen Krieger Folkwin Wolfsspeer, ein fiktiver Charakter. Viele andere Figuren wie Arminius (Laurence Rupp), Thusnelda (Jeanne Goursaud), Varus (Gaetano Aronica) oder Segestes (Berhard Schütz) haben hingegen historische Vorbilder. Schütter konnte seine Rolle deshalb freier interpretieren, allerdings im Rahmen dessen, was die Wissenschaft über das Leben der Germanen vor mehr als 2000 Jahren weiß.
Historische Berater halfen den Schauspielern
"Wir hatten am Set recht früh historische Berater. Die konnten sogar auf altgermanisch im Chor singen. Ich habe mir ein paar Dokus angeschaut, ein bisschen etwas gelesen", erzählt Schütter von seiner Vorbereitung: "So viele Überlieferungen gibt es ja gar nicht. Die Überlieferungen sind eher aus römischer Sicht und das ist nicht das, was wir erzählen wollten. Durch die Berater habe ich ein Gefühl für die Sache bekommen."
Tatsächlich regt die Serie dazu an, die oft lückenhaften Erinnerungen aus dem eigenen Geschichtsunterricht aufzufrischen. Mit ein wenig Internet-Recherche stößt man auf viele historische Details zu Thusnelda, Arminius und Varus, die sich auch in der Serie wiederfinden.
Im Mittelpunkt des Geschehens steht Arminius, ein Germane, der bei den Römern aufwuchs, zum Offizier ausgebildet wurde und nun zwischen beiden Seiten hin- und hergerissen ist. Denn die Römer unterdrücken die Germanen, bei denen sich mehr und mehr der Widerstand gegen die Besatzer regt. Schnell kommt es zu den ersten gewalttätigen Konflikten. Hin- und hergerissen ist auch Thusnelda, die in einer fiktiven Liebesgeschichte zwischen Folkwin und Arminius steht.
Die Römer sprechen Latein – die Germanen Jugendsprache
Noch aus einem anderen Grund wecken die "Barbaren" Erinnerungen an die Schulzeit: Wer Lateinunterricht hatte, wird staunen, wie sich die Römer untereinander unterhalten und auch mit den Germanen sprechen. Denn die Dialoge werden auf Latein mit deutschen Untertiteln geführt. "Das ist weltweit das erste Mal, dass Latein nicht trocken und mathematisch und scheiße ist, sondern emotional und spannend", sagt David Schütter und lacht. Auch hier halfen Experten den Schauspielern dabei, die tote Sprache wieder lebendig zu machen.
Während die lateinischen Dialoge ziemlich beeindruckend sind, sprechen die Germanen deutsch - und das teilweise auf eine ziemlich flapsige Art und Weise, was ein Schwachpunkt der Serie ist. Sätze wie "Da hast du nicht die Eier für" würde man eher auf dem Schulhof um die Ecke erwarten, als vor mehr als 2000 Jahren im Teutoburger Wald.
"Vikings"-Regisseur inszenierte die Schlacht
Letztlich trösten aber die krachende Action, die realistische Atmosphäre und der tolle Cast um die drei unverbrauchten Hauptdarsteller Goursaud, Rupp und Schütter über diese Schwächen hinweg. Und natürlich der Showdown auf dem Schlachtfeld, der gleich zu Beginn, noch vor dem Vorspann angeteast wird. Während die ersten vier Folgen von der österreichischen Filmemacherin Barbara Eder inszeniert wurden, wurde für die letzten beiden Episoden der irische Regisseur Steve St. Leger verpflichtet, der bereits für die Serie "Vikings" große historische Schlachten auf die heimischen Bildschirme brachte. Dass Thusnelda im Verlauf der Serie mehr und mehr an die beliebte "Vikings"-Kriegerin Lagertha erinnert, ist also kein Zufall.
Mit dem Höhepunkt der Schlacht endet die blutige Germanen-Saga, die sich um die klassischen Themen wie Liebe, Verrat und das Streben nach Macht dreht. Die Geschichte von Thusnelda, Arminius und Folkwin ist aber noch nicht zwangsläufig vorbei. Eine zweite Staffel wäre durchaus denkbar. "Ich würde es mir wünschen", sagt Folkwin-Darsteller David Schütter: "Die Geschichte könnte man weitererzählen, historisches Material gäbe es. Aber ich weiß es leider noch nicht."
Wie immer bei Netflix wird eine mögliche Fortsetzung auch davon abhängen, wie die Serie weltweit beim Publikum ankommt. Ob also auch die Abonnenten in den USA, Australien oder Indien Gefallen an einer Serie über die Geschehnisse im Teutoburger Wald vor mehr als 2000 Jahren finden. Die spektakulären Bilder gleich zu Beginn dürften dabei durchaus hilfreich sein, auch die Zuschauer abzuholen, die sich mit deutscher und europäischer Geschichte vielleicht nicht ganz so gut auskennen.
Verwendete Quellen:
- Vorabsichtung der sechs Folgen von "Barbaren"
- Zoom-Interview mit David Schütter
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