Martin Suter unterhält mit seinen Büchern seit Jahren ein Millionenpublikum. Sein Roman "Die dunkle Seite des Mondes" wurde jetzt mit Moritz Bleibtreu verfilmt. Suter hatte mit der Umsetzung nichts zu tun. Dennoch ist er mit der Verfilmung sehr zufrieden - ganz im Gegensatz zu früheren Versuchen, sein Werk auf die Leinwand zu bringen.
Herr
Sehr gut
… aber nicht von deren Verfilmungen. Woran kann das liegen?
Filme sind eben ein anderes Medium. Wenn man ein Buch gelesen hat, dann hat man seine eigenen Bilder im Kopf, und die stimmen oft nicht mit den Bildern überein, die man bei einem Film geliefert bekommt. Ich gebe aber zu, dass ein paar Verfilmungen etwas verunglückt sind. Das trifft auf "Die dunkle Seite des Mondes" aber gar nicht zu – mit dem bin ich sehr zufrieden.
Sie haben diese Bilder ja auch im Kopf, wenn Sie ein Buch schreiben. Werden die bei "Die dunkle Seite des Mondes" getroffen?
Nein, die sehen natürlich ganz anders aus als in meinem Kopf, als ich das Buch geschrieben habe. Aber schon nach wenigen Minuten waren das für mich die richtigen Darsteller [neben
Die Stimmung im Film ist sehr düster und bedrückend, beim Buch fühlte sich das noch etwas leichter an – vor allem durch die Sprache, in die sich bei Ihnen ja immer ein etwas ironischer Unterton mischt.
Ich finde nicht, dass der Film düsterer ist, als das Buch. Ich kann sprachlich halt nicht anders, als alles auch ein bisschen von der lustigen Seite zu sehen. Ein Film sollte auch keine hundertprozentige Wiedergabe eines Buches sein.
Ich bin zufrieden, wenn es ein guter Film geworden ist. Er darf die Essenz des Romans nicht verraten, sich sonst aber schon ein Stück vom Buch entfernen.
Sie selbst sind an der Produktion des Films dann gar nicht mehr persönlich beteiligt gewesen?
Nein, ich war gar nicht involviert. Der Autor hat auf dem Filmset nichts verloren. Und auch ein Drehbuch nach einem eigenen Roman zu schreiben, stelle ich mir sehr mühsam vor. Man hat einen Roman fertiggeschrieben, und dann müsste man die Maschen wieder auftrennen und von vorne anfangen. Das hat mich nie interessiert. Ich schreibe lieber einen neuen Roman.
Sie haben ja auch ein paar Drehbücher zu sehr sehenswerten Filmen wie "Giulias Verschwinden" oder "Nachtlärm" geschrieben - aus einem Ihrer Romane ein Drehbuch zu machen reizt Sie wirklich gar nicht?
Bis jetzt ist das so. Ich möchte nicht sagen, dass ich das nie machen werde. Vielleicht werde ich es machen, wenn mir sonst nichts mehr einfällt. Aber bis jetzt hat es mich tatsächlich nicht interessiert. Es gibt natürlich Beispiele von Autoren, die das sehr erfolgreich gemacht haben – John Irving zum Beispiel.
Der hat sich eben auch getraut, bei "Gottes Werk und Teufels Beitrag" einfach mal die Hälfte wegzulassen …
Das stimmt. Er hat das sehr gut gemacht, aber ich kann mir vorstellen, dass ihm das eine große Qual bereitet hat. Immerhin wurde er mit einem Oscar dafür belohnt.
"Die dunkle Seite des Mondes" war Ihr zweiter Roman. Ist der Film jetzt auch ein bisschen eine Reise in die Vergangenheit für Sie – an den Beginn Ihrer Karriere als Romanautor?
Eigentlich ist es immer noch ein sehr präsenter Roman für mich. Immer wenn ich einen neuen Roman geschrieben habe, ist meine Frau die erste Leserin und die sagt dann früher oder später "'Die dunkle Seite des Mondes' ist immer noch mein Lieblingsbuch von dir".
Haben Sie auch eine Rangliste für Ihre Bücher?
Nein, mein Lieblingsbuch ist immer mein neuestes. "Small World" war mein erster Roman, insofern war er sehr wichtig für meine Laufbahn als Schriftsteller. Aber ich habe keinen besonderen Favoriten. Wie ein Vater, der ja auch kein Lieblingskind haben darf.
Sie haben in den letzten Jahren ihren Output enorm gesteigert. Zuletzt erschien jedes Jahr mindestens ein Buch. Wie kam es dazu?
Ich habe immer gesagt, ich schreibe mit jedem Buch eine Hommage an eine literarische Gattung. Ich habe einen Zeitreise-Roman, einen Hochstapler-Roman, einen Abenteuer-Roman und so weiter geschrieben. Dann kam ich auf die fatale Idee, eine Hommage an den Serien-Krimi zu schreiben, und da kann es eben nicht nur bei einem Buch bleiben. Das muss dann eine Serie sein.
Eine Zeit lang habe ich abwechselnd einen normalen Roman und einen Allmen-Krimi geschrieben. Dann folgten zwei Allmen-Bücher hintereinander – das habe ich mir eingebrockt, indem ich den dritten mit einem Cliffhanger habe enden lassen. Da musste ich natürlich schnell einen nachliefern. Aber als nächstes kommt wieder ein normaler Roman.
Was ist denn zuerst da: Die Idee für eine Geschichte oder der Wunsch, eine bestimmte Gattung zu bedienen?
Ich plane das komplett im Voraus: Wenn ich eine Idee für eine Geschichte habe, dann lege ich auch fest, welches Genre es wird. Ich kann nicht plötzlich während des Schreibens sagen: "Das wird jetzt ein Allmen-Krimi."
Dann können Sie wahrscheinlich auch schlecht an zwei Buchprojekten gleichzeitig arbeiten, sondern müssen erst das eine abschließen, bevor Sie mit dem nächsten beginnen?
Ja. Bei "Montecristo" war es so, dass ich eigentlich gerade an etwas anderem gearbeitet habe, als mir die Idee mit den zwei identischen Banknoten kam – woher, weiß ich gar nicht mehr.
Die hat mich nicht mehr ruhen lassen. Da merkte ich, ich muss diesen Roman vorziehen. Ich habe das andere Projekt abgebrochen und erst jetzt wieder aufgenommen, als "Montecristo" erschienen ist.
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.