"Zweimal Druck aus der Elle, hinten rollt er nicht ab." Noch klingen solche Diagnosen von Knochenbrecher Tamme Hanken vertraut in den Ohren. Doch nach seinem plötzlichen Tod im vergangenen Oktober schien auch das TV-Ende des XXL-Ostfriesen besiegelt. Für sechs Folgen lässt Kabel eins in "Neues vom Hankenhof" den beliebten Knochen-Einrenker aber noch einmal auferstehen.

Christian Vock
Eine Kritik
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Tamme Hanken war eine Persönlichkeit. So viel lässt sich mit Sicherheit über den Knochenbrecher aus Ostfriesland sagen, auch wenn man ihn nie persönlich kennengelernt hat. Das lag zum einen natürlich an seinem imposanten Erscheinungsbild. Was den kernigen Ostfriesen aber vor allem ausgezeichnete, war sein großes Herz für Mensch und Tier.

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Für den Sender Kabel eins, der Hanken seit 2015 mit der Kamera begleitet hat, war diese Mischung natürlich ein Glücksfall. Nicht nur die Quoten stimmten, plötzlich hatte der eher imagelose Sender ein Gesicht. Was für Vox die Katzenberger und für RTL 2 die Geissens, das war Tamme Hanken für Kabel eins.

Auf den Spuren von Tamme Hanken

Als der Ostfriese im Oktober des vergangenen Jahres in einem Gasthof in Garmisch-Partenkirchen an Herzversagen starb, ehrte Kabel eins ihn mit einem Tamme-Hanken-Tag. So weit nichts Ungewöhnliches in der Fernsehlandschaft. Dass eine Sendung aber, wie gestern Abend geschehen, ohne ihren Hauptdarsteller weiterlebt, das ist schon eine kleine Bemerkung wert.

Doch eine Tamme-Hanken-Sendung ohne Tamme Hanken geht natürlich nicht, das leuchtet auch Kabel eins ein, denn so eine einmalige Erscheinung kann man nicht einfach so ersetzen. Macht der Sender aus Unterföhring auch nicht, sondern greift in die Trickkiste.

Damit Tamme Hanken in seiner eigenen Show "Neues vom Hankenhof – Tamme forever“ auch nach seinem Tod Platz findet, begleitet Kabel eins seine Frau Carmen auf einer Reise durch die USA, wo sie sich auf Spurensuche ihres verstorbenen Gatten macht.

Tamme Hanken fehlt

Dazwischen sieht man, wie es nach Hankens plötzlichem Tod auf dem gemeinsamen Hof weitergeht. Dass der Tod des "Knochenbrechers" nicht nur menschlich, sondern auch betriebswirtschaftlich ein Schlag ins Kontor ist, erfährt man gleich am Anfang. Vier Wochen nach Hankens Tod muss seine Frau Carmen eine Verkaufsshow organisieren, denn es müssen Pferde abgegeben werden, um den Hof weiter betreiben zu können.

Hanken fehlt nicht nur als Arbeitskraft, sondern auch als Zugpferd seines Unternehmens. "Wenn Tamme hier wär, dann wäre die Bude schon voll. Er zieht Leute an, er unterhält die Leute. Jeder will ihn sehen“, erzählt sein langjähriger Kollege und Freund Peter vor der Verkaufsshow.

Doch auch ohne Hankens Strahlkraft scheint die Show am Ende ein Erfolg für seine Frau Carmen zu werden und der Betrieb des Hankenhofs erst einmal gesichert. Also machen sich Carmen Hanken und ihre Mitarbeiterin Becky auf eine Reise an die amerikanische Westküste, um zu sehen, wo Tamme bei seinen vielen Auslandsreisen Spuren hinterlassen hat. So lassen sich natürlich wunderbar Rückblenden von Tammes Reisen einarbeiten, denn wie gesagt: Eine Tamme-Hanken-Sendung ohne Tamme Hanken wäre wie Knochen-Einrenken ohne Knochen.

Tamme Hanken, der Mensch-Tier-Flüsterer

Und Spuren hat Tamme Hanken so einige hinterlassen. Wie bei der Ziege Bruno, die sich für einen Hund hielt, und der Tamme Malzbier zur Regeneration empfahl. Oder bei Pferd Shorty mit dem ausgerenkten Kiefer, den niemand entdeckt hatte. Nach kurzem Abtasten – oder wie Tamme sagte: „mit den Fingern gucken“ - erkannte Hanken das Problem und zwei kräftige Handgriffe später konnte das Pferd wieder kauen.

Dass fremdsprachenunwissende Hanken all diese Spuren auch in fremden Ländern hinterlassen konnte, lag, so erfährt man es von seinen Hinterbliebenen, nicht nur am Wissen des Knochenbrechers, sondern auch an seiner direkten Art, mit Mensch und Tier zu kommunizieren.

"Was gebt ihr dem Hund zu essen?", fragt Hanken in einer Rückblende eine Hundebesitzerin und stellt dann bei der Behandlung fest: "Was da eben für ein Wind rausgezogen kommt, ist vom Feinsten. Wann hatte er denn, Zucchini?" Und zu einem Pferd in Ecuador spricht der Ostfriese voller Zuneigung: "Egal, wo ich auf der Welt bin, wir sprechen eine Sprache.“

Sechs Folgen lang Abschied nehmen

Umso trauriger stimmt seine ehemaligen Weggefährten sein Tod und diese gedrückte Stimmung ist in nahezu jeder Szene spürbar. "Momente, die nie wieder kommen", tönt es da aus dem Off und Freund Peter sagt: "Man kann gar nicht glauben, dass er nicht mehr da ist."

Solche Sätze hört man nicht nur einmal am gestrigen Abend.

Nun kann man Kabel eins und allen anderen Beteiligten natürlich vorwerfen, die Marke Tamme Hanken auf Teufel komm raus zu verwerten. Ob dem wirklich so ist, können allerdings nur die Angehörigen angemessen beurteilen. Für den Zuschauer und Hanken-Fan ist "Neues vom Hankenhof" mit Sicherheit einfach nur eine schöne Gelegenheit, ihren Sympathieträger noch einmal in Aktion zu sehen.

Und da man mit der Kombination aus Rückblenden und aktuellem Geschehen eine Möglichkeit gefunden hat, den verstorbenen Hauptdarsteller in seiner eigenen Show doch noch einmal lebendig werden zu lassen, könnte dieses Konzept vielleicht sogar die angekündigten sechs Folgen tragen.

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