Ständige Druckbetankung und leicht bekleidete Zerstreuung zeigen ihre Wirkung. Das erste Paar verlässt in Folge sechs "Temptation Island". Der Rest? Macht weiter wie zuvor

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Felix Reek dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Es ist ein Satz, bei dem alle Alarmglocken schrillen sollten: "Ich hatte viel Zeit zum Nachdenken", entfährt es Till gleich zu Beginn von "Temptation Island". Bekanntermaßen nicht die größte Stärke der Teilnehmer von RTLs Direct-to-TVNow-und-wieder-zurück-Formats. Fürs Nachdenken werden die Teilnehmer der Show nun wirklich nicht bezahlt.

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Schließlich tut der Sender alles, um genau das zu unterbinden: Eine Standleitung aus Energy-Drinks und Hochprozentigem kombiniert mit einer verordneten Kleiderallergie sorgt dafür, dass der Platz zwischen den Ohren durchgängig gut durchwässert bleibt.

Nur kurz, um uns alle auf den aktuellen Stand des "Berlin Tag & Nacht"-Ersatzteillagers zu bringen: Folge fünf von "Temptation Island" endete mit dem sogenannten "Lagerfeuer", bei dem sich die Paare, die ihre Treue testen wollen, ansehen, was ihre in der Regel gar nicht so bessere Hälfte in den vergangenen Tagen getrieben hat. Einer davon: Till, der es zuvor noch ordentlich krachen ließ. Jetzt säuselt er: "Mir ist definitiv bewusst geworden, dass ich der Hanna nicht wehtun möchte." Die anderen Männer schauen irritiert. Was ist denn mit dem los? "Bewusst geworden"? "Nicht wehtun"? Spontane Wortschatzerweiterung? Ist das ansteckend? Was kommt als Nächstes? Vollständige und korrekt formulierte Sätze? Nüchtern bleiben, einem ordentlichen Beruf nachgehen und nur noch mit der eigenen Freundin pennen? Ich bitte Sie!

"Ich frag' mich, warum du mir das antuschst!"

Dann doch lieber gleich weiter zu Davide, der weiß, was von ihm in diesem Format erwartet wird. Die Herrenrunde beginnt bei der Nennung seines Namens sofort zu grinsen. "Hö hö" und "ha ha", imaginäre Fist Bumps werden ausgetauscht.

Was der alles unter der Bettdecke getrieben hat! Sehr zur Missbilligung seiner Freundin Siria, die in der letzten Woche angekündigt hatte, ihn abzuservieren. "Was denkst du jetzt?", fragt ihn Moderatorin Angela Finger-Erben. Schon wieder dieses Wort! "Ich freue mich, sie zu sehen", antwortet Davide. So wie man sich eben freut, wenn der Proktologe gerade die Handschuhe für die große Hafenrundfahrt überstülpt.

Siria rauscht herein und legt direkt los: "Ich frag' mich, warum du mir das antuschst!" Davide weiß es offensichtlich nicht, er sitzt nur da. "Jeder Mensch hat das gesehen", fährt sie ihn an. Was eigentlich vorher klar sein sollte, wenn man in eine Fernsehshow geht. Immer noch keine Reaktion von Davide.

"Man merkt, dass du für Bitches für eine Nacht deinen Traum fürs Leben verloren hast." In Davides Augen glimmt etwas auf. "Bitches für eine Nacht, dein Traum fürs Leben"? Geile Zeile! Die schreib' ich mir gleich auf! Das ist der Beginn einer rasanten Rap-Karriere! Vergesst SSIO, Sido und Fler! Wer braucht schon eine Freundin, wenn es Bitches gibt? Keiner! Weswegen sich Siria gleich von ihm trennt und beide die Sendung verlassen.

So viel Glück hat der Rest der Damen auf "Temptation Island" nicht. Sie müssen zurück und das, was sie von ihrem jeweiligen Lebensabschnittsballasts auf Video gesehen haben, erst einmal verarbeiten. Was sie wie jede emanzipierte Frau von Format tun: tanzend auf einer Yacht, während sie sich an der Familienauslage der bereitgestellten Junggesellen reiben.

Schließlich sind die Männer hier ganz anders als die, die sie zu Hause haben. Also, natürlich nicht optisch. Das ist die gleiche Ansammlung aus Muskelmasse mit auftätowierten Kalendersprüchen. Nein, die wissen wie man eine Frau behandelt. Oder, Filippo? "Du musst immer dran bleiben, wie im echten Leben, immer dran bleiben, immer dran bleiben!" Genau so gewinnt man das Herz einer Frau! Oder eine einstweilige Verfügung.

"Temptation Island": "Ich fummel halt gern"

Über diesen Status sind Calvin und Jacky schon längst hinaus. Ist das noch flirten oder schon sexuelle Belästigung? Im Zweifelsfall eine Frage des Füllstandes, welcher glücklicherweise meist kurz vorm Überlaufen ist.

So wie auch in Folge sechs von "Temptation Island". Irgendwann um drei Uhr nachts: Calvin, treusorgender Freund von Pia, wälzt sich mit Jacky durchs Bett. "Wat willste, wat soll das?", lallt er.

Eine vollkommen berechtigte Frage, wenn da eine mehr oder weniger bekannte Frau die Weichteile als Kopfkissen benutzt. "Ich fummel halt gern", kommt prompt die Antwort. Was will man da als Mann sagen? Sie hat ja durchaus einen Punkt.

Wie soll Calvin schließlich seine Treue testen, wenn sich keine Gelegenheiten dazu bieten? Weswegen die beiden weitermachen, bis sie zusammen einschlafen.

Bloß, wie das so ist mit dem Alkohol: Am nächsten Morgen kann man sich meist an nichts mehr erinnern. Den eigenen Namen, wer die dämliche Idee hatte, sich in dieser Show anzumelden und vor allem, wer denn die Olle da neben einem ist, die Kleidungsstücke trägt, mit der sie sich selbst in der Sahara verkühlen würde.

"Heute wache ich auf, ich schau' nach links, liegt da die Jacqueline", rätselt Calvin. "Ich denk: Was geht hier ab?" Ja, was geht da bloß ab? Woher kommt die? In seinem Bett? Die Lösung ist klar: Irgendein niederträchtiger RTL-Redakteur hat ihn stark alkoholisiert und Jacky daneben gelegt! Die Schweine! Doch selbst wenn: Vorzuwerfen hat er sich nichts. Er ist stark geblieben, wie immer! Und überhaupt: "Wenn einer bei einem pennt, ist das kein Fremdgehen." Eben, nicht ohne Grund heißt es schließlich: Wer zweimal mit derselben pennt, gehört schon zum Establishment! Er kann doch wohl schlafen, mit wem er will! Ähm, neben wem, natürlich. Frauen, Männer, einer pinken Einhorn-Badeinsel! Hauptsache, er ist treu! Er hat nichts gemacht, ehrlich! Das wird Pia am Ende auch sehen! "Die müsste doch ein Video bekommen mit allem, was ich hier gemacht habe", stammelt er in die Kamera. Wird sie. Ganz bestimmt. In der nächsten Woche. Mit ALLEM, was er am Tag bei "Temptation Island" gemacht hat. Denn genau so funktionieren solche Sendungen.

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