Bei Dating-Shows ist es eigentlich wie beim "normalen" Kennenlernen: Entweder man mag sich – oder eben nicht. Dass man für eine solche Erkenntnis nicht unbedingt nackt sein muss, ignoriert RTLZwei mit seiner Show "UNdressed" auch in der jüngsten Folge am Montagabend.
Erste Dates folgen zumeist ungeschriebenen, manchmal auch geschriebenen Gesetzen. Das Entkleiden beim ersten Kennenlernen sehen daher, je nach Art und Vorgehensweise, manchmal weder die Moral, noch eigene Offenheit noch der Gesetzgeber vor. Machen wir's praktisch: Wenn man im Restaurant plötzlich blank zieht, ist die Überraschung häufig groß.
"UNdressed": Erstes Date auf einem Bett
Im Fernsehen hingegen ist die Lage völlig anders. Hier darf man bei all den Dating-Formaten, die die Bildschirme inzwischen fluten, fast froh sein, wenn die Kandidaten ein Mindestmaß an Kleidung anhaben. War das polemisch? Mit Sicherheit, aber dass die Damen und Herren hier häufig eher luftig herumlaufen, kann nicht nur an den sommerlichen Temperaturen der Drehorte liegen.
Bei RTLZwei ist man hier seit einiger Zeit maximal offen und erklärt die Abwesenheit von Kleidung beim Kennenlernen zum Prinzip. Bei der Dating-Show "UNdressed – Das Date im Bett" treffen sich zwei Unbekannte ohne Oberbekleidung und verbringen ihr erstes Date auf einem Bett. Dieses Konzept unterscheidet sich zwar deutlich von anderen Dating-Shows wie "Der Bachelor" oder der RTL-Nackedeierei "Adam sucht Eva", trotzdem stellt sich auch hier die Frage: warum?
"UNdressed" - ein "heißes Experiment"?
In der Beschreibung der Show heißt es dazu vonseiten des Senders in einer Mischung aus Sensationismus und Pseudo-Wissenschaft: "Bei 'UNdressed – Das Date im Bett' wagen Singles ein heißes Experiment und erleben ihr Blind Date ohne Kleidung an dem wohl intimsten Ort der Welt: dem Bett. Wie schnell kommen die Paare sich näher?"
Es soll also "heiß" und eine Art "Experiment" werden. Bei RTLZwei, das zeigt dann auch die neue Folge am Montagabend, nimmt man es bei den Begrifflichkeiten aber nicht wirklich genau. Hier deklariert man unbekleidet gleich zu "heiß" und eine Unterhaltungsshow zu einem "Experiment". Im Grunde geht es eigentlich nur darum, zu gucken, was passiert, wenn sich zwei Unbekannte nur im Schlüpper treffen. Damit das aber nicht völlig unkontrolliert abläuft, steht vor dem Bett ein Bildschirm, auf dem Fragen und Aufgaben eingeblendet werden, die die Singles beantworten, beziehungsweise erledigen müssen. Nach 30 Minuten ist der Spuk vorbei und die Kandidaten müssen sich entscheiden, ob sie sich wiedersehen wollen.
Wollen sie. Zumindest Nina und Marc. Die Zahnarzthelferin und der Schauspieler/Sänger finden sich von Beginn an sympathisch und auch noch eine halbe Stunde später. Dazwischen liegen 30 Minuten, in denen sich die beiden verbal und körperlich näherkommen, denn die erste Aufgabe bei allen Kandidaten lautet: "Zieht euch gegenseitig aus!"
Marco: "Man kauft nicht die Katze im Sack"
Das macht man, sofern man eine gute Kinderstube hatte, zwar mit den Händen, aber eben auch mit ein bisschen Konversation. "Da muss man schon so eine Hemmschwelle überschreiten", findet Marc und meistert diese trotzdem. Alsbald liegen also Marc und Nina in Unterwäsche auf dem Bett und plaudern entweder frei oder auf Anweisung und finden so etwas mehr über den anderen heraus – mit dem Ergebnis, dass man sich wiedersehen möchte, wahrscheinlich dann erst einmal angezogen.
Anders sieht es hingegen bei Zoey und Marcel aus. Sie wünscht sich von ihrem Traummann ein anregendes Hobby, er spielt Fußball und geht Joggen. Da hilft es dann auch nicht, dass er ihr mehr oder weniger spontan eine kleine Rap-Einlage bietet. Auch nicht zueinander gefunden haben Marco und Maria, und das, obwohl der 26-jährige Marco das Prinzip der Show eigentlich gut findet: "Man kauft nicht die Katze im Sack."
Gekauft hat er die Katze dennoch nicht, weil er erstens mit Marias roter Haarfarbe "so gar nicht" klarkam und zweitens sein antiquiertes Rollenverständnis nicht so recht überwinden konnte. Maria macht derzeit nämlich ein Praktikum, bei dem sie auch schweißen muss und da hat Marco eine klare Meinung: "Ich finde, das ist wirklich ein männlicher Beruf. Frauen sollen ja noch ein bisschen weiblich bleiben und ein bisschen Weiblichkeit zeigen."
Und dafür muss man nackig sein?
Das darf Marco natürlich gerne meinen, selbst im 21. Jahrhundert, es führt aber unweigerlich zu der Frage nach dem Sinn hinter dem Show-Konzept. Oder anders formuliert: Warum müssen die Teilnehmer für so eine Erkenntnis denn nackig sein? Die gezeigten Gespräche gingen nämlich fast ausnahmslos nicht über den Körper der Partner – in die Köpfe kann man freilich nicht hineinsehen.
Die Erkenntnisse, die die Kandidaten über einander gewonnen haben und die offenkundig für die Sympathien verantwortlich waren, hätten sie sicher auch im angezogenen Zustand gewinnen können: Dass Kandidatin Nicole bereits vier Kinder hat, hätte Martin sicher auch mit Klamotten überrascht und dass Marco und Maria beide Boxen gut finden, hätten sie sicher auch bekleidet herausgefunden.
Anders als andere Dating-Shows
Nach zwei Staffeln und elf Folgen ist "UNdressed" also weder "heiß", noch ein echtes Experiment. Vielleicht wollte RTLZwei mit der ganzen Sahneklopferei ja auch einfach nur überdecken, dass "UNdressed" eigentlich nur eine relativ harmlose Dating-Show ist, die mit dem ganzen Muskelmänner- und Nagelstudioschönheiten-Image anderer Partner-Formate nicht viel gemein hat.
Stattdessen sieht man hier sympathische, weil "normale" Kandidaten, die offenbar Lust auf ein solches Format haben, ohne dabei darauf zu schielen, was ihnen das Ganze für die Follower-Zahlen ihres Instagram-Accounts bringt. Das hätte man aber auch einfach so sagen können.
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.