Was tun mit den Millionen Diesel-Fahrzeugen, die deutlich mehr Stickoxide ausstoßen, als ihre Käufer angenommen hatten und so unsere Luft verpesten? Fahrverbote sind das letzte Mittel. Vorher setzt Verkehrsminister Andreas Scheuer auf Umtauschprämien - und legt nun einen weiteren Vorschlag vor, bei dem möglicherweise auch die Besitzer zur Kasse gebeten werden.
Für kommenden Montag hat Kanzlerin
Demnach sollen sich die Autohersteller bis zu einem Preis von 3.000 Euro an den Kosten für eine Nachrüstung von Stickoxidfiltern beteiligen. Bis zu 80 Prozent seien im Gespräch. Ein staatlicher Zuschuss sei nicht vorgesehen.
Umgekehrt bedeutet das: Diesel-Besitzer könnten für eine Nachrüstung ihres Wagens bis zu 600 Euro aus der eigenen Tasche bezahlen müssen.
Kaum ein Diesel-Fahrer dürfte davon begeistert sein.
Umtausch soll attraktiver werden
Grundsätzlich will der Verkehrsminister möglichst wenige Fahrzeuge mit Stickoxidfiltern nachrüsten. Laut "Handelsblatt" halten Scheuer und die Hersteller das nur bei bestimmten Modellen technisch für sinnvoll, darunter der VW Passat, der 3er-BMW und die C-Klasse von Mercedes mit Euro-5-Standard.
Schmutzigere Diesel will der Minister gleich ganz von der Straße nehmen. "Meine Priorität ist die Flottenerneuerung und die Tausch-Option."
Wie das aussehen könnte? Laut "Handelsblatt" ist eine "freiwillige Selbstverpflichtung" der Autohersteller im Gespräch. Sie sollen Diesel-Fahrzeuge mit dem Standard Euro 4 oder schlechter zurücknehmen, ebenso ältere Euro-5-Modelle und solche mit hoher Laufleistung.
Stattdessen soll der Kunde einen sauberen Diesel, einen Benziner oder auch ein Elektroauto kaufen - wobei die Differenz zwischen dem Ankaufspreis für den alten Wagen und dem Verkaufspreis für den neuen gering gehalten werden soll. "Im besten Fall zahlt der Kunde gar nichts drauf", heißt es.
Ob der Tausch am Ende so attraktiv ist, dass sich die Kunden darauf einlassen, ist offen. Die bisherige Diesel-Umtauschprämie hätten weniger Menschen in Anspruch genommen als erhofft.
Steuerzahlerbund warnt große Koalition
Die Konzernchefs haben sich nach Informationen des "Handelsblatts" offen für großzügigere Umtauschprämien gezeigt. "Jeder Hersteller rechnet jetzt Umtauschaktionen durch, die so attraktiv sind, dass die Kunden zugreifen", zitierte das Blatt aus Regierungskreisen.
Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Dieter Kempf, hat die Automanager aufgefordert, in der Diesel-Krise Verantwortung zu übernehmen. Diejenigen, die für Betrug verantwortlich seien, müssten sich nun kümmern, sagte der BDI-Chef am Dienstag beim Tag der Deutschen Industrie in Berlin mit Blick auf den Abgasskandal.
Der Steuerzahlerbund und der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) warnten die große Koalition davor, die Steuerzahler zur Lösung der Diesel-Krise finanziell zu belasten.
Der Chef des VZBV, Klaus Müller, nannte es "bitter und unverschämt", wenn Autobesitzer, denen nichts vorzuwerfen sei, 300 bis 600 Euro tragen sollten. "Hier erwarten wir ein Machtwort der Kanzlerin, dass Verursachergerechtigkeit weiterhin gelten muss."
"Steuergeld zur Hardware-Nachrüstung von Diesel-Fahrzeugen lehne ich ab - das ist Aufgabe der Automobil-Industrie", sagte der Präsident des Steuerzahlerbundes, Reiner Holznagel, der "Rheinischen Post". "Ich appelliere an die Politik: Der Steuerzahler darf hier keine finanzielle Haftung übernehmen."
Auch Söder gegen Selbstbeteiligung der Diesel-Besitzer
Dieser Meinung ist auch Umweltministerin Svenja Schulze (SPD). Sie sagte, die Autobauer hätten das Problem mit zu hohem Stickoxidausstoß verursacht. "Ich erwarte, dass der Verkehrsminister ein Konzept vorlegt, das die Hersteller in die Pflicht nimmt und nicht die Dieselfahrer."
Auch SPD-Chefin Andrea Nahles forderte, die Firmen müssten zahlen. SPD-Fraktionsvize Sören Bartol sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Mittwoch): "Die Idee der Hersteller, die Kosten der technischen Nachrüstung teilweise an ihre Kunden weiterzureichen, erschließt sich mir noch nicht."
Bayerns Ministerpräsident
Und es wäre auch ein falsches Signal, wenn die Steuerzahler als Ganzes am Ende dafür aufkommen müssten, warnte Söder. "Es kann nicht auf Dauer zu Lasten der Steuerzahler oder der Diesel-Fahrer sein." Das müsse anders gelöst werden. (mcf/dpa)
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