Der Atomdeal mit dem Iran hatte den deutsch-iranischen Wirtschaftsbeziehungen einen beträchtlichen Aufschwung beschert. Der Ausstieg der USA aus dem Abkommen könnte die Erfolge zunichte machen und den Ölpreis in die Höhe treiben.

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Donald Trumps Entscheidung, das Atomabkommen mit dem Iran aufzukündigen, hat den Ölpreis in die Höhe getrieben. Ein Barrel kostete am Mittwochmorgen 76,70 Dollar. Das entspricht 1,85 Dollar mehr als noch am Vortag - und ist das höchste Niveau seit 2014.

Auch längerfristig könnte Trumps Entscheidung weitreichende Folgen für den Ölmarkt haben. Schon jetzt ist das Angebot knapp. Das liegt zum einen an einer seit Anfang 2017 geltenden Fördergrenze der Opec. Zum anderen ist die Förderung in dem ölreichen Krisenstaat Venezuela eingebrochen. Hinzu kommt eine solide wachsende Weltwirtschaft, die für eine steigende Nachfrage sorgt.

Durch ein Embargo iranischen Öls würden zusätzliche Mengen wegbrechen. Verbraucher müssten sich dann auf steigende Preise an der Tankstelle einstellen.

Der Iran ist nach Saudi-Arabien und dem Irak der drittgrößte Exporteur der Gemeinschaft erdölexportierender Länder (Opec). Die tägliche Fördermenge von rund 3,8 Millionen Barrel (159 Litern) entspricht knapp vier Prozent der weltweiten Ölförderung.

Washington wolle unter anderem eine starke Reduzierung der iranischen Ölexporte erreichen, erklärte eine Sprecherin von Germany Trade & Invest gegenüber unserer Redaktion.

"Derzeit gehen etwa 40 Prozent der iranischen Ölausfuhren nach Europa. Hauptabnehmer sind vor allem Italien, Frankreich, Spanien, Griechenland und die Niederlande." Die direkten Einfuhren von Erdöl und Erdgas nach Deutschland sind den Angaben zufolge gering.

Auswirkung auf Verbraucher von weiterer Entwicklung abhängig

In welchem Maß deutsche Autofahrer die Entwicklung zu spüren bekommen, hängt nach Ansicht von Ökonom Aleksander Zaklan, Energie-Experte am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin, vom Verhalten der weiteren Vertragspartner ab.

Gehen sie einen anderen Weg als die USA und lassen die Sanktionen ausgesetzt, kommt iranisches Öl weiter auf den Markt. In diesem Fall sollten die Auswirkungen gering ausfallen. Zumindest die EU hat angekündigt, weiterhin auf Sanktionen gegen den Iran zu verzichten.

Entscheidend für den Ölpreis dürfte außerdem sein, wie sich die politische Stabilität im Nahen Osten entwickelt. Die Faustformel: je größer die Unsicherheit, desto teurer das Barrel.

"Die Preise für Öl und Benzin werden eher auf indirektem Weg steigen, wenn das gesamte Angebot auf dem Markt geringer wird und auch die Angst vor weiteren Spannungen in der Nahost-Region die Preise insgesamt steigen lässt", vermutet auch die Sprecherin von Germany Trade & Invest.

Auch über den Ölpreis hinaus sieht die deutsche Wirtschaft die Aufkündigung des Atomabkommens mit dem Iran durch die USA mit Sorge.

Beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) befürchtet man, dass die US-Sanktionen gegen den Iran deutsche Unternehmen auch dann treffen, wenn Europa seinerseits am Abkommen festhält und auf Sanktionen verzichtet.

"Die Unternehmen treibt die Sorge um, durch ihren Handel mit dem Iran das US-Geschäft zu verlieren", erläutert der DIHK. "Schließlich drohen jetzt auch europäischen Unternehmen der Realwirtschaft Strafen in den USA, sollte sich zum Beispiel der iranische Geschäftspartner auf US-Sanktionslisten wiederfinden."

US-Präsident Donald Trump hatte erklärt, dass die im Rahmen des Abkommens ausgesetzten Sanktionen in voller Härte wieder zum Tragen kommen sollen. Der neue US-Botschafter in Deutschland, Richard Grenell, forderte deutsche Unternehmen prompt auf, Geschäfte mit dem Iran "sofort" herunterzufahren.

"Die Aussichten sind nun eindeutig getrübt"

Um das beste aus der Situation machen zu können, ist es aus Sicht des Deutschen Industrieverbandes BDI essenziell, dass die Vertragspartner aus der EU sich jetzt zusammen mit Russland und China eindeutig zu den Vereinbarungen bekennen.

"Unsere Unternehmen haben sich große Hoffnungen auf die Marktöffnung durch Aufhebung der Wirtschaftssanktionen gemacht. Diese Aussichten sind nun eindeutig getrübt", sagt Präsident Dieter Kempf.

Nach dem mühsam errungenen Abschluss des Atomabkommens 2015 hatte der Deutsche Industrie- und Handelskammertag prognostiziert, das deutsch-iranische Handelsvolumen werde sich binnen zwei Jahren auf rund fünf Milliarden Euro verdoppeln.

Die tatsächliche Entwicklung ist zwar weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Eine Tendenz nach oben ist aber deutlich erkennbar: Seit Anfang 2016 hat der deutsch-iranische Handel um 42 Prozent auf 3,4 Milliarden Euro zugelegt.

Der Löwenanteil - 2017 waren es 2,9 Milliarden Euro - des Handelsvolumens entfällt auf deutsche Exporte in den Iran. Die Ausfuhr von Maschinen, chemischen Erzeugnissen und Pharmazeutika macht Deutschland für den Iran zum drittwichtigsten Handelspartner.

Umgekehrt ist die Bedeutung wesentlich kleiner: Deutschland bezieht aus dem Iran in erster Linie landwirtschaftliche Produkte sowie Erdöl und Erdgas, wobei das Importvolumen laut Statistischem Bundesamt 2017 lediglich 400 Millionen Euro betrug.

Auch ohne Sanktionen stehen deutsche Unternehmen, die mit dem Iran handeln möchten, vor hohen Hürden. "Das Hauptproblem ist und bleibt die Zurückhaltung der Banken in der Finanzierung und Abwicklung von Geschäften", sagt der Hauptgeschäftsführer des Maschinenbauer-Verbands VDMA, Thilo Brodtmann. Nötige Kredite seien auf dem internationalen Finanzmarkt derzeit nicht erhältlich.

Mit Material der dpa
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