Auf den Weltmeeren fahren zahlreiche Kreuzfahrtschiffe "Made in Germany". Dies könnte sich bald ändern, denn eine der größten deutschen Werften ist in Schieflage geraten. Als letzter Rettungsanker könnte jetzt der Staat einspringen.
Seit Monaten arbeiten die Bundesregierung und das Land Niedersachsen an einer möglichen Rettung der für ihre Kreuzfahrtschiffe bekannten Meyer Werft. Heute war Bundeskanzler Olaf Scholz und Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (beide SPD) bei einer Betriebsversammlung des kriselnden Unternehmens im emsländischen Papenburg. Ein Rettungsplan ist in Sicht, aber noch nicht beschlossen. "Aber eines kann ich heute klar zusagen: Der Bund trägt seinen Teil der Lösung bei", sagte Scholz im niedersächsischen Papenburg.
Warum ist die Meyer Werft in der Krise?
Das Unternehmen braucht dringend sehr viel Geld – bis zum 15. September müssen die Einigungen dazu stehen. Insgesamt muss die Werft bis Ende 2027 zur Finanzierung von Schiffsneubauten fast 2,8 Milliarden Euro aufbringen. An mangelnden Aufträgen liege das nicht, heißt es. So verzeichnete die Meyer Werft erst vor einigen Tagen mit vier Kreuzfahrtschiffen für die Disney Cruise Line den nach eigenen Angaben größten Auftrag der Firmengeschichte.
Allerdings sind einige Verträge für Kreuzfahrtschiffe noch vor der Corona-Pandemie abgeschlossen worden und sehen keine Anpassung an die drastisch gestiegenen Energie- und Rohstoffpreise vor. Zudem werden in der Branche üblicherweise 80 Prozent des Baupreises erst bei Ablieferung des Schiffes gezahlt – den Bau muss die Werft also mit Krediten zwischenfinanzieren.
Was ist als Rettung im Gespräch?
Denkbar ist eine zeitlich befristete Beteiligung von Bund und Land an der Werft, um für eine Erhöhung des Eigenkapitals um rund 400 Millionen Euro zu sorgen. Außerdem benötigt die Werft Bürgschaften, um neue Kredite für den Schiffbau zu bekommen und so die milliardenschwere Finanzierungslücke zu schließen.
Demnach könnten der Bund und das Land Niedersachsen mit jeweils rund 900 Millionen Euro bürgen und vorübergehend 80 bis 90 Prozent der Werft übernehmen. Einer solchen Lösung müssten aber unter anderem noch der Haushaltsausschuss des Bundestags und die EU-Kommission zustimmen, hieß es.
Anfang Juli hatte sich die Geschäftsführung der Meyer Werft bereits mit dem Betriebsrat und der Gewerkschaft IG Metall auf ein Restrukturierungskonzept geeinigt. 340 der mehr als 3.000 Stellen in Papenburg sollen demnach abgebaut werden. Darüber hinaus sollen ein Aufsichtsrat und ein Konzernbetriebsrat geschaffen und der Unternehmenssitz von Luxemburg nach Deutschland zurückverlegt werden – das war eine Forderung der Politik.
Wirtschaftsminister
Warum kämpft die Politik für eine Zukunft der Werft?
Ministerpräsident
Ein Gutachten hatte der Werft zuletzt unter bestimmten Voraussetzungen gute Zukunftsaussichten zugesprochen. Vor allem muss das Unternehmen wieder Gewinne machen. Die Werft sei in den vergangenen Jahren "keine Ertragsperle" gewesen, hatte Chefsanierer Ralf Schmitz vor einigen Wochen gesagt. Bis 2028 soll die Sanierung des Unternehmens abgeschlossen sein.
Die Meyer Werft ist einer der weltweit führenden Hersteller von Kreuzfahrtschiffen und damit ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für Niedersachsen. Neben den Arbeitsplätzen gehe es aber auch darum, das Knowhow des zivilen Schiffbaus in Deutschland zu halten, hatte die Landesregierung argumentiert. (dpa/bearbeitet von the)
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