Die Krise bei Volkswagen spitzt sich zu. Der Konzern meldet einen massiven Gewinneinbruch im dritten Quartal. Die Bosse setzen auf einen Sparkurs – doch der hätte weitreichende Folgen.

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Bei Deutschlands größtem Autobauer und privaten Arbeitgeber VW spitzt sich die Krise zu. Im dritten Quartal ist der Gewinn des Konzerns um knapp 64 Prozent eingebrochen. Das gab das Management am Mittwoch (30. Oktober) in Wolfsburg bekannt. Nach Steuern stehen noch 1,58 Milliarden Euro auf der Haben-Seite.

Das größte Problem: Der Konzern verkauft zu wenig Autos. Vor allem in China läuft es schlecht. Das Geschäft in Fernost war jahrelang für VW ein Renditebringer. Und hat, so sagen es Branchenkenner, die Probleme anderswo kaschiert. Denn: Der Wolfsburger Autobauer hat unterm Strich zwei Werke zu viel, für die schlicht die Verkäufe fehlen. In Europa setzt Volkswagen 500.000 Autos weniger ab als vor der Pandemie.

Ein knallharter Sparkurs soll jetzt die Wende bringen. Und nicht nur die zehntausenden VW-Beschäftigten, deren Jobs bedroht sind, fragen sich: Wie geht es weiter?

Welcher VW-Standort besonders gefährdet ist

Noch ist unklar, ob das Management wirklich ganze Standorte aufgeben will. Oder ob es womöglich auch eine Drohung in Richtung IG Metall ist, die bei Volkswagen – trotz Krise – in der beginnenden Tarifverhandlung sieben Prozent mehr Lohn durchsetzen will. So oder so: Der mächtige Betriebsrat des Autobauers läuft sich bereits warm, kündigt massiven Widerstand der Arbeitnehmer an, sollten die Bosse wirklich zum Kahlschlag ansetzen.

Wie die "Süddeutsche Zeitung" berichtet, droht Osnabrück dabei die größte Gefahr. Dort wird ab 2026 kein Modell mehr gebaut. Aber: Volkswagen ist kein Unternehmen, wie jedes andere. Das Land Niedersachsen hält 20 Prozent am Autobauer. Die Politik sitzt also im Aufsichtsrat. Dort könnten niedersächsische Interessen den Ausschlag geben – was wiederum die Lage der anderen VW-Werke in Kassel, Chemnitz, Dresden und Zwickau verschlechtert. Denkbar, so die "SZ", wäre auch ein Verkauf der Werke, etwa an einen chinesischen E-Autobauer. So könnten die Chinesen auch die Einfuhrzölle der EU umgehen.

Es drohen Dominoeffekte und Steuerausfälle

Mit Sorge blicken auch viele Kommunalpolitiker auf die VW-Krise. Dort, wo der Autobauer aktiv ist, flossen Steuergelder. Damit könnte es bald vorbei sein. "Es drohen massive Ausfälle bei der Gewerbesteuer", sagte André Berghegger, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, der "Bild"-Zeitung. Beispiel Baunatal bei Kassel, nach Wolfsburg der zweitgrößte VW-Standort. Laut "Bild" hat die letzte große VW-Krise im Jahr 2015 (Abgasskandal) die Steuereinnahmen der Autostadt mehr als halbiert. In Salzgitter, ebenfalls ein VW-Standort, sind sie um knapp 40 Prozent eingebrochen.

Zudem droht die Gefahr eines Dominoeffekts. An VW hängen viele Betriebe, direkt oder indirekt, etwa als Zulieferer. Wenn Volkswagen wackelt, sind auch sie bedroht. Hinzu kommt: Der Konzern ist mit großen Werken (Baunatal in Nordhessen oder Zwickau in Sachsen) in strukturschwachen Regionen tätig. Wohl und Wehe ganzer Wirtschaftsregionen hängt an Volkswagen, eine gefährliche Abhängigkeit.

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Arbeitsmarkt: Es drohen regional Probleme

Auch wenn der Arbeitsmarkt für Fachkräfte gut ist: Regional kann es durchaus schwierig werden, sofort wieder einen Job zu finden. "Insbesondere, wenn es im Zuge von Werksschließungen zu Entlassungen kommt, kann ein regionaler Arbeitsmarkt kurzfristig überfordert werden", so der Wirtschaftsforscher Holger Schäger vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. Massenentlassungen sind auch für den Staat teuer. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hat ausgerechnet, dass für einen Arbeitslosen Kosten in Höhe von rund 25.000 Euro pro Jahr anfallen.

Was passiert jetzt bei VW?

Zunächst stehen die Tarifverhandlungen an, die seit Mittwoch (30. Oktober) in die nächste Runde gehen. Noch sind die 120.000 Mitarbeiter in Deutschland vor betriebsbedingten Kündigungen geschützt. Doch der Vorstand hat die Beschäftigungsgarantie bereits im September aufgekündigt. Vier Milliarden Euro will VW einsparen. Im Raum stehen jetzt: Arbeitsplatzabbau, Lohnkürzungen von bis zu 18 Prozent und die Schließung einzelner Standorte. Dagegen kämpfen Betriebsrat und IG Metall. Streiks sind ab Dezember möglich, schreibt die "SZ".

Was die Lage für das Management erschwert: Zusammen mit dem Land Niedersachsen haben die Arbeitnehmer eine Mehrheit im Aufsichtsrat des Autobauers. Sie können also alles blockieren. Wirtschaftsexperten wie DIW-Chef Marcel Fratzscher warnen allerdings vor politischen Eingriffen. "Entscheidungen bei Volkswagen müssen ausschließlich auf der Grundlage entschieden werden, was den Konzern wieder wettbewerbsfähig und innovativer macht", sagte er der Nachrichtenagentur Reuters.

Was immerhin Hoffnung macht: Management, Betriebsrat und Politik sind sich in der Diagnose einig. Die Lage bei VW ist nicht gut. Und so, wie es ist, kann es nicht bleiben. Die Frage ist nur, wie schmerzhaft die Sanierung wird. (fah)

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