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Vor 75 Jahren ernannte Reichspräsident Paul von Hindenburg einen Mann namens Adolf Hitler zum Reichskanzler. Eigentlich wäre das heute nur eine kleine Randnotiz in der deutschen Geschichte, denn vor dem 30. Januar 1933 verhalf von Hindenburg in kurzen Abständen einigen Politikern zum Titel Reichskanzler.

Aber mit der Übertragung der Regierungsgeschäfte an den Ex-Österreicher aus Braunau war das anders: Mit dem 30. Januar 1933 öffnete sich eines der dunkelsten Kapitel der neueren Geschichte.

Ende 1929 begann die Weltwirtschaftskrise in den USA. Schon bald hatte der Mega-Abschwung Deutschland erreicht. Massenarbeitslosigkeit und viele Firmenpleiten waren die Folge. Als im März 1930 dann auch noch die Koalition von demokratischen Parteien auseinanderbrach, begann ein hektisches Treiben beim erzkonservativen Reichspräsidenten Paul von Hindenburg. Im Abstand von wenigen Monaten stellte er die Reichskanzler Heinrich Brüning, Franz von Papen und Kurt von Schleicher ein, um sie bald wieder abzusetzen.

Sie alle konnten die Krise der Weimarer Republik nicht lösen: Die Arbeitslosigkeit stieg weiter an, die demokratischen Parteien verloren die Unterstützung der Wähler und die Radikalen bekamen immer mehr Zulauf. In diesem Sog gewann die neugegründete Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) immer mehr an Einfluss.

Bei der Wahl am 6. November 1932 vereinigte die NSDAP schließlich gut 33 Prozent der Stimmen auf sich. Nach dem Rücktritt des Regierungschefs von Schleicher bedrängten Militärs und Industrielle von Hindenburg, den Emporkömmling Hitler zum Reichskanzler zu machen. Die Ernennung ihres Führers feierten am 30. Januar 1933 tausende Mitglieder der Sturmabteilung (SA) der Nationalsozialisten mit einem gigantischen Fackel-Triumpfzug durch Berlin.

Im Kabinett von Adolf Hitler saßen mit Wilhelm Frick und Hermann Göring nur zwei weitere Nationalsozialisten. Die anderen Ministern wie Ex-Kanzler Franz von Papen hofften, die Nazis zu zähmen. Doch die Rechnung der konservativen Regierungsmitglieder ging nicht auf: Schon am 1. Februar 1933 veranlasste Hitler den Reichspräsidenten, das Parlament aufzulösen.

Von nun an machte die NSDAP mit offiziellem Auftrag Jagd auf den politischen Gegner - vorzugsweise auf Kommunisten und Sozialdemokraten. Am 17. Februar erließ Göring einen Schießerlass, der der Polizei den Gebrauch der Schusswaffe gegen Oppositionelle erlaubte.

Nur Wenige wehrten sich: Am 15. Februar 1933 hielt Adolf Hitler in der Stuttgarter Stadthalle eine Rede, die der süddeutsche Rundfunk übertragen sollte. Mit einer Axt zerstörte der Kommunist Alfred Däuble die Übertragungskabel und flüchtete. Die Polizei fasste ihn und seinen Helfer Hermann Nedinger jedoch. Beide mussten mehrfach Gefängnis-Strafen für ihre Tat verbüßen.

Um ihre Macht zu festigen, waren die Nationalsozialisten darauf aus, das neue Medium Radio für ihre Propagandazwecke einzusetzen. Reihenweise traten Intendanten zurück oder wurden entfernt. Am 13. März richtete die Regierung das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda ein, dessen Posten Hitler mit Joseph Goebbels besetzte. Goebbels war der Chef-Ideologe der Partei und einer der Wegbereiter und Initiatoren des Holocausts.

In der Nacht vom 27. auf den 28. Februar brannte der Reichstag. Noch während des Brandes nahm die Polizei im Parlamentsgebäude den Kommunisten Marinus van der Lubbe fest. Am 22. Dezember wurde er wegen "Hochverrat in Tateinheit mit vorsätzlicher Brandstiftung" zum Tod verurteilt, am 10. Januar mit der Guillotine hingerichtet.

Mit Lubbe wurden als Hintermänner der Vorsitzende der Reichstagsfraktion der kommunistischen Partei Deutschlands (KPD), Ernst Torgler, sowie die drei bulgarischen Kommunisten Georgi Dimitrow, Blagoj Popoff und Wasil Taneff angeklagt. In seiner Haft hatte sich der Bulgare Dimitrow mit dem deutschen Strafrecht vertraut gemacht und bereitete dem Gericht beim Prozess mit seiner brillanten Rhetorik große Probleme.

Die Aussagen der Zeugen widersprachen sich und ein Gutachter kam zu dem Schluss, dass es außer Lubbe noch weitere Brandstifter gegeben habe müsse. Erst der mehrfache Ausschluss von Dimitrow und die Propaganda-Auftritte von Goebbels und Göhring entschieden den Schau-Prozess. Lubbe wurde verurteilt, alle anderen Angeklagten kamen frei.

Doch hatte das Feuer weitere verheerende Folgen: Unmittelbar nach dem Brand waren die ranghohen Nazi-Funktionäre an den Tatort geeilt. "Es gibt jetzt kein Erbarmen; wer sich uns in den Weg stellt, wird niedergemacht. Das deutsche Volk wird für Milde kein Verständnis haben. Jeder kommunistische Funktionär wird erschossen, wo er angetroffen wird. Die kommunistischen Abgeordneten müssen noch in dieser Nacht aufgehängt werden", soll Adolf Hitler gesagt haben.

Nur einen Tag später trat die Reichstagsbrand-Verordnung in Kraft, mit der die Grundrechte der Bürger sehr stark beschnitten wurden. Dieses Gesetz schränkte persönliche Rechte wie Briefgeheimnis und freie Meinungsäußerung wie auch die Pressefreiheit ein. Beschlagnahmungen und Hausdurchsuchungen legalisierten die Nazis ebenso. "Die Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat" war der erste Grundstein zur Etablierung der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft.

Einer der größten Widersacher der Nazis war Anfang 1933 der Kommunist Ernst Thälmann. Schon am 7. Februar sprach er sich im Zentralkomitee seiner Partei für einen gewaltsamen Sturz Hitlers aus. Nur zwei Tage vor der Reichstagswahl wurde Thälmann am 3. März in Schutzhaft genommen.

Auf Anweisung von Adolf Hitler kam es nicht zum Prozess. Der Diktator fürchtete eine ähnliche Schlappe wie im Prozess um den Reichstagsbrand und hielt auch die mögliche Strafe von maximal 15 Jahren Haft für zu niedrig. Während seiner über zehn Jahre andauernden Haft kam der Kommunist von Berlin-Moabit über Hannover in das Bautzener Gefängnis.

Am 14. August 1944 befahl Adolf Hitler die Ermordung Thälmanns im Konzentrationslager Buchenwald. Drei Tage später wurde Thälmann hingerichtet und sofort verbrannt. Nur kurz danach verbreitete aber die nationalsozialistische Propaganda-Maschine, dass Thälmann bei einem Bombenangriff am 24. August ums Leben gekommen wäre.

Am 21. März 1933, also knapp zwei Monate nach dem Machtwechsel in Berlin, errichteten die Nazis mit dem Internierungslager Dachau bei München das erste Konzentrationslager (KZ). Als Umerziehungs-Anstalten für die politischen Gegner getarnt, leiteten SA und Schutzstaffel (SS) die KZ, deren Netz sich schnell über das ganze Land erstreckte.

Die KZ waren ein rechtsfreier Raum, zu dem nicht einmal die Feuerwehr oder das Rote Kreuz unangemeldet Zugang hatten. Mit dem Beginn des Zweiten Weltkriegs und den explosionsartig ansteigenden Häftlingszahlen veränderte sich die Struktur der Lager. In Ausschwitz, Treblinka oder Majdanek kamen fast täglich Züge aus ganz Europa an. Die Nazis führten ab 1939 einen systematischen Vernichtungsfeldzug gegen Gruppierungen und Ethnien wie Juden, Sinti und Roma oder Kommunisten.

Unvorstellbare Grausamkeit und Menschenverachtung waren an der Tagesordnung. Von den Transporten schickten die Nazis 60 bis 70 Prozent der Ankömmlinge direkt in die Gaskammern zur Liquidierung. Der Rest musste sich in den Lagern zu Tode schufften. Unter den Folterknechten befand sich der Arzt Josef Mengele, der ohne Narkose operierte, seine Opfer wie Versuchskaninchen mit lebensgefährlichen Krankheiten infizierte und besonders grausam mit Zwillingen experimentierte.

Als die russische Armee am 27. Januar 1945 Ausschwitz befreite, bot sich den Soldaten ein Bild des Schreckens: Die überhastet geflüchteten Nazi-Schergen hatten Berge von Leichen und tausende, nicht mehr transportfähige Häftlinge zurückgelassen. Die Russen konnten vielen der bis auf die Knochen abgemagerten Menschen nicht mehr helfen.

Die Bücherverbrennung in den deutschen Hochschulorten ab dem 10. Mai 1933 war der Abschluss eines Ereignisses, das die Nazis "Aktion wider den undeutschen Geist" nannten. Ziel der vierwöchigen Maßnahme war es, Juden zu diffamieren sowie Sprache und Schrift "zu reinigen".

Am 19. April errichteten Studenten in den Universitäten von Königsberg, Rostock, Erlangen, Münster und Dresden so genannte Schandpfähle, auf denen sie Namen von Professoren, Autoren und Titel von Büchern schrieben. In Rostock landeten etwa die Namen von Magnus Hirschfeld, Kurt Tucholsky, Stephan Zweig, Lion Feuchtwanger, Wikki Baum, Erich Maria Remarque und Emil Ludwig auf dem Pfahl.

Zum 10. Mai sammelten die angehenden Akademiker in Berlin Werke von Sigmund Freud, Heinrich Mann, Karl Marx, Carl von Ossietzky, Erich Kästner und vielen anderen Schriftstellern - insgesamt 25.000 Bücher. Vor 70.000 Schaulustigen hielt Propagandaminister Joseph Goebbels die Eröffnungsrede zur öffentlichen Verbrennung.

Zu diesem Zeitpunkt dauerte die Nazi-Herrschaft gerade einmal etwas mehr als drei Monate an. Sie blieb noch zwölf leidvolle Jahre bis zum Mai 1945 bestehen und forderte Millionen Menschenleben.

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