Verkehrsminister Volker Wissing träumt davon, mit einem Flugtaxi durch die Stadt zu schweben. Der Verkehrswende bringt das herzlich wenig.

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Elena Matera (RiffReporter) dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Als ich mit sieben Jahren den ersten "Star Wars"-Film sah, war ich direkt von den kleinen Flugmobilen, den Luftgleitern, fasziniert. Sie bieten Platz für ein bis zwei Personen und erreichen Geschwindigkeiten von bis zu 900 Kilometern pro Stunde.

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Auf dem fiktiven Planeten Coruscant sind Luftgleiter so verbreitet, dass dort sogar eine strenge Verkehrsordnung gilt. Als Kind habe ich davon geträumt, in diesem fliegenden Miniraumschiff durch die Galaxie zu fliegen – am besten mit der Frisur von Prinzessin Leia.

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Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) hatte diesen Traum vielleicht auch. Vielleicht saß er, wie ich, gebannt vorm Fernseher und malte sich die Zukunft vor seinem inneren Auge aus: Er im Luftgleiter, 900 km/h schnell, weit oben im Himmel. Nie mehr langweilig im Auto über kaputten Asphalt fahren, nie wieder im Stau stehen, nie wieder einen Parkplatz suchen und vor allem: Nie wieder mit Bus und Bahn fahren. Herrlich!

Wissing investiert 150 Millionen in Flugtaxis

Kein Wunder, dass Wissing laut "Spiegel" noch im April 150 Millionen in das deutsche Flugtaxi-Unternehmen Volocopter investieren will, das plant, als erster Anbieter seine Passagiere per E-Flugtaxi zu befördern.

Zugegeben: Die futuristischen weißen Flugtaxis hören sich auf den ersten Blick vielversprechend an. Sie sollen sicher, leise, nachhaltig und vollelektrisch sein – und natürlich kommt man auch schnell an sein Ziel, verspricht Volocopter. Das Aussehen überzeugt mich aber nicht: Volocopter sehen letztendlich aus wie futuristische Hubschrauber, an die Luftgleiter von "Star Wars" reichen sie bei Weitem nicht heran – sorry!

Aber Wissing hat seinen Traum vom Fliegen und Volocopter benötigt dringend Kapital. Also: Warum nicht investieren? Das Verkehrsministerium soll nun gemeinsam mit dem Freistaat Bayern das Geld an Volocopter zahlen, der Bund muss vorfinanzieren – so der Plan. Nicht alle scheinen davon überzeugt zu sein: Baden-Württemberg, wo die Tüftler in Bruchsal ihren Firmensitz haben, sprang als Geldgeber 2023 ab.

Ein unsicheres Investment

Dabei muss die Regierung eigentlich sparen, weil eine Haushaltslücke von etwa 25 Milliarden Euro erwartet wird. Die Bereitstellung von 150 Millionen Euro Steuergeldern für Volocopter wird daher zu Recht stark kritisiert. Hinzu kommt, dass die Zukunft des Unternehmens derzeit unsicher ist und die Entwicklungskosten hoch sind. Nach Angaben des "Spiegel" sollen Wirtschaftsprüfer deutlich vor diesem Vorhaben gewarnt haben. Kurzum: Das Ganze ist ein unsicheres Investment.

Nach Angaben der Nichtregierungsorganisation Abgeordnetenwatch haben mehrere große multinationale Unternehmen Anteile an der Volocopter GmbH, zum Beispiel die Mercedes-Benz Group AG, die Bahn-Tochter Schenker AG – und die NEOM Company aus Saudi-Arabien mit dem Vorstandsvorsitzenden Kronprinz Mohammed Bin Salman.

Denn Volocopter ist mit seinen Flugtaxis auch an NEOM beteiligt, einer futuristischen Wüstenstadt, die derzeit in Saudi-Arabien gebaut wird. Es gibt also bereits mehrere namhafte private Investoren. Und dennoch benötigt Volocopter weiteres Kapital.

Wir brauchen in Deutschland barrierefreie, bezahlbare Mobilität

Doch was bringen die E-Flugtaxis eigentlich der Verkehrswende? Gerade der Verkehr ist das Sorgenkind der deutschen Klimapolitik. Ein ums andere Jahr reißt der Sektor die Klimaziele. Auch wenn die Vorstellung verlockend ist: Die Flugtaxis, in denen derzeit nur zwei Passagiere Platz finden, werden den Straßenverkehr nicht entlasten können. Es ist eher ein teures Fortbewegungsmittel für einige wenige gutverdienende Menschen – zumindest aktuell.

Der erste Volocopter-Flug soll im Juli dieses Jahres in Paris zu den Olympischen Spielen starten. Zwischen 10 und 13 Euro pro Kilometer muss man zahlen, berichtet das "Handelsblatt". Das bedeutet: Für 20 Kilometer zahlt man bis zu 260 Euro – günstig sieht anders aus.

Statt in überteuerte futuristische Flugtaxis zu investieren, sollte Wissing die Millionen besser für barrierefreie, bezahlbare Mobilitätsangebote ausgeben, damit diese allen Menschen zur Verfügung stehen. Es gibt zahlreiche Maßnahmen, die sein Ressort eher voranbringen sollte: sichere Radwege ausbauen, Bahnstrecken reaktivieren oder On-Demand-Fahrzeuge auf dem Land einsetzen – um nur einige Beispiele zu nennen.

Volocopter zur Luftrettung

Und nein: Ich möchte die Flugmobile jetzt auch nicht nur negativ darstellen. Innovationen und neue Technologien sind immer wichtig und ich bin mir sicher, dass einige Menschen E-Flugmobile in Zukunft nutzen werden. Außerdem gibt es Bereiche, wo Volocopter tatsächlich nützlich sein könnten, zum Beispiel in der Luftrettung.

Das Unternehmen plant bereits, 150 elektrische Flugmobile für die ADAC-Luftrettung bereitzustellen. Steuergelder sollten dafür allerdings aktuell nicht verwendet werden, dafür gibt es – das ist leider keine Ironie – zurzeit einfach viel zu viele andere Baustellen im Verkehrssektor, die eine viel höhere Priorität haben.

Also lieber Herr Wissing, vielleicht fliegen wir irgendwann gemeinsam mit einem nachhaltigen Luftgleiter durch die Luft. Und wenn nicht, ist das auch nicht schlimm. Das Wichtigste ist: Hören Sie nicht auf zu träumen – aber bitte nicht auf Kosten der Verkehrswende!

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Verwendete Quellen

Flugtaxi in China

Erster Testflug zwischen zwei Städten: Flugtaxi in China hebt erfolgreich ab

Ein Flugtaxi des Unternehmens AutoFlight hat erstmals zwei Städte miteinander verbunden. Die Flugzeit für die 50 Kilometer lange Strecke betrug 20 Minuten.

  © RiffReporter

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