Klimawandel bedeutet mehr, als steigende Temperaturen und schmelzende Gletscher. Die Klimakrise ist eine akute Bedrohung für die Gesundheit, wie Professor Harald Lesch in seiner ZDF-Doku-Reihe "Leschs Kosmos" zeigt. Er stellt klar: Wer seine Gesundheit schützen will, muss das Klima schützen.

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Die Klimakrise ist ein lautloser Killer. Während Erdbeben ganz offensichtlich Menschenleben bedrohen, tötet die Klimakrise oftmals im Stillen. Herzinfarkte, Suizide und Infektionen fordern jährlich unzählige Opfer - und viele Fälle hängen mit der Klimakrise zusammen. Wie genau, das zeigt Harald Lesch in seiner ZDF-Doku "Leschs Kosmos: Gesundheitsrisiko Klimakrise - wie heiß ist zu heiß?".

Steigendes Herzinfarkt-Risiko durch Hitze

Derzeit stöhnt ganz Europa unter einer Hitzewelle. Neu ist das nicht: Seit Jahrzehnten nimmt die Zahl der Tage zu, an denen über 30 Grad Celsius gemessen werden. Solche Hitzetage bedeuten für den Körper Schwerstarbeit - das spüren wir alle. Wir fühlen uns schlapp, müde, unkonzentriert. Für Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind solche Hitzetage besonders belastend - aber kann Hitze ein Risikofaktor für Herzinfarkte sein und damit direkt für viele Todesfälle verantwortlich?

Mit dieser Frage sucht Harald Lesch Dr. Alexandra Schneider vom Helmholtz-Zentrum München auf. Die Wissenschaftlerin vergleicht Daten von Wetterstationen mit Daten von Kliniken - und die Ergebnisse sind alarmierend: Seit dem Jahr 2000 treten immer mehr Herzinfarkte in Zusammenhang mit erhöhten Temperaturen auf.

Erklären lässt sich das so: Um die Körpertemperatur auf 37 Grad zu halten, weiten sich bei Hitze die Gefäße und der Schweiß rinnt. Dabei gehen Flüssigkeit und Mineralstoffe verloren, das Blut wird zähflüssiger und das Herz muss stärker pumpen. Bei einer Vorerkrankung kann das fürs Herz zu viel werden. Es gibt verschiedene Risikofaktoren für einen Herzinfarkt - Hitze könnte demnach einer davon sein.

Und als wären diese Tatsachen nicht schon belastend genug, wirkt sich die Hitze auch ganz direkt auf unsere Psyche aus. Im Gespräch mit Lesch erklärt die Psychologin Lea Dohm, dass Straftaten, aggressives Verhalten und Suizide in Hitzeperioden nachweislich zunehmen.

Invasive Arten halten Einzug in Deutschland

Während uns die steigenden Temperaturen zu schaffen machen, öffnen sie invasiven Arten aus tropischen Regionen Tür und Tor - und mit ihnen neuen Gesundheitsgefahren. Das zeigt Lesch am Beispiel der Ambrosia. Die krautige Pflanze ist eigentlich im Süden der USA zu Hause, breitet sich seit 20 Jahren aber immer mehr in Europa aus, auch in Deutschland.

Das ist nicht nur aus ökologischer Sicht ein Problem, denn das Gewächs gilt als Allergiekraut Nummer eins: Schon geringe Pollen-Mengen können schwere allergische Reaktionen und Asthma auslösen. In Deutschland wird die Pflanze bislang nicht bundesweit bekämpft. "Hier fehlt noch der politische Wille", stellt Lesch fest.

Auch anderen Krankmachern kommt das wärmere Klima in Europa entgegen. Die tropische Riesenzecke Hyalomma und die Asiatische Tigermücke fühlen sich inzwischen auch in Deutschland zu Hause. Beide Arten können bei jedem Stich Krankheiten übertragen. 35 Prozent der in Deutschland untersuchten Hyalomma-Zecken tragen den Erreger des Fleckfiebers in sich.

Das Krim-Kongo-Fieber-Virus wurde bislang noch nicht in Deutschland nachgewiesen – doch Experten befürchten, dass es durch die tropischen Blutsauger auch bald zu uns kommen könnte.

Gebäudebegrünung als Gegenmaßnahme

Der Effekt von Hitze wirkt in Städten besonders stark. Versiegelte Flächen aus Stahl, Beton und Glas speichern die Energie der Sonne besonders effektiv - nachts kühlen die Temperaturen daher kaum ab. "Urbane Hitzeinseln" nennen Experten diesen Effekt. Der Temperatur-Unterschied zum Land kann bis zu zehn Grad betragen.

Abhilfe könnten Pflanzen schaffen. Aufnahmen von Wärmebildkameras zeigen, dass schon ein wenig Grün zwischen Betonplatten die Temperaturen um drei bis vier Grad senken kann. "Begrünte Gebäude sind das Zukunftsmodell für Städteplaner", stellt Lesch daher fest. Diesen Satz hört man schon seit Jahren, doch getan hat sich in dieser Hinsicht wenig in Deutschland. Eine der wenigen Ausnahmen ist der Kö-Bogen II in Düsseldorf. Das Gebäude ist Europas größte Grünfassade und gleicht einer gigantischen Hainbuchenhecke. Doch um urbane Hitzeinseln in Oasen zu verwandeln, müssten überall Gebäude so aussehen wie der Kö-Bogen.

Auch in Sachen Hitzeschutz hat Deutschland einiges aufzuholen. Ende Juni 2023 hat Gesundheitsminister Karl Lauterbach einen Hitzeschutzplan angekündigt. In Frankreich ist man da schon viel weiter. Nachdem 2003 in Paris 15.000 Menschen in einer extremen Hitzewelle gestorben sind, tritt nun ab 35 Grad ein Hitzewarnsystem in Kraft: Die Stadt stellt klimatisierte Räume bereit und öffentliche Veranstaltungen werden abgesagt. Überall in der Stadt gibt es Trinkwasserbrunnen und an heißen Tagen ist der Besuch in klimatisierten Museen kostenlos.

Wie die Band A-ha dem E-Auto in Norwegen zum Durchbruch verhalf

Um einen gesellschaftlichen Wandel zu erzeugen, braucht es dabei gar nicht so viel. Das zeigt ein Beispiel aus dem Norden: Norwegen gilt als Vorreiter in Sachen E-Mobilität. Vier von fünf Neuwägen sind rein batteriebetrieben - und diese Erfolgsgeschichte begann schon in den 1980er-Jahren. Damals startete die Band A-ha eine ungewöhnliche Umweltkampagne.

In einem auf Elektro-Antrieb umgebauten Fiat Panda - dem ersten E-Auto Norwegens - fuhr der Lead-Sänger Morten Harket über Oslos Mautstraßen, ohne Maut zu bezahlen. Bußgelder ignorierte die Band konsequent, bis der Staat das Fahrzeug beschlagnahmte, um die offenen Bußgelder zu begleichen. Fans der Aktion ersteigerten das Fahrzeug und gaben es an die Band zurück. Das Ganze wiederholte sich mehrere Male. Der Medienrummel war enorm - doch was blieb, war ein Umdenken in der Bevölkerung, das sich heute in politischen Maßnahmen widerspiegelt.

20 bis 25 Prozent Überzeugte und zwei bis drei Prozent Aktive brauche es in einer Gesellschaft, um gesellschaftliche Veränderungen voranzutreiben, erklärt die Psychologin Dohm im Gespräch mit Lesch. Wer seiner Gesundheit etwas Gutes tun will, sollte sich also nicht nur an ausgewogene Ernährung und Sport denken - sondern auch an Klimaschutz.

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