- Nach einem ungewöhnlich warmen Jahresanfang fallen die Temperaturen wieder unter den Gefrierpunkt.
- Für die Natur erfordert das eine hohe Anpassung.
- Im Monatsdurchschnitt geht der Januar aber als wenig extrem in die Statistik ein.
Das neue Jahr begann mit besonders hohen Temperaturen, nun liegt wieder eine ungewöhnliche Kälte über Deutschland. So kommt der Januar im Durchschnitt doch wieder ausgeglichen daher. Die Lebensgewohnheiten von Tieren und Pflanzen geraten durch die Temperaturschwankungen dennoch durcheinander.
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Extrem milder Jahresanfang
Statt des üblichen nass-grauen Neujahrwetters herrschte in diesem Jahr T-Shirt-Wetter. Schon um Weihnachten stiegen die Temperaturen, bis in die zweite Januarwoche hielt der Trend an und brachte die ersten Bäume zum Blühen. Grund dafür war eine andauernde Südwestströmung. Es war stürmisch und viel zu mild. Eine festgefahrene Tiefdruckwetterlage, bei der keine Kaltluft einziehen konnte.
"Der Jetstream ist im Winter normalerweise sehr kräftig und sorgt für schnelle Wetterumschwünge," erklärt die Meteorologin Corinna Borau im Gespräch mit unserer Redaktion. "Um den Jahreswechsel und zu Jahresbeginn lag er direkt über Mitteleuropa und hielt die Kaltluft fern." So konnten sich die hohen Temperaturen lange halten und aufsummieren.
Der Jetstream ist ein Starkwindband in zehn bis elf Kilometer Höhe, der für Bewegung in unserem Wetter sorgt. Durch den Klimawandel schwächt sich sein Verhalten in der Tendenz ab und es kommt zu längeren, stabilen Wetterlagen. Auswirkungen sind dann lang anhaltende Regenfälle oder sommerliche Trockenperioden ohne Abkühlung.
Wetter oder Klima?
"Wetter ist das, was sich draußen vor unserer Haustür abspielt. Da kann es zum Beispiel auch mal Minusgrade haben, obwohl der Januar statistisch besonders mild ist im Vergleich zu anderen Jahren," beantwortet Corinna Borau die Frage. Klima hingegen sind die durchschnittlich an einem Ort gemessenen Temperaturen.
"Die Werte werden über einen Zeitraum von 30 Jahren gemittelt, so lassen sich langfristige Veränderungen erkennen." Das international gültige Klimamittel umfasst den Zeitraum von 1961 bis 1990 und ist auch für das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens ausschlaggebend. Die aktuelle Referenzperiode reicht von 1991 bis 2020. "Im Vergleich zur Bezugsperiode können wir trotz aller Wetterkapriolen einen deutlichen Anstieg erkennen. Es gibt immer wieder Monate, die auch nach unten ausreißen. Aber die Tendenz geht nach oben."
Als Hauptursache gilt dafür der Klimawandel, der durch den Verbrauch fossiler Energien verursacht wird. Je nach dem, wie stark der Anstieg ausfällt, verändern sich die Lebensbedingungen für Menschen, Tiere und Pflanzen nachhaltig.
Auswirkungen auf Tiere und Pflanzen
Auch die Temperaturschwankungen im Winter bringen die Natur durcheinander. So konnte man an vielen Haselsträuchern schon ab Dezember die blühenden gelben Kätzchen sehen. Die Hasel gehört zu den Zeigerpflanzen und ihre Blüte markiert im phänologischen Kalender, der auf natürlichen Entwicklungsphänomenen der Pflanzen beruht, das Ende des Winters. Auch Schneeglöckchen und andere Frühlingsboten schauen schon aus der Erde. Den Pflanzen schadet in einem solchen Stadium ein erneuter Wintereinbruch erst mal nicht. Sie stellen bis zum nächsten warmen Wetter das Wachstum wieder ein und starten dann einen zweiten, etwas schwächeren Blühversuch.
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Durch das frühe Austreiben stimmt allerdings der Blühzeitpunkt von Pflanzen nicht mehr mit dem ersten Ausschwärmen von Wildbienen, Hummeln und anderen Insekten überein. Diese finden dann zu wenig Nahrung, die sie nach der kräftezehrenden Winterpause dringend benötigen. Eine vielseitige Pflanzenauswahl im eigenen Garten kann da unterstützen.
Igel, Fledermäuse oder andere Winterschläfer reagieren langsamer auf plötzlich einsetzendes Frühlingswetter. Wird es wieder kalt, schlafen sie einfach wieder ein. Problematisch wird es erst, wenn milde Phasen zu häufig mit Kälteeinbrüchen wechseln. Dann reichen die angelegten Fettreserven unter Umständen nicht mehr aus, um den Winter in Gänze zu überstehen. Auch für Amphibien wie Frösche, Kröten und Molche entscheidet erst das richtige Verhältnis von Tageslänge, Temperatur und Luftfeuchtigkeit, damit sie mit der Frühjahrswanderung beginnen.
Klimaanpassung
Um sich an das veränderte Klima anzupassen, braucht es für Mensch und Natur Zeit. Pflanzen und Tiere reagieren mit einem veränderten Verhalten oder mit einem Umzug in andere Lebensräume. Wenn sich im Winter die Schneefallgrenze immer weiter nach oben verschiebt, muss sich nicht nur der Wintersport anpassen, sondern auch die Vegetation und darin beheimatete Lebewesen. Werden die Sommer heißer und trockener, weichen einheimische Pflanzen langsam nach Norden aus und hitzeverträglichere Arten ziehen aus dem Süden nach. Klimaschutzmaßnahmen müssen also so schnell wie möglich greifen, um ein zu schnelles ansteigen der Temperaturen zu verhindern.
"Jeder von uns hat Einfluss auf sein eigenes Verhalten und auf andere", betont die Klimaforscherin Frederike Otto im Interview mit dem Deutschlandfunk. Das bewirke langfristig viel und könne uns die notwendige Zeit zur Anpassung geben.
Verwendete Quellen:
- Gespräch mit Diplom-Meteorologin Corinna Borau
- Pressemitteilung des Deutschen Wetterdienstes: Dicker Brocken (05.01.2023)
- NABU Nordrhein- Westfalen: "Tiere und Pflanzen im milden Winter"
- Deutschlandfunk: "Der Klimawandel ist absolut Gegenwart" Interview mit Frederike Otto am 01.08.2022
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