Alles was man über die Welt wissen muss, steht auf zwei mysteriösen Steintafeln namens Tabula Smaragdina – in nur 15 Sätzen. Der Gott "Hermes der Dreimal Große" hat sie angeblich vor über 2000 Jahren notiert. Seit Jahrhunderten gibt sein rätselhaftes Werk Anlass zu Spekulationen.
Zwei Tafeln aus grünem Smaragd, mit 15 geheimnisvollen eingravierten Sätzen. Wer sie richtig liest, der versteht die ganze Welt. Denn die Tabula Smaragdina enthält das gesamte Wissen alter Geheimlehren.
Der Inhalt ist kryptisch und lässt viel Spielraum für Interpretationen. Aber alle Sätze zusammen enthalten den Schlüssel zum mächtigen Stein der Weisen – also eine Anleitung zur Erlangung sämtlicher Kenntnisse und Fähigkeiten.
Das erklärt, warum die Tafeln seit Jahrhunderten die Menschen faszinieren.
Der unendlich weise Hermes der Dreimal Große
Erschaffen hat die Schriften der Legende nach Hermes Trismegistos, auch genannt Hermes der Dreimal Große. Die mythische Gott-Gestalt aus der Antike gilt als Urvater der Hermetik, das sind geheime esoterische Lehren.
Er verfasste zahlreiche Texte über Astrologie, Magie, Medizin, Natur und Philosophie. Aber das reichte dem Gott nicht: Er meißelte alles, was er wusste, in zwei Tafeln und versteckte sie.
Die Tafeln sind seitdem verschollen. Niemand weiß, wo sie sich befinden – oder ob es sie überhaupt gab. Trotzdem sind im Lauf der Jahrhunderte mehrere Abschriften und Übersetzungen aufgetaucht.
Aus dem sechsten Jahrhundert stammt eine arabische Fassung. Erste lateinische Übersetzungen fertigten Mönche im frühen zwölften Jahrhundert an. Mal enthalten sie zwölf, mal 13, 14 oder 15 Sätze, die jeweils unterschiedlich ausgelegt wurden.
Was in der Tabula Smaragdina steht
Esoteriker behaupten, dass Hermes Trismegistos in den wenigen Zeilen alle kosmischen Zusammenhänge entschlüsselte.
Der wohl berühmteste Satz der Tafeln lautet in einer neueren Übersetzung so: "Siehe, das Oberste kommt vom Untersten, und das Unterste vom Obersten; ein Werk der Wunder von einem Einzigen."
Das interpretieren Experten so: Hermes der Dreimal Große erklärt hier den Zusammenhang zwischen Mikrokosmos und Makrokosmos, zwischen Menschen und Pflanzen, zwischen Planeten und Metallen.
Höhere Ebenen wirken auf niedrigere und umgekehrt. Zwischen allem herrscht eine Verbindung, alles erhält sich gegenseitig. Und das Göttliche wacht über allem.
Der Gott beschrieb in seinen Sätzen die mögliche Umformung von Metallen in Silber und Gold. Aber er beschäftigte sich auch damit, wie sich der Mensch in ein höheres, besseres Wesen verwandeln könne.
Parallelen zur christlichen und muslimischen Lehre
Die hermetischen Schriften ähneln an mehreren Stellen biblischen Geschichten. Manche Priester waren deswegen begeistert vom Werk des Hermes.
So schrieb der Kirchenvater Lactantius beispielsweise im dritten Jahrhundert nach unserer Zeitrechnung: "Hermes Trismegistos hat, ich weiß nicht wie, fast die ganze Wahrheit gefunden."
Die Hermetik beschäftigte ab dem neunten Jahrhundert auch muslimische Denker. Das beweisen mehrere islamische Schriften.
Und später setzten sich so unterschiedliche Gelehrte wie Leonardo da Vinci, Isaac Newton oder C.G. Jung mit dem Inhalt auseinander.
Bis ins 17. Jahrhundert beeinflussten die Theorien des Hermes Trismegistos das naturwissenschaftliche Weltbild. Die berühmten Tafeln gelten als Grundlagentext für die Entstehung der Alchemie.
Als Vorgänger der modernen Chemiker entdeckten die Alchimisten unter anderem Natriumsulfat und erfanden die Herstellung von Säure sowie von Porzellan.
Rätselhafte Herkunft der Tafeln
Einige Mythen drehen sich um die Frage, wo die Tafeln zum ersten Mal gesehen wurden. So soll kein Geringerer als Alexander der Große die Tabula Smaragdina in der Cheops-Pyramide in Ägypten aufgespürt haben – ausgerechnet unter einer Hermes-Statue.
Doch auch die Frau des Propheten Abraham, Sarah, kommt Legenden zufolge als Finderin in Frage. Sie entdeckte die Tafeln der Sage nach in den Händen des toten Hermes in dessen Grab bei Hebron. Beweise gibt es für keine der Theorien.
Forscher vermuten, dass der Original-Text in phönizischer oder ägyptischer Sprache verfasst wurde, wahrscheinlich ungefähr zu Lebzeiten des biblischen Moses, im 10. bis 6. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung. Von wem, wird wohl ungeklärt bleiben.
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