• Die Corona-Pandemie hat das Leben, wie wir es kannten, teilweise lahmgelegt.
  • Viele Menschen sahen darin schon im ersten Lockdown eine Chance für die Umwelt, sich zu erholen.
  • Doch ist das wirklich so gekommen?

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Im Frühjahr zeichnete sich ab, dass sich die Natur durch das Coronavirus und den damit verbundenen Einschränkungen erholen kann. Weniger Flüge, Verkehr und Konsum sorgten kurzfristig für einen deutlichen Rückgang der Luftverschmutzung auf der ganzen Welt. Doch wie sieht es fast ein Jahr nach Beginn der Pandemie aus?

Fakt ist: Die Corona-Pandemie hat den CO2-Ausstoß im globalen Schnitt um sieben Prozent reduziert. Oder anders gesagt: Die Emissionen sind umgerechnet um etwa 2,4 Milliarden Tonnen CO2 auf 34 Milliarden Tonnen CO2 gesunken. Das geht aus der jährlichen Bilanz des "Global Carbon Projects" (GCP), eines weltweiten Zusammenschlusses von 86 Klimaforschern unter Beteiligung der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU), hervor. Verantwortlich für diese Entwicklung sei den Forschern zufolge in erster Linie der Transportsektor.

Coronakrise lässt Emissionen stark sinken

Besonders deutlich zeigte sich der Rückgang der Emissionen in den USA und in den EU-Mitgliedsstaaten. In den Vereinigten Staaten verringerte sich der CO2-Ausstoß um zwölf Prozent, in der Europäischen Union um elf Prozent.

Bereits im Jahr 2019 stiegen die CO2-Emissionen langsamer als in den Vorjahren, während der Corona-Pandemie sanken sie schließlich signifikant. Auch im Dezember lagen die Emissionen aus dem Straßen- und Luftverkehr aufgrund der anhaltenden Beschränkungen immer noch um etwa zehn beziehungsweise 40 Prozent unter den Werten von 2019.

"Ob sich der durch Corona eingeleitete Rückgang der Emissionen auch in Zukunft fortsetzen wird, müssen wir abwarten", sagt LMU-Geografin Julia Pongratz. Im Hinblick auf den Klimawandel bleibe es weiterhin eine ernste Lage. "Die CO2-Emissionen insgesamt – aus fossilem CO2 und aus Landnutzung – liegen 2020 bei etwa 39 Milliarden Tonnen CO2", sagt die Wissenschaftlerin.

Damit befinde sich der Ausstoß der Klimagase trotz des Rückgangs immer noch auf einem Niveau wie vor acht Jahren. Das lässt den CO2-Gehalt in der Atmosphäre weiter ansteigen - so weit, dass er im Jahresmittel voraussichtlich sogar einen neuen Rekordwert von 412 ppm (Teile pro Million, Anm. d. Red.) erreichen wird. Das entspreche einer Zunahme von 48 Prozent gegenüber dem vorindustriellen Wert.

Klimawandel wird lediglich hinausgezögert

"Die niedrigeren Emissionen in diesem Jahr zögern die globale Erwärmung lediglich etwas hinaus", weiß Pongratz. "Die Klimaziele von Paris können wir nur erreichen, wenn sich die Emissionen nicht einmalig, sondern jedes Jahr um ein bis zwei Milliarden Tonnen CO2 verringern. Gerade die nach Corona anstehenden Konjunkturprogramme könnten hier helfen, indem sie Anreize setzen, auf fossile Energien basierende Technologien abzuschalten und den Umstieg auf erneuerbare zu beschleunigen." Auch Entwicklungen der Corona-Zeit wie weniger Autoverkehr und Schaffung von Raum für Radfahrer und Fußgänger sollten unbedingt beibehalten werden.

"Es wäre aber auch möglich, dass es in 2021 wieder zu einem sprunghaften Anstieg der Emission kommt, so wie es nach der globalen Finanzkrise im Jahr 2008 der Fall war", sagt Pongratz. Damals, als die Wirtschaft sich wieder erholte, stieg der Wert erneut um fünf Prozent an.

Sonnen- und Schattenseiten für die Natur

Abgesehen davon, dass die Corona-Pandemie den globalen CO2-Ausstoß massiv gedrückt hat, fallen die Auswirkungen auf unsere Umwelt ganz unterschiedlicher Natur aus. Auf den Galapagosinseln zum Beispiel verschafft der Corona-bedingte Rückgang im Tourismus seltenen Tieren eine Erholungspause. So hat sich laut Nationalparkleitung des Archipels der Bestand des Galapagospinguins seit 2019 von 1.451 auf 1.940 Exemplare erhöht. Ähnlich sieht es bei den Galapagosscharben aus: Von 1.914 haben sie sich binnen eines Jahres auf 2.220 vermehrt.

Währenddessen bergen die fehlenden Touristen für die Nationalparks in Afrika eine große Gefahr: Ihnen fehlen Einnahmen, mit denen auch der Schutz gegen Wilderer finanziert wird. Gleichzeitig gibt es in den Parks seit der Corona-Pandemie mehr Wilderei, denn viele Menschen haben ihre Arbeit verloren und können ihre Familien kaum noch ernähren.

Über die Expertin: Julia Pongratz ist Klimaforscherin und Professorin für Geografie und Landnutzungssysteme an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU).

Verwendete Quellen:

  • Gespräch mit Julia Pongratz, Klimaforscherin und Professorin für Geografie und Landnutzungssysteme an der Ludwig-Maximilians-Universität München
  • Global Carbon Project: Temporary reduction in daily global CO2 emissions during the COVID-19 forced confinement
  • ZDF.de: Afrika: Nationalparks fehlen Safari-Touristen
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