Täglich regnen große Mengen von Gestein aus dem Weltall unbemerkt auf die Erde. Größere Fragmente sind begehrt und werden von Meteoritenjägern gesucht. Hobbyastronom Mirco Saner erklärt, ob sich nach der Meteorsichtung vom vergangenen Wochenende eine Suche lohnt und wie die Jagd nach den Schätzen aus dem Weltall aussieht.

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Herr Saner, Sie haben die Videoaufnahmen des Meteoren vom Sonntagabend untersucht. Was brachte die Auswertung?

Mirco Saner: Am interessantesten ist vermutlich das Ende des Videos. In den letzten ein bis zwei Sekunden sieht man, dass diese Leuchtspur auseinanderbricht. Man spricht dann von einer Fragmentierung des Objekts. Wenn man ganz genau hinschaut, sieht man am Schluss auch noch einen kleinen Leuchtregen.

Was sagt Ihnen das?

Daran erkennt man, dass es wohl nicht mehr zu einem Aufprall kam. Wir gehen davon aus, dass das Objekt ungefähr faustgroß war und die Aufnahmen zeigen, dass es am Schluss auseinanderbricht. Wenn überhaupt noch etwas den Boden erreicht hat, dann sind das winzige Fragmente. Das können millimetergroße Splitter sein.

Könnte man die winzigen Fragmente noch finden?

Wir haben inzwischen die Bahn berechnet und der Meteor hat mitten in den Schweizer Alpen aufgehört zu glühen – und zwar über dem Oberalppass in der Zentralschweiz. Es wird sich wahrscheinlich niemand die Mühe machen, in diesem unwegsamen Gelände nach Splittern zu suchen, die nur Millimeter groß sind.

Ab welcher Größe lohnt sich denn die Suche nach Meteoritensplittern?

Für professionelle Meteoritenjäger lohnt sich die Suche erst, wenn man davon ausgehen kann, dass größere Brocken gefunden werden können, darunter verstehen wir Fragmente, die mehrere Zentimeter groß sind.

Darf jede Privatperson Meteoritensplitter sammeln?

Je nach Land, wo man Meteoritenfragmente findet, gibt es unterschiedliche rechtliche Regelungen. In der Schweiz würden die Splitter dem jeweiligen Kanton gehören. Aber der Finder hat das Recht, bei der Analyse dabei zu sein. Er würde vielleicht auch eine gewisse finanzielle Entschädigung bekommen. Aber finanziell lohnt sich das normalerweise nicht.

Was treibt die Meteoritenjäger an?

Hauptsächlich ist das ist ein Liebhaber-Hobby. Aber natürlich ist auch ein monetärer Anreiz dabei. Wenn wirklich große Brocken herunterkommen wie vor zwei Jahren in Tscheljabinsk in Russland, kann sich das schon lohnen. Dort gab es aber auch kiloschwere Fundstücke. Solche großen Ereignisse finden jedoch sehr selten statt. Den meisten geht es um den ideologischen Wert. Sie haben Freude daran, dass sie etwas finden können, dass aus dem All stammt. Es gibt natürlich auch einen wissenschaftlichen Wert. Forscher gewinnen Erkenntnisse aus den chemischen Analysen, die sie mit den Splittern durchführen.

Gibt es besonders begehrenswerte Meteoritenfunde?

Es sind in der Vergangenheit Bruchstücke auf der Erde gefunden worden, von denen man mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit sagen konnte, dass sie vom Mars stammen. Das ist für Sammler wie Forscher natürlich sehr interessant. Es gibt besondere Funde, für die pro Gramm vielleicht 1.000 Euro oder mehr geboten wurden. Jäger, die das professionell machen, können mit einem größeren Fund locker zehntausende Euro rausholen.

Kann man also als Meteoritenjäger reich werden?

Man muss sich dabei schon auch vergegenwärtigen, was den Funden für ein Aufwand entgegensteht. Es ist ja nicht so, dass man das mögliche Niedergangsgebiet auf den Meter genau bestimmen kann. Wir reden hier von Quadratkilometern, die man absuchen muss. Und das dauert nicht nur ein paar Stunden. Da ist man Tage und Wochen dran. Eine solche Forschungsexpedition muss auch finanziert werden. Man kann in der Zeit nichts anderes arbeiten. Und wenn dann am Ende ein paar zehntausend Euro übrig bleiben, hat man nicht viel gewonnen.

Wieviel Gestein aus dem Weltall regnet denn regelmäßig auf die Erde?

Viele Tonnen jeden Tag. Es ist aber nicht so, dass jeden Tag riesige Brocken zusammenkommen. Der größte Teil dieser Tonnen, die jeden Tag durch die Erdatmosphäre rieseln, sind Partikel von vielleicht einem Millimeter Durchmesser oder noch kleiner. Aber die Summe dieser winzigen Stückchen, die täglich auf die Erde regnet erreicht die Masse von mehreren Tonnen.

Wie viele größere Meteoritenstücke liegen auf der Erde und könnten noch gefunden werden?

Größere Brocken kommen weltweit schon auch öfter runter. Vom Bauchgefühl her würde ich sagen, dass es vielleicht wöchentlich oder monatlich vorkommt, dass irgendwo auf der Erde ein vielleicht fußballgroßer Brocken herunter kommt. Aber die Suche gestaltet sich schwierig. 70 Prozent der Welt sind mit Wasser bedeckt. In Waldgebieten, wie wir sie in Mitteleuropa haben, ist die Suche auch fast aussichtslos.

Wo suchen dann professionelle Meteoritenjäger?

Wenn man Meteoriten als leidenschaftlicher oder wissenschaftlicher Jäger professionell sucht, geht man in die verschiedenen Wüsten, die wir auf der Welt haben. Man geht in die Arktis oder Antarktis. Um diese Steinfragmente zu finden, braucht man nämlich einen sehr gleichmäßigen Untergrund, der einen guten Kontrast zu dem Stein liefert. Wenn ich in der Arktis unterwegs bin und ich habe einfach überall nur Weiß am Boden, finde ich natürlich einen schwarzen Meteoriten viel leichter, als wenn ich in der Schweiz in den Wald gehe.

Welche Methoden gibt es bei der Meteoritenjagd?

Wenn man vermutet, dass es sich um einen Eisenmeteoriten handelt, sucht man mit überdimensionierten Magneten. Das sind Umhängemagnete mit zwei Trageflächen, die man sich über die Schulter hängt. Dann hat man um sich herum ein Gitterstabgerüst – je größer, desto besser. So gehen dann die Jäger systematisch eine Spur nach der anderen am Boden ab. Sie sehen so ähnlich aus wie die Leute, die am Strand nach Schmuck und Schätzen suchen.

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