Was ist flächenmäßig größer - Russland oder der gesamte Afrikanische Kontinent? Geht es nach den allermeisten Weltkarten ist die Antwort Russland. Doch damit irrt man sich gewaltig, denn in Wirklichkeit ist Afrika viel größer. Der Grund dafür ist die so genannte Mercator-Projektion und die sprichwörtliche Quadratur des Kreises.
1974 war für den deutschen Historiker Arno Peters ein schwieriges Jahr. Schon immer galt der als zu sozialistisch gebranntmarkte Forscher als widerspenstig. In diesem Jahr erregte er allerdings die Gemüter der Fachwelt.
Denn er stellte seinen neuen Entwurf der Weltkarte vor, die angelehnt war an die Zeichnung des schottischen Forschers James Gall aus dem Jahr 1855.
Wer sich diese Karte heute ansieht, für den wirkt sie einfach falsch. Ein riesiges dominantes Afrika, ein ebenso imposantes Südamerika und ein Russland und Europa, dass sich scheinbar in die letzten paar Kilometer unter den Nordpol quetschen.
Doch tatsächlich entspricht diese Karte flächenmäßig eher der Wirklichkeit, als das, was man jeden Tag in Google-Maps sieht.
Das Problem des Mercator am Äquator
Die Karte, die heute überall Verwendung findet, ist die Mercator-Projektion. Benannt ist sie nach dem Duisburger Kartografen Gerhard Mercator aus dem 16. Jahrhundert.
Der stand seiner Zeit nämlich vor einem Problem. Wie kann man einen dreidimensionalen runden Globus so auf eine zweidimensionale Karte zeichnen, dass sie vor allem für die Seefahrt nützlich ist?
Man stelle sich eine Orange vor, die man so schälen muss, dass die komplette Schalte danach ein Rechteck ergibt. Der Duisburger Professor löst das Problem mathematisch mit einer äußerst komplizierten Formel.
Bildlich könnte man es folgendermaßen erklären: Er nahm den Nord- und Südpol der Kugel als Angelpunkt, brachte die sonst schräge Erdachse in vertikale Position und zog an deren Enden so lange, bis sich der Kreis zu einem Zylinder verformte. Danach brauchte er nur noch den Zylinder aufzuschneiden und als zweidimensionale Karte auf den Tisch zu legen.
Die Ausdehnung im Norden
Der Vorteil dieser Technik: Sie ist richtungsgetreu oder winkeltreu. Das bedeutet, dass die Breitengrade jetzt auf dieser Karte einfachen Geraden entsprechen. Gerade im kleinen Bereich lässt sich damit einwandfrei navigieren, da sich Schiffskurse nicht verändern.
Der große Nachteil: Je weiter eine Landmasse vom Äquator entfernt ist, desto größer ist sie dargestellt. Sie wurde quasi beim Auseinanderziehen der Kugel stärker ausgeleiert.
Die Folge davon ist zum Beispiel, dass Grönland auf Google-Maps genauso groß aussieht wie Afrika, obwohl Afrika 14 mal größer ist.
Die Karte, die für Europa nie ein Problem war
Schon Mercator wusste um dieses Problem und riet daher in seinen eigenen Büchern die Karte lediglich zum Schiffsverkehr zu benutzen.
Für die großen Europäischen Nationen kam das allerdings nicht in Frage, schließlich wurde Europa und damit die eigenen Königreiche unverhältnismäßig viel größer dargestellt.
Das hat sich bis heute durchgesetzt. Selbst Internetkartendienste verwenden diese Projektion. Sie ist in quasi jedem Schulatlas abgebildet und wer sich Weltkarten als Zimmerdekoration aufhängt, wird ebenso nicht zur Peters-Projektion greifen.
Perfekte Karte unmöglich
Eine ganz perfekte Karte kann man zweidimensional gar nicht zeichnen. Die Peters-Projektion ist zum Beispiel nur flächentreu. Das heißt zwar, dass die Länder in ihrer Fläche, nicht aber in ihrer Distanz zueinander korrekt abgebildet sind.
Die Schulaufsichtsbehörde in Boston findet das allerdings überzeugender und verwendet seit diesem Jahr nur noch die Karte des 2002 gestorbenen Arno Peters.
Übrigens: Mit der Internetseite "The True Size" kann man die Position einzelner Staaten so verändern, dass die Verzerrung Richtung Norden hin deutlich sichtbar wird.
Und dann erkennt man, dass Russland nicht viel größer als Nordafrika ist, Indonesien eine größere Ost-West Ausdehnung als die USA hat und Deutschland nur ein winziger Fleck am Äquator wäre.
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