In der Schweiz sind schätzungsweise zwischen 2.000 und 4.000 Menschen von der Tropenkrankheit Chagas betroffen. Sie wird durch Parasiten ausgelöst und ist eigentlich hauptsächlich in Lateinamerika verbreitet. Das Tückische an Chagas ist, dass die Krankheit oft lange unbemerkt bleibt, unbehandelt aber Jahrzehnte nach der Infektion zu schweren Herz-Kreislauf-Beschwerden und sogar zum Tod führen kann.

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Die Chagas-Krankheit gehört zu den vernachlässigten Tropenkrankheiten und wird häufig unterschätzt. Bei der Erkrankung handelt es sich aber um ein komplexes Gesundheitsproblem, das bei mangelnder oder verspäteter Diagnose sowie versäumter Behandlung lebensbedrohlich werden kann.

Eine Untersuchung des Schweizerischen Tropen- und Public Health-Instituts (Swiss TPH) in Zusammenarbeit mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und weiteren Partnern geht davon aus, dass in der Schweiz aktuell etwa 2.000 bis 4.000 Menschen von Chagas betroffen sind.

Was ist Chagas?

Die Chagas-Krankheit ist eine parasitäre Infektion, die durch den Parasiten Trypanosoma cruzi’ ausgelöst wird und zur Erkrankung des Herzens, der Verdauungsorgane und des Nervensystems führen kann.

Nachtaktive und blutsaugende Wanzen, die tagsüber in Wänden und Rissen von Häusern leben, wandern nachts in Häuser und Wohnungen und ernähren sich von menschlichen Hautschüppchen und Blut. Ihr Kot oder Urin kann dann über die Bissstelle, über die Schleimhäute oder Hautverletzungen in den menschlichen Körper gelangen.

Diese Art der Ansteckung ist aber nur auf dem lateinamerikanischen Kontinent möglich, da die Wanzen, zumindest momentan noch, nur dort vorkommen. Die Parasiten können aber auch oral über Lebensmittel und über Blut, zum Beispiel durch Bluttransfusionen, und bei Organspenden übertragen werden.

Neben der direkten Ansteckung durch Wanzen ist es auch möglich, dass erkrankte Mütter ihre Babys während der Schwangerschaft oder bei der Geburt mit Chagas anstecken. Die WHO stuft Chagas seit 2005 als vernachlässigte Tropenkrankheit ein.

Wo ist die Krankheit üblicherweise verbreitet?

Weltweit sind etwa sieben bis acht Millionen Menschen von Chagas betroffen, die meisten Erkrankten leben auf dem lateinamerikanischen Kontinent. Menschen, die in Ländern geboren wurden oder gelebt haben, in denen die Chagas-Krankheit gehäuft verbreitet ist, oder die eine lateinamerikanische Mutter haben, gelten als gefährdet für eine Infektion.

Vielfältige Übertragungswege, das späte Erkennen von Infektionen und das fehlende Bewusstsein des Gesundheitspersonals für Chagas haben unter anderem dazu geführt, dass sich die Krankheit global verbreiten konnte und nun eine Herausforderung für die Gesundheitssysteme darstellt. Man geht davon aus, dass in Europa mehr als 100.000 Menschen mit den Chagas-Parasiten infiziert sind, etwa 90 Prozent dieser Fälle sind aber unentdeckt.

Wie erkennt man, dass man mit Chagas infiziert ist?

Die Infektion mit Chagas verläuft in zwei Phasen. In der akuten Phase, das heißt etwa in ersten zwei Monaten nach einer Infektion, treten in den meisten Fällen gar keine oder nur milde Symptome auf. Typisch sind zum Beispiel Kopfschmerzen, Fieber oder Schwellungen an der Bissstelle. Selten treten sichtbare Anzeichen an der Bissstelle auf.

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Danach folgt die chronische Krankheitsphase. Während dieser bemerken etwa ein Drittel der Infizierten nach einiger Zeit, meist erst nach Jahrzehnten, Herz-Kreislauf- oder Verdauungsprobleme oder klagen über neurologische Beschwerden. In fortgeschrittenen Fällen und bei geschwächtem Immunsystem kann Chagas auch Herzrhythmusstörungen oder einen plötzlichen Tod verursachen.

Wie wird eine Chagas-Infektion behandelt und ist die Krankheit heilbar?

Die Art der Behandlung variiert und hängt von der Phase und der Form der Erkrankung ab, zudem vom Zustand der Patientin oder des Patienten. Zunächst geht es darum, die Parasitenlast im Körper medikamentös zu beseitigen; dann ist es auch wichtig, mögliche bereits auftretende gesundheitliche Beschwerden zu lindern oder zu stoppen.

Eine frühzeitige Diagnose und eine entsprechende medizinische Versorgung in der akuten Phase können den Krankheitsverlauf mildern und sogar eine vollständige Heilung ermöglichen. Die Parasiten können mit Medikamenten abgetötet werden. Auch die Behandlung infizierter Frauen im gebärfähigen Alter ist möglich und kann verhindern, dass sie die Krankheit bei einer zukünftigen Schwangerschaft an ihr Kind übertragen. Bei bereits chronischem Verlauf kann eine Behandlung das Fortschreiten der Krankheit verhindern oder eindämmen.

Auch bei Kindern ist das frühzeitige Erkennen der Chagas-Krankheit von entscheidender Bedeutung, da eine antiparasitäre Therapie bei ihnen besonders wirksam und die Medikamente auch verträglicher sind als bei Erwachsenen.

Warum hat sich die Chagas-Krankheit in der Schweiz verbreitet?

Laut der Untersuchung der Swiss TPH und WHO gehen die in der Schweiz aufgetretenen Chagas-Fälle hauptsächlich auf Migration sowie den Ansteckungsweg Mutter-Kind während der Schwangerschaft und Geburt zurück.

Dass die Krankheit häufig nicht erkannt wird und dementsprechend unbehandelt bleibt, ist auf diverse Faktoren zurückzuführen. In der Schweiz gibt es etwa kein Früherkennungsprogramm für Chagas, das Gesundheitspersonal ist hinsichtlich der Tropenkrankheit wenig sensibilisiert und Menschen ohne geregelten Aufenthaltsstatus leben häufig unterhalb der Schweizer Armutsgrenze und haben nur schlechten Zugang zu einer Krankenversicherung.

Da sich die Schweiz international verpflichtet, die Chagas-Krankheit zu eliminieren und es momentan noch an Behandlungsstrategien mangelt, wurde im März 2023 das Schweizer Chagas-Netzwerk gegründet. Es setzt sich dafür ein, Erkrankten in der Schweiz eine bessere klinische Versorgung anzubieten und die Weiterverbreitung von Chagas zu verhindern. Angestrebt wird zum Beispiel, die flächendeckende Umsetzung systematischer Screenings gefährdeter Personengruppen einzuführen und die angeborene Übertragung durch frühzeitige Untersuchungen gebärfähiger Mädchen und Frauen zu unterbrechen.

Wie ist die Lage in Deutschland und Österreich?

Die Chagas-Krankheit hat sich durch die gestiegene Mobilität der Menschen vom lateinamerikanischen Kontinent in der Welt verbreitet. In 44 Ländern wurde sie bereits nachgewiesen.

Auch in Deutschland und Österreich geht man davon aus, dass dort Menschen lateinamerikanischer Herkunft leben, die mit den Parasiten infiziert sind. Offizielle aktuelle Zahlen gibt es nicht, aber bei einer im Jahre 2013 und 2014 in Deutschland durchgeführten Studie wurden laut Ärzteblatt 9,3 Prozent der teilnehmenden Migranten mit der Chagas-Krankheit diagnostiziert.

Groben Schätzungen zufolge lagen in Deutschland im Jahr 2018 zwischen 2.000 und 2.600 undiagnostizierte Chagas-Erkrankungen vor. Der Übertragungsweg per Bluttransfusion oder Organtransplantation und das Übertragen der Krankheit von infizierten Müttern auf ihre Kinder gelten auch hier als Hauptursachen.

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