Hier fassen wir die aktuellen Hiobsbotschaften aus der Auto- und Zulieferindustrie zusammen. Es geht um Sparmaßnahmen, Stellenstreichungen, Werksschließungen und die aktuelle Streiksituation bei Volkswagen.
Die Autoindustrie in Deutschland und Europa befindet sich dauerhaft im Krisenmodus. Fast täglich gibt es neue Meldungen, die sich um Umstrukturierungen, Werksschließungen, Stellenabbau und Ähnliches drehen. Damit Sie den Überblick im unübersichtlichen Nachrichtenstrom behalten, bereiten wir in diesem Ticker-Artikel die Hiobsbotschaften aus der Auto- und Zulieferindustrie übersichtlich auf.
Stimmung in der Autoindustrie laut Ifo-Institut immer schlechter
04.12.2024: Die Stimmung in der deutschen Automobil-Industrie ist auf einem Tiefstand – und sie verschlechtert sich weiter. Das hat das Münchener Ifo-Institut nach den turnusmäßigen Unternehmensumfragen festgestellt. Noch im Oktober stand das sogenannte Stimmungs-Barometer bei minus 28,6 Zählern. Das ist bereits ein sehr schlechter Wert, der vor allem auf die sinkende Markt-Nachfrage auch im Ausland zurückzuführen ist.
Im November hat es sich auf minus 32,1 Punkte verschlechtert. "Die Branche steckt fest in der aktuellen Gemengelage aus tiefgreifender Transformation, intensivem Wettbewerb und schwacher Konjunktur", sagt Ifo-Branchenexpertin Anita Wölfl. Auch bei den Aussichten auf die kommenden sechs Monate geben sich die Unternehmen sehr pessimistisch. Viele hielten sich bei Neueinstellungen zurück und zögen sogar Stellenkürzungen in Betracht.
Gerhardi Kunststofftechnik meldet Insolvenz an
03.12.2024: Zur Automobilindustrie gehören auch unzählige kleine und mittlere Zulieferer-Firmen, die Komponenten, Elektronik oder Kunststoffe fertigen. Die Firma Gerhardi aus Lüdenscheid/Nordrhein-Westfalen gehört mit ihren 1.500 Angestellten dazu. Seit 1796 existiert sie und stellt verschiedene Komponenten aus Kunststoff auch für Autos her. Jetzt hat die Gerhardi Kunststofftechnik GmbH beim Amtsgericht Hagen einen Insolvenzantrag gestellt.
Opel drosselt Astra-Produktion in Rüsselsheim
03.12.2024: Opel fährt die Autoproduktion im Werk Rüsselsheim stark herunter. In der aktuellen Woche ruht die Fertigung des Kompaktwagens Astra und von dessen Stellantis-Schwestermodell DS4 komplett. Ab kommender Woche (vom 9. Dezember 2024 an) soll in Absprache mit dem Betriebsrat von einem Eineinhalb- auf einen Ein-Schicht-Betrieb umgestellt werden. Die Maßnahme im Stammwerk soll voraussichtlich bis Ende Januar andauern. Kurzarbeit droht den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern allerdings nicht. Sie sollen in dieser Phase unter anderem Überstunden abbauen. Zudem ist die Opel-Fabrik in den beiden Wochen über Weihnachten und den Jahreswechsel aufgrund von Werksferien ohnehin geschlossen.
Großflächige VW-Streiks in Deutschland
02.12.2024: Direkt nach Ablauf der sogenannten Friedenspflicht haben Zehntausende VW-Mitarbeiter am Morgen die Arbeit niedergelegt und streiken gegen die Sparpläne der Unternehmensführung. Die größte Gewerkschaft – IG Metall – hatte bereits am Wochenende dazu aufgerufen. "Wenn nötig, wird das der härteste Tarifkampf, den Volkswagen je gesehen hat", teilte Niedersachsens IG-Metall-Bezirksleiter Thorsten Gröger am Sonntag mit.
Der Warnstreik soll bis mindestens Dienstag andauern. Betroffen sind nahezu alle Standorte wie die Werke Wolfsburg, Braunschweig, Emden, Hannover, Kassel oder Salzgitter. Auch die Volkswagen Sachsen GmbH mit ihren Werken Chemnitz, Dresden und Zwickau wird bestreikt. Ebenso streiken die Mitarbeiter jener Volkswagen-Tochterunternehmen, die nach Haustarifvertrag angestellt sind. Dazu zählen etwa dx.one, Volkswagen Financial Services und die Volkswagen Immobilien GmbH. Einzig am Standort Osnabrück läuft die Arbeit wohl wie gewohnt weiter. Das Werk ist im Flächentarifvertrag der Metall- und Elektroindustrie und nicht über die IG Metall organisiert.
Neuwagen auf Halde
26.11.2024: Auf einem weitläufigen Logistikgelände im Essener Norden – nahe des Stadthafens – stauen sich derzeit fast 6.000 Neuwagen. Das Areal dient als wichtiger Umschlagplatz für große Autohersteller in Westdeutschland. Doch nun steht der Betrieb vor einem außergewöhnlichen Problem: Es ist kein Platz mehr verfügbar, wie die Bild-Zeitung berichtet. Ein langjähriger Mitarbeiter des Logistikbetriebs beschreibt die Situation gegenüber dem Blatt als beispiellos: "So etwas habe ich hier noch nie erlebt, und ich arbeite seit über zehn Jahren hier." Während weiterhin neue Fahrzeuge eintreffen, blieben die Bestände auf dem Gelände nahezu unberührt. Laut dem Mitarbeiter liegt das Problem auch bei den Autoherstellern selbst, deren Ausstellungsflächen ebenfalls komplett ausgelastet sind.
Bosch muss 5.500 Jobs abbauen
23.11.2024: Die Flaute auf dem Neuwagenmarkt schlägt nun deutlich zu den Zulieferern durch. Für die kommenden Jahre sieht etwa Bosch großen "Anpassungsbedarf". Der Stuttgarter Konzern spricht bereits von 5.500 Arbeitsplätzen, die in den Automotive-Bereichen Software, Elektronik und Lenkkomponenten wegfallen könnten. Und damit in Bereichen, die hauptsächlich in Deutschland angesiedelt sind. Hier sollen demnach auch etwa 4.000 der betroffenen Jobs wegfallen. Besonders die Sparte "Cross-Domain Computing Solutions" – also die Abteilung für Assistenzsysteme und automatisiertes Fahren – dürfte darunter leiden.
Der Betriebsrat spricht beim angekündigten Stellenabbau von den Standorten Leonberg, Abstatt, Renningen und Schwieberdingen (alle in Baden-Württemberg) sowie Hildesheim in Niedersachsen. Allerdings gelte immer noch das 2023 gegebene Versprechen, betriebsbedingte Kündigungen bis 2027 auszusetzen. Der Jobabbau fließt nun in die Planung der kommenden Jahre ein und wird noch mit Arbeitnehmer-Vertretern verhandelt. Er soll so sozialverträglich wie möglich vollzogen werden. Bosch beschäftigt weltweit etwa 430.000 Mitarbeiter. In Deutschland gibt es rund 134.000 Bosch-Angestellte.
Mercedes erhöht den Druck für Milliarden-Einsparungen
22.11.2024: Für Mercedes war 2024 kein gutes Jahr. Der Absatz schwächelt, der Markt in China schrumpft drastisch und die Gewinne brachen in der zweiten Jahreshälfte ein. Bereits vor einigen Wochen erklärte der Finanzvorstand um Harald Wilhelm, man werde jeden Stein im Unternehmen umdrehen, um Kosten zu senken und effizienter zu werden. Jetzt scheint die Chefetage rund um CEO Ola Källenius den Druck auf die eigenen Führungskräfte nochmals zu erhöhen. Das berichtet die Stuttgarter Zeitung. Die noch im Jahr 2020 anvisierten 20 Prozent Einsparung würden nicht mehr reichen. Konkrete Maßnahmen wären wohl noch nicht genannt worden – ob es mit dem nächsten Spar-Schritt auch Angestellte trifft, bleibt offen.
Bosch verkürzt Arbeitszeit bei hunderten Angestellten
21.11.2024: Als wirkungsvolle Sparmaßnahme hat sich der Technologie-Zulieferer Bosch die Kürzung der Arbeitszeit auserkoren. An mehreren deutschen Standorten sollen die Angestellten – die meisten in Gerlingen und Stuttgart – ab 1. März 2025 nur noch 35 Wochenstunden arbeiten. Bisher stehen in den Arbeitsverträgen 38 bis 40 Stunden Arbeitszeit die Woche. Entsprechend werden die Gehälter gekürzt. Seit Oktober arbeiten die 2.300 Kollegen der Tochtergesellschaft Bosch Engineering bereits nach diesem Prinzip.
Der Bosch-CEO, Stefan Hartung, betont, dass die Kürzung der Arbeitszeit ein faires Mittel zur Kostensenkung sei. Allerdings wurde bereits im Sommer bekannt, dass Bosch weltweit etwa 7.000 Jobs in der Auto-Zuliefererbranche streichen will. Das träfe vor allem deutsche Standorte.
Ford will 4.000 Stellen in Europa abbauen
20.11.2024: Die Ford hat angekündigt, im Rahmen einer umfassenden Restrukturierung rund 4.000 Stellen in Europa abzubauen. Ziel der Maßnahmen ist es, die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens zu steigern und die wirtschaftliche Tragfähigkeit in einem sich schnell verändernden Marktumfeld zu sichern. Nach Angaben der Bild-Zeitung finden der Stellenabbau in erster Linie in Deutschland und Großbritannien statt. Im Ford-Werk in Köln sollen rund 2.900 Arbeitsplätze, 800 weitere Jobs in Großbritanniens sowie 300 in anderen EU-Staaten wegfallen. Der geplante Stellenabbau soll bis Ende 2027 umgesetzt werden. Parallel dazu wird das Produktionsprogramm für neue Elektrofahrzeuge wie den Explorer und Capri angepasst. Dies führt im ersten Quartal 2025 zu zusätzlichen Kurzarbeitstagen im Kölner Werk.
John Lawler, stellvertretender Vorsitzender und Finanzvorstand der Ford Motor Company, betonte in einem Schreiben an die Bundesregierung die Notwendigkeit einer verbesserten politischen Agenda. "Öffentliche Investitionen in die Ladeinfrastruktur, klare Anreize für Verbraucher und größere Flexibilität bei CO₂-Zielen sind entscheidend für die erfolgreiche Transformation der Branche", so Lawler.
Kurzarbeit bei Ford in Köln
13.11.2024: Der Autobauer Ford führt ab der kommenden Woche Kurzarbeit ein. Im Kölner Werk, wo derzeit die beiden neuen Elektromodelle Explorer und Capri gebaut werden, soll die Arbeit insgesamt drei Wochen ruhen. Bis zu den Weihnachtsferien soll im Wechsel jeweils eine Woche produziert und eine Woche ausgesetzt werden, berichtet der Kölner Stadtanzeiger. "Wir können bestätigen, dass Ford bei der Bundesagentur für Arbeit aufgrund der sich rasant verschlechternden Marktbedingungen für Elektrofahrzeuge Kurzarbeit beantragen wird", erklärte eine Unternehmenssprecherin der Zeitung. Auch im ersten Quartal 2025 soll es noch Tage ohne Produktion geben.
Conti spart weiter und senkt Umsatzprognose
12.11.2024: Im dritten Quartal des Jahres macht der deutsche Autozulieferer Continental vier Prozent weniger Umsatz als noch im gleichen Zeitraum 2023. Durch rigorose Sparmaßnahmen konnten die Hannoveraner allerdings den Gewinn leicht steigern. Für den Jahresabschluss prognostiziert Conti in seiner Automotive-Sparte allerdings erneut ein dickes Minus von 124 Millionen Euro. Schuld daran ist vor allem der schwächelnde Automarkt in Europa und den USA.
Conti-Finanzchef Olaf Schick betont: "Wir haben das dritte Quartal mit einem guten Ergebnis abgeschlossen. Vor dem Hintergrund der schwachen Automobilproduktion basiert unser verbessertes Ergebnis bei Automotive vor allem auf den von uns ergriffenen Maßnahmen zur Kostenreduzierung sowie Preisanpassungen." Der Vorstandsvorsitzende von Continental, Nikolai Setzer, ergänzt: "Im herausfordernden Jahresendspurt streben wir an, beim Automotive-Ergebnis weitere Fortschritte zu erzielen."
VW mit Milliarden-Geschenken an Investoren
11.11.2024: Es ist keine Besonderheit, dass Aktien-Besitzer von erfolgreichen Unternehmen jährlich eine Dividende als Gewinnbeteiligung ausgezahlt bekommen. Dass aber ausgerechnet der tief im Krisenschlamm steckende VW-Konzern Milliarden an seine Investoren ausschüttet, verwundert in diesen Zeiten. Gemeint sind die 4,5 Milliarden Euro Dividende vom Sommer 2024 – die sich auf den erfolgreichen Jahresabschluss 2023 bezogen. In jenem Jahr machte der VW-Konzern nämlich einen Nettogewinn von 17,9 Milliarden Euro.
Allerdings zeichnete sich 2024 längst die schwierige Konjunktur ab. Zudem sind die strukturellen Probleme wie die zu teure Produktion bei zu großer Belegschaft im Konzern seit Langem bekannt. Und so wird die Milliarden-Dividende zurecht zum Aufreger. Während Angestellte in den VW-Werken um ihre Jobs bangen, verteilt der Konzern Geldgeschenke an reiche Investoren. Natürlich profitierten auch Privatanleger von der Auszahlung. Dennoch ging der Geldregen vor allem über den großen Investoren-Familien Piëch oder Porsche sowie dem Land Niedersachsen oder der Qatar Holding LLC nieder. Mittlerweile vermelden Volkswagen und Audi extreme Gewinneinbrüche für das laufende Jahr 2024.
Lotus setzt Entlassungswelle fort
11.11.2024: Der britische Sportwagenbauer Lotus musste bereits im Juli 2023 und im Januar 2024 etliche Stellen wegen der schwierigen Marktsituation und mangelnder Nachfrage streichen. Im Herbst 2024 kündigt die Automarke aus Norfolk an, dass weitere 200 Arbeitsplätze wegfallen. Im Vergleich zu den großen Autobauern wirken diese Zahlen verhältnismäßig klein. Doch im Verhältnis handelt es sich hierbei um einen großen Teil der Beschäftigten. Anfang des Jahres 2023 arbeiteten bei Lotus UK noch knapp 1.700 Menschen.
Lotus-CEO Qingfeng Feng darf seine Position vorerst behalten. Hingegen musste der Executive Director des Performance-Programms von Lotus, Simon Lane, das Unternehmen Anfang November 2024 verlassen. Aus Lanes Team kommt auch der Supersportwagen Evija. An dessen Realisierung möchte Lotus wohl weiterhin festhalten.
Audi plant womöglich Jobabbau
07.11.2024: Audi plant in den kommenden Jahren einen möglichen Abbau von bis zu 4.500 Stellen in Deutschland, wobei die Entwicklungsabteilung mit über 2.000 Jobs besonders betroffen wäre. Laut Manager Magazin könnten rund 15 Prozent der Stellen im indirekten Bereich wegfallen, um das Unternehmen wettbewerbsfähiger zu machen. Eine Audi-Sprecherin bestätigte gegenüber der Bild-Zeitung die Zahlen jedoch nicht und betonte, dass die Gespräche mit dem Betriebsrat vertraulich und auf Augenhöhe geführt werden.
Trotz der schwierigen Marktlage besteht die Beschäftigungsgarantie laut "Audi.Zukunft" bis 2029, aber bei weiter verschlechterten Bedingungen wären neue Verhandlungen denkbar. Finanzvorstand Rittersberger erklärte, dass derzeit ein Fokus auf Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit liege, während externe Einstellungen nur noch selektiv erfolgen. Audi hebt hervor, dass ein Stellenabbau noch nicht endgültig beschlossen ist und eine finale Entscheidung in Absprache mit dem Betriebsrat getroffen wird.
Nissan will 9.000 Stellen streichen
07.11.2024: Der japanische Autohersteller Nissan kündigte einen umfassenden Arbeitsplatzabbau von 9.000 Stellen und eine Reduktion der globalen Produktionskapazität um 20 Prozent an, um auf anhaltende Herausforderungen, insbesondere im chinesischen Markt, zu reagieren. Diese Schritte sind Teil einer Strategie zur Effizienzsteigerung in einem schwierigen Marktumfeld. Zudem senkte Nissan seine Prognose für den Betriebsgewinn des laufenden Geschäftsjahres von ursprünglich 500 Milliarden Yen auf nur noch 150 Milliarden Yen, was einem Rückgang von 70 Prozent entspricht. Auch die aktuellen Quartalszahlen fielen enttäuschend aus, mit einem operativen Gewinnrückgang von 85 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Schaeffler AG baut Stellen ab
05.11.2024: Der Zulieferer aus dem fränkischen Herzogenaurach baut in Europa brutto rund 4.700 Stellen ab, etwa 2.800 davon in Deutschland. Dies entspricht ungefähr 3,1 Prozent der gesamten Mitarbeiterzahl, die sich nach dem Zusammenschluss mit der Vitesco Technologies Group AG im Oktober um rund 35.000 auf rund 120.000 Beschäftigte erhöht hatte. Von den Abbaumaßnahmen sind in Deutschland zehn Schaeffler-Standorte betroffen. In Europa kommen fünf weitere hinzu, von denen zwei komplett geschlossen werden sollen. Dank dieser Umstrukturierung will Schaeffler ab 2029 pro Jahr 290 Millionen Euro an Kosten sparen. Sie betrifft in erster Linie die Sparten "Bearings & Industrial Solutions", "Powertrain & Chassis" sowie "E-Mobility". Gleichzeitig führen Synergien aus dem Vitesco-Zusammenschluss zu einem Personalabbau.
In der Fotogalerie zeigen wir Ihnen die Autowerke, die deutsche Hersteller in den USA betreiben. © auto motor und sport
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